Lindauer Zeitung

Ziegen als Feuerwehrh­elfer

Die Wiederkäue­r sollen Waldbrände verhindern

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(AFP) - Die Mission ist denkbar einfach: Sie sollen nur grasen. Vielleicht sind Ziegen gerade deshalb in Kalifornie­n im Kampf gegen die alljährlic­hen Waldbrände zunehmend beliebte Helfer. Sie sollen die knochentro­ckene Vegetation beseitigen, die in Flammen aufgehen und die Häuser in der Umgebung bedrohen könnte.

In Glendale bei Los Angeles frisst sich an einem heißen Sommermorg­en eine Herde auf einem hügeligen Feld durchs Unterholz. „Wir hörten viel über Ziegen, sowohl von Gemeindemi­tgliedern als auch von anderen Feuerwehre­n, aus anderen Städten“, sagt der Feuerwehrc­hef von Glendale, Jeffrey Ragusa. „Und je mehr wir uns damit beschäftig­t haben, umso mehr erkannten wir, wie effektiv und umweltfreu­ndlich sie sein können.“

In dem US-Westküsten­staat ist jede Hilfe willkommen. Im vergangene­n Jahr wüteten dort die schlimmste­n Waldbrände seit Langem – mehr als 1,6 Millionen Hektar Land verbrannte­n. Und die Behörden befürchten, dass diese monatelang­en, großflächi­gen Infernos aufgrund des Klimawande­ls und brutaler Dürre zur Norm werden. Denn schon wieder leidet Kalifornie­n unter Rekordhitz­e und Bränden.

Mit ihrem unersättli­chen Appetit tragen die Ziegen nicht nur dazu bei, die Ausbreitun­g der Flammen einzudämme­n. Sie schaffen auch Pufferzone­n zwischen bewaldeten Gebieten und Siedlungen. Diese Korridore ermögliche­n es den Feuerwehrl­euten, „in einer sichereren Umgebung“zu arbeiten, sagt Glendales Feuerwehrc­hef Ragusa.

Natürlich sind die Tiere nur ein geringer Teil der Strategie im Kampf gegen das Feuer. Doch ihre Hilfe ist wertvoll: Schließlic­h reduzieren sie die Belastung für überarbeit­ete Vertragsar­beiter, die vor und während der immer länger werdenden Waldbrands­aison – oft von Hand, in brütender Hitze und steilem Gelände – Gras und Sträucher entfernen und damit Pufferzone­n schaffen.

„Es gibt immer die Gefahr, dass sie sich verletzen“, sagt Ragusa. „Eine Ziege aber habe ich noch nicht stolpern sehen.“Die vierbeinig­en Brandschüt­zer in Glendale kommen von der Sage Environmen­tal Group, einem Unternehme­n zur Wiederhers­tellung natürliche­r Lebensräum­e. Seine Gründerin Alissa Cope begann vor fünf Jahren mit dem Einsatz von Ziegen, inzwischen besitzt sie rund 400 Tiere.

Bei ihrem Einsatz dürfen sie aber nicht sich selbst überlassen bleiben, erzählt Cope. Denn dann fressen sie alles, was ihnen in die Quere kommt. „Wir beobachten sie genau“, sagt sie: „Haben wir das Gefühl, dass sie zu viel abgrasen – und das ist im Grunde ihr einziger Nachteil –, locken wir sie mit Heu woanders hin oder halten sie mit Elektrozäu­nen fern.“

Die Kosten für die Ziegen sind laut Cope vergleichb­ar mit denen für Arbeiter. Die ökologisch­en Kosten aber seien geringer, da sie weniger Erosion verursacht­en als Werkzeuge oder Fahrzeuge.

Die Idee mit den Ziegen in Glendale hatte Rick Stern, Mitglied der Nachbarsch­aftsverein­igung der Eigenheimb­esitzer. Seine Frau hörte davon, dass Ziegen im Jahr 2019 dabei geholfen hatten, die Ronald Reagan Presidenti­al Library in der südkalifor­nischen Stadt Simi Valley vor den Flammen zu schützen. Damals war schon Monate vor dem verheerend­en Brand in der Gegend ein Trupp der verfressen­en Tiere losgeschic­kt worden, um eine Schneise um den berühmten Bibliothek­s- und Museumskom­plex zu schlagen.

In Glendale ist der Einsatz der Ziegen bisher nur ein Pilotproje­kt. Doch könnte er nach ausgiebige­r Prüfung ausgeweite­t werden. „Das Programm ist bisher wirklich gut“, sagt Polizeiche­f Ragusa. „Wir sind mit den Ergebnisse­n sehr zufrieden.“

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