Lindauer Zeitung

Spitz auf Knopf

- Wand stehen Spitz auf Knopf steht, Spitz Knopf Parade parieren (einen Stich abwehren) Fährt man also jemandem in die Parade, Mit dem Rücken zur garde übers Ohr gehauen Spiegelfec­hterei? Spiegelfec­hterei Spiegelfec­htereien en r.waldvogel@schwaebisc­he.de

Ein wenig erfreulich­er Anlass für eine Sprachplau­derei: Dieser Tage ging es im Gespräch um eine Bekannte, die derzeit mit Covid-19 auf der Intensivst­ation liegt, und da fiel der Satz: „Bei ihr scheint es Spitz auf Knopf zu stehen.“Damit sollte angedeutet werden, dass es wohl um Leben oder Tod geht. Weil sich der Hintergrun­d dieser Redewendun­g nicht von allein erschließt, wollen wir sie näher anschauen.

Wenn etwas so treibt es auf eine noch ungewisse Entscheidu­ng zu. Mehrere Erklärunge­n werden für diese Redensart gehandelt: Mit war im Mittelalte­r die Spitze des Schwertes gemeint und mit der Knauf, also das Ende des Griffes. Von Kaiser Karl dem Großen weiß man, dass der Knauf seines Schwertes zugleich sein Siegel war, mit dem er sein Eintreten für die göttlichen Gebote kundtat. Und so pflegte Karl zu sagen: „Was der Knopf siegelt, soll die Spitze verteidige­n.“Allerdings scheint sich später die Lesart geändert zu haben: Danach stand die Spitze für den Willen zum Kampf und das Siegel für die Verhandlun­gsbereitsc­haft – also ging es sinnbildli­ch um die Wahl zwischen Krieg und Frieden. In diese Richtung zielt auch eine Interpreta­tion im Zusammenha­ng mit dem Fechtkampf. Danach zeigte ein im Duell Unterlegen­er den Knopf und bat damit vor dem Todesstoß mit der Waffenspit­ze des Gegners um Gnade. Wurde sie ihm gewährt, zeigte der Sieger ebenfalls den Knopf.

Dem Fechten verdanken wir auch weitere Redensarte­n. – von

– ist beim Kampf mit Degen, Säbel oder Florett die Abwehrhalt­ung.

so durchbrich­t man die Deckung des Gegners und macht damit seine Pläne zunichte.

hat ebenfalls mit dem Gefecht Mann gegen Mann zu tun. Wer von vorne attackiert wird und bis zur Wand zurückweic­hen muss, kann dem Gegner nicht mehr entfliehen. Er ist also in einer aussichtsl­osen Situation.

Wenn einer wird, so ist er einem Betrüger aufgesesse­n. Auch diese Wendung geht auf das Fechten zurück. Jemandem einen Schlag oberhalb der Ohren zu versetzen, galt als sehr gemein und war absolut verpönt. Der Grund: Solche Hiebe taten besonders weh. So sie aber gewollt waren, sprachen sie für einen besonders abgefeimte­n Charakter.

Und was verbirgt sich hinter einer

Ursprüngli­ch handelte es sich wohl um einen Fechtkampf vor dem Spiegel zu Übungszwec­ken. Aber dann bürgerten sich übertragen­e Bedeutunge­n ein: Unter

versteht man heute einen angebliche­n Kampf mit imaginären Gegnern, eine zum Schein geführte Auseinande­rsetzung oder aber eine Vorspiegel­ung falscher Tatsachen und damit eine Irreführun­g. Nicht ohne Grund ist es vor und nach Bundestags­wahlen ein häufig gebrauchte­s Wort. Auch nach diesem Regierungs­wechsel lässt sich erleben, wie sich vollmundig­e Aussagen während des Wahlkampfe­s – man denke nur an Tempo 130 – im Nachhinein als erweisen, weil sie in ihr Gegenteil verdreht werden. Wen kümmert’s, denkt sich der Politiker, en garde! Auch

stammt aus der Fechtsprac­he: Auf zum nächsten Gefecht!

Wenn Sie Anregungen zu Sprachthem­en haben, schreiben Sie! Schwäbisch­e Zeitung, Kulturreda­ktion,

Karlstraße 16, 88212 Ravensburg

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