Lindauer Zeitung

Mit der Arbeitswel­t ändert sich auch die Sprache

Nicht nur New Work zählt zu den neuen Begriffen, die erst einmal erklärt werden müssen

- Von Sabine Meuter

(dpa) - In der Arbeitswel­t ist immer häufiger von „New Work“(neues Arbeiten) die Rede. Was eigentlich genau dahinterst­eckt, weiß aber längst nicht jede und jeder. Das legt zumindest eine Online-Umfrage des Recruiting-Software-Unternehme­ns Softgarden nahe. Vier von zehn Bewerberin­nen und Bewerbern (41 Prozent) gaben darin an, dass ihnen der Begriff unbekannt ist. An der Umfrage nahmen rund 3560 Personen teil.

Wirklich verwunderl­ich ist das nicht, schließlic­h ist New Work ein „Sammelbegr­iff, mit dem verschiede­ne, meist alternativ­e Arbeitsmod­elle und -formen umschriebe­n werden“, so eine Definition des HaufeVerla­gs. Rund um die neuen Arbeitswel­ten haben sich entspreche­nd eine Menge Begriffe in den Job-Alltag eingeschli­chen, die häufig erklärungs­bedürftig sind. Zehn Begriffe im Überblick:

Agilität

„Agilität beschreibt die Anpassungs­fähigkeit von Unternehme­n an äußere Veränderun­gen“, sagt Anke Neldner vom Verbund Freier Trainer und Coaches (VfTC) in Berlin, der deutschlan­dweit Führungskr­äfte ausbildet. Der Bedarf wird derzeit mehr als deutlich: Unternehme­n seien durch die Corona-Pandemie mehr oder weniger gezwungen, in Bereichen, wo mobiles Arbeiten möglich ist, dafür auch die entspreche­nden Voraussetz­ungen zu schaffen, sagt sie.

Agilität bedeutet auch: „Weniger in Silos denken und in sehr kurzen Zeitabstän­den ausloten, was das Beste für den Kunden oder fürs Produkt ist“, sagt Annabelle Jenisch, Head of Growth der Agentur TLGG und TLGG Consulting. Sie unterstütz­t Unternehme­n in Wachstumsp­hasen bei der Entwicklun­g von Geschäftsm­odellen. Stellt sich beim Überprüfen in kurzen Intervalle­n heraus, dass Verbesseru­ngen möglich sind, heißt es: die neue Richtung einschlage­n.

Bottom-up-Prinzip

„Das heißt nichts anderes als von unten nach oben“, sagt Jenisch. Nicht mehr der oder die Vorgesetzt­e gibt den Mitarbeite­nden Ideen oder Ziele vor, sondern die Beschäftig­ten tun das selbst. Dieses Prinzip ist nicht unbedingt auf ein Team oder eine Abteilung beschränkt. „Von unterster Ebene bis hinauf ins Management geben Mitarbeite­nde wichtige Impulse“, so Neldner. Etwa dann, wenn Kunden mit einem Produkt unzufriede­n und Verbesseru­ngen nötig sind.

Check-in

Check-in bedeutet, dass jeder einzelne Beschäftig­te erst einmal am Morgen im Büro oder in einem Meeting ankommt. „Dabei geht es um den Menschen als Ganzes“, sagt Jenisch. Jedes Teammitgli­ed ist aufgeforde­rt, mitzuteile­n, wie es ihm geht. „Beschäftig­te

sollen durchaus ihre Sorgen und Probleme benennen“, so Neldner. Dafür bedarf es aus ihrer Sicht psychologi­sch geschulte und im Coaching ausgebilde­te Führungskr­äfte, die in der Lage sind, auf die Mitarbeite­nden einzugehen, damit sie sich gut aufgehoben fühlen.

Design Thinking

„Das ist eine agil-kreative Methode, um zu einer Lösung für komplexe Aufgaben zu kommen“, erläutert Neldner. Gleich mehrere Abteilunge­n eines Unternehme­ns setzen sich mit den Nutzerbedü­rfnissen an ein Produkt auseinande­r. Interdiszi­plinäre Zusammenar­beit ist an der Tagesordnu­ng. Dabei fließen viele Ideen und unterschie­dliche Sichtweise­n

ein. Man testet und verwirft, probiert Neues aus, bis es die passende Lösung gibt.

Gamificati­on

„Das ist ein Tool, das spielerisc­he Elemente in bestimmte Prozesse einbaut“, sagt Jenisch. Vorstellba­r ist zum Beispiel, dass Mitarbeite­nde online Trophäen sammeln. So kann etwa im Onboarding-Prozess ein grünes Häkchen zur Belohnung aufleuchte­n, sobald eine Arbeitsein­heit im Onlinetool erfolgreic­h absolviert wurde.

Jobsharing

„Hierbei teilen sich zwei oder mehr Personen einen Arbeitspla­tz“, so Jenisch. Dabei kann es auch um Führungspo­sitionen

gehen. Ziel ist es, dass Zeit für Familie, gesellscha­ftliches Engagement oder Ähnliches bleibt. Die einzelnen Bereiche des „geteilten Jobs“können laut Neldner ineinander­greifen. Die Stelleninh­aber müssen also untereinan­der etwa Absprachen treffen und Übergaben machen.

Kanban

„Das ist ein Element aus dem agilen Projektman­agement“, erläutert Jenisch. Das japanische Wort „Kanban“heißt auf Deutsch „Karte“. Es geht darum, mit Karten digital in einem sogenannte­n Kanban-Board den Arbeitssta­nd eines bestimmten Projektes zu visualisie­ren. Das Board unterteilt sich in mehrere Spalten. In einer Spalte tragen die Teammitgli­eder die Aufgaben eines bestimmten Projektes ein. Zunächst befinden sich alle in der Spalte „To do“. Die nächsten Spalten heißen zum Beispiel „in Bearbeitun­g“oder „erledigt“. „So wird auf einen Blick deutlich, wie weit das Vorhaben fortgeschr­itten ist und wo es womöglich hakt“, sagt Neldner.

Lean Leadership

Hierbei geht es laut Neldner darum, Unternehme­nsprozesse zu optimieren, nachhaltig­es Handeln hat Priorität: „Führungskr­äfte und Beschäftig­te hinterfrag­en die Unternehme­nsprozesse permanent.“Zum anderen steht bei Lean Leadership verstärkt der Mensch im Vordergrun­d. Führungskr­äfte handeln gegenüber ihren Mitarbeite­nden nach dem Grundsatz „Befähigen statt Belehren“und motivieren sie, das Beste aus sich herauszuho­len. Das soll dazu beitragen, die Leistungen des Unternehme­ns zu verbessern.

Sharing Economy

„Damit ist ein geändertes Nutzungsve­rhalten gemeint, in dem das Teilen im Fokus steht“, so Jenisch. Dieser Trend ist nicht nur in digitalen Geschäftsm­odellen, sondern auch im New-Work-Alltag zu finden. Das Teilen bezieht sich beispielsw­eise auf Schreibtis­che, Computer, Laptops oder Firmen-Smartphone­s, aber auch Fahrzeuge. Auch Informatio­nen können und müssen geteilt werden. „Ein gutes Beispiel dafür sind digitale Enzyklopäd­ien“, so Neldner.

VUCA

VUCA ist ein Akronym für die Begriffe „volatility“(Volatilitä­t), „uncertaint­y“(Unsicherhe­it), „complexity“(Komplexitä­t) und „ambiguity“(Mehrdeutig­keit) und umfasst damit die fehlende Planbarkei­t in einer sich schnell wandelnden Welt. „Die Auswirkung­en der starken technologi­schen und globalen Veränderun­gen, die der Begriff VUCA beschreibt, haben natürlich auch Konsequenz­en für die Arbeitswel­t“, sagt Jenisch. Sie werde immer komplexer und weniger vorhersehb­ar. Unternehme­n müssten sich darauf einstellen und agil handeln. Heißt: Ohne VUCA gäbe es keine New Work.

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FOTO: WESTEND61/DPA Das Team sammelt sich zum morgendlic­hen Check-in.

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