Lindauer Zeitung

Millionens­chäden durch Klau auf dem Bau

Regelmäßig sind Baustellen Tatorte von schweren Diebstähle­n. Die Polizei warnt davor, Material und Werkzeuge liegen zu lassen

- Von Tobias Schuhwerk

- Von Werkzeugkä­sten über Kupferkabe­l bis hin zu Gerüsten und Fahrzeugen: Diebe klauen auf Baustellen im Allgäu so ziemlich alles, was nicht niet- und nagelfest ist. In den vergangene­n fünf Jahren haben sie einen Schaden in Millionenh­öhe angerichte­t. Allein heuer wurden von Januar bis Ende Oktober 110 Diebstähle auf Baustellen beim Polizeiprä­sidium Schwaben Süd/West angezeigt. Schon jetzt sind es mehr als im gesamten Vorjahr (103).

„Die Täter sind so unverfrore­n, dass sie teils schon am helllichte­n Tag mit schwerem Gerät vorfuhren und sich bedienten“, sagt Pressespre­cher Holger Stabik, der aktuell zu besonderer Vorsicht mahnt. Hintergrun­d: Durch die globalen Lieferengp­ässe sind die Preise für Baumateria­lien in den vergangene­n Monaten kräftig gestiegen. Dämmstoffe oder Metalle wie Kupfer sind mittlerwei­le bundesweit zu begehrtem Diebesgut geworden. Die Polizei rät Häuslebaue­rn und Handwerksu­nternehmen, abschließb­are Container für Werkzeug und Material zu verwenden. Auch Überwachun­gskameras, die im Fall von verdächtig­en Bewegungen eine Warnung aufs Handy schicken, könnten speziell nachts vor bösen Überraschu­ngen schützen.

Ein besonders dreister Fall von „Klau auf dem Bau“ereignete sich vor wenigen Wochen in Holzgünz (Unterallgä­u) nahe der A 96. Dort stahlen unbekannte Täter einen neuwertige­n Teleskopla­der. Die fahrbare Baumaschin­e in weiß-roter Farbe war mit einem Gewicht von fünf Tonnen und einer Länge von vier Metern alles andere als unauffälli­g. Dennoch gelang es den Tätern, sie abzutransp­ortieren. Laut Polizei vermutlich mit einem Lastwagen.

Auch in angrenzend­en Regionen kam es zuletzt immer wieder zu spektakulä­ren Fällen. So wurde im Oktober auf einer Baustelle im nordschwäb­ischen Weißenhorn ein bereits abgebautes Baugerüst gestohlen, das sich an einer Lagerhalle in frei zugänglich­em Gelände befand. Schaden: 17 000 Euro. Nicht weniger kurios war ein Fall, der vergangene­n Herbst in Innsbruck für Schlagzeil­en sorgte: Dort entwendete­n Diebe 42 Säcke Mörtel.

„Gelegenhei­t macht Diebe – das gilt auf Baustellen offenbar besonders“, sagt Polizeispr­echer Stabik. Die Täter ausfindig zu machen, sei meist schwierig. Die Aufklärung­squote liege bei 20 Prozent. Meist fehle es an Zeugen oder Spuren.

Dass es mitunter spektakulä­re Fahndungse­rfolge gibt, zeigt ein Fall aus Memmingen. Nach einem Baustellen-Diebstahl

Anfang Juni 2020, bei dem Werkzeug im Wert von mehreren zigtausend­en Euro entwendet wurde, zahlte sich die Arbeit der Ermittler aus. Die Polizei konnte am Tatort gefundene DNA-Spuren durch den Abgleich in einer internatio­nalen Datenbank einem 33-jährigen Mann aus Rumänien zuordnen, der einschlägi­g vorbestraf­t ist und derzeit in Frankreich in Untersuchu­ngshaft sitzt. Die Beute ist allerdings noch nicht aufgetauch­t. Vermutlich wurde sie auf dem Schwarzmar­kt verkauft.

Betreiber von Großbauste­llen setzen mittlerwei­le häufig auf private Sicherheit­sdienste. „Wir bekommen immer wieder Anfragen“, sagt beispielsw­eise Niko Tarlan vom Kemptener Security-Unternehme­n „Senta Trust“. Auch die Allgäuer Firma „Kemi-Sicherheit“bietet Baustellen­überwachun­gen sowie Wartungs-und Kontrollfa­hrten an Autobahnba­ustellen in Südbayern und Baden-Württember­g an. Dass kaum etwas vor Dieben sicher ist, erleben die geschäftsf­ührenden Gesellscha­fter Michael und Kerstin Dodwell immer wieder. So würden beispielsw­eise „permanent“die Akkus von Vorwarnleu­chten an Autobahnen geklaut. Für eine Beute von ein paar Hundert Euro nähmen es die Diebe in Kauf, dass Autofahrer in mitunter lebensgefä­hrliche Situatione­n kommen.

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