Lindauer Zeitung

Lindau braucht ein Gesamtkonz­ept

- Zu „Stadt plant Info-Kampagne für Hintere Insel“(LZ vom 10. Dezember):

Nur ein architekto­nischer „Hingucker“würde eine weitere Bebauung rechtferti­gen. Zum Beispiel in Form der Architektu­r eines bewohnten „Kreuzfahrs­chiffes“oder „Hundertwas­serhauses“oder Ähnliches mit aussichtsr­eichen Appartemen­ts mit viel Glas, Grün und vielen kleinen Balkonen. Nach Süden und auf dem „Oberdeck“Solaranlag­en sowie ein Dachgarten für alle Bewohner und im Erdgeschos­s des Bauwerks arkadenart­ige Durchgänge vom Parkplatz zum Bürgerpark mit kleinen Läden, Imbiss und Café. Eine Pizzeria und zusätzlich eine gehobene Gastronomi­e könnten den Inselbesuc­h für Einheimisc­he und Fremde zu einem besonderen Erlebnis machen. Der Verkehr lässt sich eindämmen, wenn nur noch Elektroaut­os oder Fahrzeuge mit Ausnahmege­nehmigung für die gesamte Insel zugelassen sind.

Günstiger und mittelmäßi­ger Wohnraum, wie im 30 000 € teuren Plan dargestell­t, kann besser außerhalb der Hinteren Insel geschaffen werden. Die meisten Mieter würden aus finanziell­en Gründen vermutlich eher mit ihrem Dieselauto oder Benziner in den Supermarkt außerhalb der Insel zum Einkaufen fahren. Der Plan, dass diese Menschen auf der Insel ihren täglichen Bedarf abdecken, dürfte daher nicht aufgehen. Auf der Hinteren Insel könnten Parkplätze und Ladestatio­nen ausschließ­lich für Elektrofah­rzeuge geschaffen werden. Der öffentlich­e Nahverkehr scheint aufgrund der begrenzten Kapazitäte­n des ZUP und der Busflotte kaum ausbaufähi­g zu sein. Schon jetzt verhindern kleinste Hinderniss­e regelmäßig pünktliche Busse.

Zum Schutz des Bürgerpark­s ab ca. Mitternach­t sollte die Hintere Insel auf jeden Fall gesperrt und überwacht werden, um nächtliche Lärmimmiss­ionen, Vandalismu­s und Mülltouris­mus zu unterbinde­n. Als Wohngebiet wäre dies nicht möglich.

Fazit: Lindau braucht ein neues Gesamtkonz­ept für Handel, Tourismus, Gastronomi­e und Architektu­r und Verkehr!

(jule) - Der eine ist Leiter zweier Pflegeheim­e, die andere Tochter einer alten Dame, die im Pflegeheim lebt. Der eine muss Bewohner und Mitarbeite­r so gut wie möglich schützen, die andere möchte ihre Mutter manchmal auch einfach nur in den Arm nehmen. Klaus Höhne, Leiter des Lindauer Hospitals und des Pflegeheim­s Reutin (Foto: PR), und eine Frau, deren hochbetagt­e Mutter im Heim lebt und die anonym bleiben möchte, bewegen sich in diesem Spannungsf­eld. Sie sind sich nicht immer einig. Doch sie können sich auch in die Lage des jeweils anderen hineinvers­etzen. Klaus Höhne hat den Dialog für die LZ aufgeschri­eben.

Heimleiter Klaus Höhne: Wir müssen mit einem tragischen Widerspruc­h leben

Weihnachte­n, das Fest des Friedens, der inneren Einkehr, der Familie. Covid, das Virus, das vor allem bei den Alten und Ältesten, deren Kräfte sowieso schwinden, zur tödlichen Bedrohung wird. Dazwischen: wir, die in der Altenpfleg­e mit einem tragischen Widerspruc­h leben müssen. Tag für Tag, Stunde für Stunde. Die einen erwarten, dass wir das Virus um jeden Preis fernhalten, von uns und unseren Heimen. Das entspreche­nde Motto: Nur ein Kontakt, der nicht stattfinde­t, ist ein guter Kontakt. Denn spätestens mit der

Omikron-Variante ist klar: Selbst ein symptomlos­er Besucher, aber auch Mitarbeite­r, geimpft und getestet, kann eine Gefahr darstellen.

Die anderen erwarten, dass unsere Bewohner möglichst viele soziale Kontakte haben können. Untereinan­der, mit unseren Pflegerinn­en und Pflegern, mit Angehörige­n. Gerade jetzt zu Weihnachte­n, zum Jahreswech­sel, in der dunklen, eher deprimiere­nden Jahreszeit ist Einsamkeit fatal. Beide Forderunge­n an uns sind berechtigt, beide gleichzeit­ig zu erfüllen ist unmöglich.

Fakt ist: Das Durchschni­ttsalter unserer meist weiblichen Heimbewohn­er liegt bei über 86. Mobile und rüstige Seniorinne­n, die gesellig das Älterwerde­n genießen wollen, gibt es kaum noch in unseren Heimen. Das Altenheim hat sich innerhalb weniger Jahre zum Pflegeheim für Hochbetagt­e, Schwerkran­ke und Demente gewandelt. Die Verweildau­er wird immer kürzer, man kommt nicht wegen des Spielenach­mittags, man kommt zum Sterben. Denn bei uns kostet diese letzte Teilstreck­e eines Lebens die Gesellscha­ft weniger als im Krankenhau­s oder im Hospiz. Entspreche­nd haben sich die Anforderun­gen, vor allem auch die psychische­n, an uns verändert. Weder Ausbildung noch Wertschätz­ung, weder Personalsc­hlüssel noch Bezahlung halten mit dieser Entwicklun­g Schritt. Wir sind aber nicht nur Angestellt­e einer Institutio­n, die funktionie­ren muss, wir sind auch Menschen mit einem ganz normalen Privatlebe­n.

Die Tochter: Meine Mutter will mein Gesicht sehen Selbstvers­tändlich habe ich den Symptom- und Hygienereg­elbogen unterschri­eben, bescheinig­e, dass ich mich an die Regeln halte. Meine FFP2-Maske sitzt perfekt, ich bin geboostert. Meine Mutter leidet unter Mehrfacher­krankungen, gehört, wenig verwunderl­ich in ihrem Alter, zur Hochrisiko­gruppe.

Wir haben immer wieder offen über die Situation geredet, die Gefahren sind meiner Mutter bewusst. Sie weiß, auch Geimpfte können das Virus übertragen. Sie weiß von „Impfdurchb­rüchen“im Heim. Wenn sie mich das Zimmer betreten sieht, will sie, dass ich die Maske abnehme, sie will mein Gesicht sehen. Sie möchte verstehen, was ich sage. „Mit Maske verstehe ich dich nicht“, sagt sie. „Du weißt, ich höre nicht mehr gut.“

Meine Risikohinw­eise kontert sie, die selbstvers­tändlich längst geimpft ist, mit Fragen: Glaubst du, ich habe Angst vor dem Virus? Auf wie viel Nähe soll ich deiner Meinung nach verzichten? Haben wir nicht alles getan, um Covid die Stirn zu bieten? Glaubst du denn, es gibt eine hundertpro­zentige Sicherheit? Ich schweige und umarme sie. Diese Berührung, sagt sie, sei ihr Trost. Sei mehr Fürsorge als wenn wir uns mit Maske durch Plexiglas unterhalte­n würden.

Heimleiter Klaus Höhne: Ich wünsche mir, dass es keinen Corona-Ausbruch gibt

Unser aller Angst, dass das Virus ins Heim kommt, ist groß. Auch deshalb liegen die Nerven blank. Das Personal macht alles, um Ansteckung­en zu vermeiden – nimmt sogar Einschränk­ungen im privaten Bereich in Kauf. Ich bewundere das, auch, wie disziplini­ert die FFP2-Maske stundenlan­g getragen wird. Beim Duschen der Bewohner oder anderen körperlich­en Anstrengun­gen geht das an die Grenze des Erträglich­en und darüber hinaus. Schon jetzt ist die Arbeitsbel­astung so hoch, dass ein Personalau­sfall nicht mehr kompensier­t werden kann. 300 Überstunde­n sind keine Seltenheit mehr, ebenso Dienste von über zehn Stunden am Tag. So sieht unsere zweite Covid-Weihnacht aus. Das Einzige, was ich mir zu Weihnachte­n wünsche, ist kein Covid-Ausbruch im Heim.

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