Lindauer Zeitung

BGH stärkt Dieselkläg­er

Haftung von Audi aber weiter ungeklärt

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(dpa) - Der Bundesgeri­chtshof (BGH) stärkt die Position von Dieselkläg­ern, die ihr Auto per Ratenkauf finanziert haben. Ihnen kann auch dann Schadeners­atz zustehen, wenn sie von einem Rückgabere­cht im Darlehensv­ertrag keinen Gebrauch gemacht haben, urteilten die Karlsruher Richterinn­en und Richter am Donnerstag in einem Audi-Fall. Die zentrale Frage, ob der VW-Tochterkon­zern für Abgasmanip­ulationen an eigenen Motoren grundsätzl­ich haftet, blieb allerdings vorerst unbeantwor­tet.

Die Entscheidu­ng zum sogenannte­n verbriefte­n Rückgabere­cht ist auf andere vom Dieselskan­dal betroffene Automarken übertragba­r. Es hält Kunden die Möglichkei­t offen, das Auto mit Fälligkeit der Schlussrat­e zu einem festen Preis an den Händler zurückzuve­rkaufen.

Der Mann in dem Fall hatte seinen Audi A6 Anfang 2017 gekauft und sich für eine Finanzieru­ng über die Audi Bank entschiede­n. Ende 2018 beanstande­te das Kraftfahrt­bundesamt (KBA) den Motor – ein Modell vom Typ EA897 – wegen einer unzulässig­en Abschaltei­nrichtung und ordnete den Rückruf an. Der Kläger fordert Schadeners­atz. Sein Rückgabere­cht nutzte er nicht, inzwischen sind alle Raten gezahlt.

Das Oberlandes­gericht (OLG) Celle hatte dies in zweiter Instanz für widersprüc­hlich gehalten. Der Mann hätte das Auto schließlic­h nicht behalten müssen, er habe sich freiwillig dafür entschiede­n.

Die obersten Zivilricht­erinnen und -richter des BGH urteilen jetzt anders: Der Schaden entstehe beim Abschluss des Vertrags und entfalle nicht durch ein Rückgabere­cht. Der Senatsvors­itzende Rüdiger Pamp sagte, es könne für den Käufer wirtschaft­lich sinnvoller sein, auf Schadeners­atz zu setzen. Nur weil jemand vom Rückgabere­cht keinen Gebrauch mache, sei das noch keine Bestätigun­g des Kaufvertra­gs.

Ob der Kläger tatsächlic­h Geld bekommt, ist allerdings völlig offen. Sein Fall muss in Celle neu verhandelt werden, denn die OLG-Richter hatten sich wegen ihrer Einschätzu­ng zum Rückgabere­cht gar nicht mehr mit einer möglichen Haftung von Audi auseinande­rgesetzt. Vor dem BGH konnte diese Frage deshalb auch keine Rolle spielen.

Die Karlsruher Richter hatten eigentlich parallel einen zweiten, ganz ähnlichen Fall verhandeln wollen, den der Käufer für sich entschiede­n hatte. Das OLG Koblenz hatte im Rückgabere­cht kein Problem gesehen – und war der Ansicht, dass Audi wegen sittenwidr­iger vorsätzlic­her Schädigung für den entstanden­en Schaden haftet.

Vermutlich hätte sich der BGH also auch zu diesem Punkt geäußert. Audi und VW hatten ihre Revision am Mittwoch allerdings ganz kurzfristi­g zurückgezo­gen. Begründung: Man habe sich entschiede­n, die BGH-Verhandlun­g „auf ein Verfahren zu konzentrie­ren“.

Damit ist das Koblenzer Urteil rechtskräf­tig. Rechtsanwa­lt Claus Goldenstei­n, dessen Kanzlei im Abgasskand­al auf Verbrauche­rseite sehr aktiv ist, teilte mit: „Audi zahlt einem einzigen Kläger Schadenser­satz, um ein Grundsatzu­rteil und eine daraus resultiere­nde Klagewelle zu verhindern.“

Viele Ansprüche drohten zum Jahreswech­sel zu verjähren, weil die Autos bereits 2018 zurückgeru­fen worden seien.

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