Kein Trost für die Sparer
Der Druck auf die Europäische Zentralbank (EZB) wird wachsen. Während die Notenbank Fed in den USA schon Zinserhöhungen anpeilt, gab die Europäische Zentralbank am Donnerstag bekannt, den zentralen Leitzins vorläufig bei null Prozent zu lassen. Andererseits steigen die Lebenshaltungskosten der Privathaushalte deutlich an. Viele Bürgerinnen und Bürger verstehen diesen Widerspruch nicht. Die EZB steckt in einem unbequemen Spannungsfeld, ihre Politik dürfte sie Sympathien kosten.
Dennoch ist die Position der Zentralbank plausibel. So begründet Isabel Schnabel, deutsches Mitglied im EZB-Direktorium, die Inflation werde 2022 vermutlich wieder zurückgehen. Dafür spricht unter anderem, dass die Corona-Probleme im internationalen Handel allmählich abklingen. Auch muss die Notenbank die Situation in den 19 Staaten des Euroraums im Blick haben und kann sich nicht nur an den Interessen eines Landes orientieren. Wahr bleibt: Deutschland profitiert vom Euro und der Existenz der EZB – Inflation und Nullzinsen hin oder her.
Trotzdem klingen solche Argumente abstrakt für diejenigen Privathaushalte, die auf Sparkonten Geld zurücklegen oder ihre Mittel etwa in Lebensversicherungen investieren. Ihre Rücklagen verlieren an Wert – mit dem Ergebnis, dass diese Bürgerinnen und Bürger später, wenn sie nicht mehr arbeiten können, weniger zur Verfügung haben als erhofft.
Einen konkreten Trost gibt es angesichts dieser individuell bitteren Erkenntnis nicht. Politische Abhilfe ist ebenfalls nicht in Sicht. Außer vielleicht diese: Die Umlage für Ökostrom in den Strompreisrechnungen wird bald abgeschafft. Dieser Beschluss der neuen Koalition wird Privathaushalte um teils einige Hundert Euro jährlich entlasten – ein Gegenmittel gegen den allgemeinen Preisanstieg. Auf dieser Strecke könnte die Bundesregierung auch noch mehr tun. Haushalten mit niedrigen Einkommen, die die Inflation besonders trifft, würden deutlich höhere HartzIV-Sätze helfen. Oder ein Zuschuss des Staates zum Einkommen wie in Frankreich.