Millionenschäden durch Klau auf dem Bau
Regelmäßig sind Baustellen Tatorte von schweren Diebstählen. Die Polizei warnt davor, Material und Werkzeuge liegen zu lassen
- Von Werkzeugkästen über Kupferkabel bis hin zu Gerüsten und Fahrzeugen: Diebe klauen auf Baustellen im Allgäu so ziemlich alles, was nicht niet- und nagelfest ist. In den vergangenen fünf Jahren haben sie einen Schaden in Millionenhöhe angerichtet. Allein heuer wurden von Januar bis Ende Oktober 110 Diebstähle auf Baustellen beim Polizeipräsidium Schwaben Süd/West angezeigt. Schon jetzt sind es mehr als im gesamten Vorjahr (103).
„Die Täter sind so unverfroren, dass sie teils schon am helllichten Tag mit schwerem Gerät vorfuhren und sich bedienten“, sagt Pressesprecher Holger Stabik, der aktuell zu besonderer Vorsicht mahnt. Hintergrund: Durch die globalen Lieferengpässe sind die Preise für Baumaterialien in den vergangenen Monaten kräftig gestiegen. Dämmstoffe oder Metalle wie Kupfer sind mittlerweile bundesweit zu begehrtem Diebesgut geworden. Die Polizei rät Häuslebauern und Handwerksunternehmen, abschließbare Container für Werkzeug und Material zu verwenden. Auch Überwachungskameras, die im Fall von verdächtigen Bewegungen eine Warnung aufs Handy schicken, könnten speziell nachts vor bösen Überraschungen schützen.
Ein besonders dreister Fall von „Klau auf dem Bau“ereignete sich vor wenigen Wochen in Holzgünz (Unterallgäu) nahe der A 96. Dort stahlen unbekannte Täter einen neuwertigen Teleskoplader. Die fahrbare Baumaschine in weiß-roter Farbe war mit einem Gewicht von fünf Tonnen und einer Länge von vier Metern alles andere als unauffällig. Dennoch gelang es den Tätern, sie abzutransportieren. Laut Polizei vermutlich mit einem Lastwagen.
Auch in angrenzenden Regionen kam es zuletzt immer wieder zu spektakulären Fällen. So wurde im Oktober auf einer Baustelle im nordschwäbischen Weißenhorn ein bereits abgebautes Baugerüst gestohlen, das sich an einer Lagerhalle in frei zugänglichem Gelände befand. Schaden: 17 000 Euro. Nicht weniger kurios war ein Fall, der vergangenen Herbst in Innsbruck für Schlagzeilen sorgte: Dort entwendeten Diebe 42 Säcke Mörtel.
„Gelegenheit macht Diebe – das gilt auf Baustellen offenbar besonders“, sagt Polizeisprecher Stabik. Die Täter ausfindig zu machen, sei meist schwierig. Die Aufklärungsquote liege bei 20 Prozent. Meist fehle es an Zeugen oder Spuren.
Dass es mitunter spektakuläre Fahndungserfolge gibt, zeigt ein Fall aus Memmingen. Nach einem Baustellen-Diebstahl
Anfang Juni 2020, bei dem Werkzeug im Wert von mehreren zigtausenden Euro entwendet wurde, zahlte sich die Arbeit der Ermittler aus. Die Polizei konnte am Tatort gefundene DNA-Spuren durch den Abgleich in einer internationalen Datenbank einem 33-jährigen Mann aus Rumänien zuordnen, der einschlägig vorbestraft ist und derzeit in Frankreich in Untersuchungshaft sitzt. Die Beute ist allerdings noch nicht aufgetaucht. Vermutlich wurde sie auf dem Schwarzmarkt verkauft.
Betreiber von Großbaustellen setzen mittlerweile häufig auf private Sicherheitsdienste. „Wir bekommen immer wieder Anfragen“, sagt beispielsweise Niko Tarlan vom Kemptener Security-Unternehmen „Senta Trust“. Auch die Allgäuer Firma „Kemi-Sicherheit“bietet Baustellenüberwachungen sowie Wartungs-und Kontrollfahrten an Autobahnbaustellen in Südbayern und Baden-Württemberg an. Dass kaum etwas vor Dieben sicher ist, erleben die geschäftsführenden Gesellschafter Michael und Kerstin Dodwell immer wieder. So würden beispielsweise „permanent“die Akkus von Vorwarnleuchten an Autobahnen geklaut. Für eine Beute von ein paar Hundert Euro nähmen es die Diebe in Kauf, dass Autofahrer in mitunter lebensgefährliche Situationen kommen.