Hamilton oder Verstappen
Formel 1 am Sonntag in Abu Dhabi vor ultimativem Showdown
(dpa) - Vor dem Showdown in der Dämmerung von Abu Dhabi droht der Formel-1-Rennleiter schon mit Strafen. Die Furcht vor einem Crash bei der Entscheidung des bitterbösen WM-Duells zwischen Max Verstappen und Lewis Hamilton steigt weiter. Droht das unrühmliche Ende einer mitreißenden Saison, eine Entscheidung in der Nacht am Grünen Tisch und damit ein Titel mit Makel? „Das ist Stoff für Legenden“, heißt es über die Internetkanäle der Rennserie.
Mehr Spannung geht nicht. Mehr Spannungen gehen auch nicht. Beim ersten Wiedersehen nach der jüngsten Eskalationsstufe in Dschidda herrschte Eiszeit zwischen Hamilton und Verstappen, kühler als die Klimaanlage, schrieb die „Daily Mail“.
Bei den Trainingsfahrten am Freitag kamen sich die beiden Konkurrenten zumindest nicht in die Quere. Verstappen war im ersten Freien Training am Schnellsten. Die zweite, bedeutendere Session unter Rennbedingungen dominierte jedoch Hamilton. 0,641 Sekunden trennten den Weltmeister im Mercedes von Verstappen im Red Bull. Aber Vorsicht! „Das war okay“, sagte Hamilton spürbar zufrieden. Er geht aber davon aus, dass es letztlich „supereng“wird. Auf einer Runde fehle etwas die Pace, haderte Verstappen. Auf der Distanz gesehen seien sie aber gut dabei.
Ob die Zeiten und Platzierungen die tatsächlichen Kräfteverhältnisse auf dem Kurs in den Vereinigten Arabischen
Emiraten widerspiegeln, ist offen. Hamilton wollte sie nicht überbewerten, Verstappen verfiel alles andere als in Panik. Bleibt es aber so, bleibt Verstappen trotz der besseren Ausgangsposition im WM-Klassement gegenüber dem punktgleichen Hamilton nur die Abteilung Vollattacke im Rennen. Wenn Hamilton vor ihm und in den Punkten ins Ziel kommt, ist der 36 Jahre alte Brite der alleinige Rekordweltmeister der Motorsport-Königsklasse. Verstappen, der so nah dran war, wäre gescheitert und auch nach sieben Jahren in der Formel 1 weiter titellos.
Nur 1974 reisten zwei Fahrer schon mal punktgleich zum letzten Rennen. 369,5 Zähler haben Verstappen und Hamilton, das macht die Rechnung ebenso einfach wie brisant: Scheiden
Viele einsame Rennen ist Mick Schumacher in seiner ersten Formel-1-Saison gefahren. Seinen Teamkollegen Nikita Masepin hatte er in aller Regel im Griff, die anderen 18 Fahrer saßen in stärkeren Autos. Damit soll bald Schluss sein. „Ich hoffe, dass wir uns nächstes Jahr mit den anderen batteln“, sagte Schumacher vor dem Finale in Abu Dhabi.
Der 22-Jährige steht nach 21 Rennen bei null Punkten. Erwartungsgemäß, muss man sagen. 43 Zähler hat Sebastian Vettel auf der Habenseite, ein zweiter Platz in Baku sticht heraus. Der Zufriedenere der beiden beide zum Beispiel aus, ist Verstappen dank mehr Saisonsiegen (9:8) der neue Weltmeister. „Eine Sache ist sicher: Hamilton hat mehr Angst vor Verstappen als umgekehrt“, befand der „Telegraaf“aus Verstappens Heimat Niederlande.
„Max kann Lewis nicht einfach von der Strecke rammen“, sagte Rennleiter Michael Masi aber bereits der britischen „Daily Mail“. Was passiert, wenn doch, machte er in seinen Anmerkungen sogar vor dem Fahrerbriefing deutlich. Strafen, auch Punktabzug.
Wer hat sich am besten unter Kontrolle? Verstappen steht vor dem ersten Titelgewinn seiner Karriere, die ihn mit 17 Jahren schnurstracks in die Formel 1 führte. Gepriesen wurde er als Jahrhunderttalent, eingebremst deutschen Fahrer am Jahresende ist aber Schumacher. „Im Großen und Ganzen lief es gut“, sagte dieser: „Ich bin recht zufrieden. Ich bin nicht mit großen Erwartungen reingegangen.“Schumacher sollte und durfte lernen. Das aktuelle Auto wurde nicht weiterentwickelt, alle Ressourcen wurden gebündelt, um 2022 unter grundlegend verändertem Reglement die Lücke zum Mittelfeld zu schließen. Im Qualifying gelang dies Schumacher bereits 2021 immer häufiger, was auch Haas-Teamchef Günther Steiner „überrascht“hat. „Er hat das Maximum rausgeholt“, lobte Steiner. aber auch durch sein bisweilen ungezügeltes Temperament. Bis heute.
Lewis Hamilton steht vor dem hollywoodreifen Finale einer Saison mit Kollisionen, Beleidigungen und Vorwürfen vor dem historischen nächsten Titel, mit dem er an Michael Schumacher vorbeiziehen würde.
„Was immer notwendig“ist, will Verstappen nach eigener Aussage unternehmen, um sich zu krönen. Die Sache mit den Unfall sei ein Ding der Medien, findet er allerdings. Der Kompromisslos-Pilot fühlt sich als Opfer und Benachteiligter durch die Rennkommissare, die Leute würden nicht wollen, dass er gewinne. Was andere dürften, würde bei ihm bestraft. „Realitätsverlust“, kommentierte Ex-Pilot und Sky-Experte Ralf Schumacher.
Ob auch Aston Martin das Maximum aus der Saison herausgeholt hat, darf bezweifelt werden. Vettel hätte sich seine Rolle nach dem Wechsel zum englischen Team mit Sicherheit anders vorgestellt. „Das Team ist großartig. Aber wir alle haben auf bessere Ergebnisse gehofft“, sagte der viermalige Weltmeister mit Red Bull (2010 bis 2013) vor dem Schlussakt: „Wir sind von den Regeländerungen zu Beginn der Saison zurückgeworfen worden.“In 14 der bisherigen 21 Saisonrennen blieb Vettel ohne Punkte. Das passt nicht zu seinem Anspruchsdenken. (SID)