Weihnachtlicher Schatz erstrahlt wieder
Die Barockkrippe im Kloster Kellenried ist fertig restauriert
- Die Kellenrieder Barockkrippe ist die wohl bedeutendste Krippe in Oberschwaben. Fünf Jahre wurden die Figuren in mühsamer Handarbeit restauriert. Jetzt sind sie erstmals nach Abschluss aller Restaurierungsarbeiten wieder in alter und neuer Pracht im Kloster Kellenried zu sehen. Die Krippe kann auf eine bewegte Geschichte zurückblicken. Denn die Figuren stammen eigentlich gar nicht aus Oberschwaben, sondern sind – flapsig ausgedrückt – ein Sammelsurium religiöser Kunstgeschichte von überraschendem Wert.
Erstmals hat die Krippe auch einen festen Platz im Kloster. Die Benediktinerinnen haben sich dazu entschlossen, im Eingangsbereich, der zum Klosterladen führt, einen alten Besprechungsraum freizuräumen und diesen komplett der Krippe zu widmen. Der gesamte Raum wurde gestaltet, dazu gibt es eine aufwendige Lichtinstallation.
„Zu den ältesten der Figuren gehören die vier Läuferengel, die eine Besonderheit der barocken Krippendarstellungen sind. Sie sind der Barockoper nachgebildet“, erklärt Schwester Charis. Die Anklänge aus der Barockoper lassen sich an Panzer und Rüstung der Figuren erkennen. Auch das „In-Szene-setzen“von Geschichten – in diesem Falle Jesu Geburt – sei ein typisches Element aus der Barockzeit.
Das Besondere an der Kellenrieder Krippe sind die Figuren. Sie haben Wachsköpfe, die auf Holzgestellen angebracht sind. Ihre Kleidung ist handgemacht, in manche Kleider sind Goldfäden eingewoben. Manche Figuren haben Glasaugen, bei manchen sind die Augen aufgemalt.
Der Kenner kann aber schnell sehen, was einem Laien nicht auffällt: Die etwa 90 bis 120 Zentimeter großen Figuren sind aus unterschiedlichen Epochen. Sie stammen ursprünglich aus Österreich, wo das Kloster Kellenried seine Wurzeln hat, und waren Teil von unterschiedlichen Krippen. Das hat auch einen Grund, wie Schwester Charis erklärt.
„Im Zuge der Aufklärung unter Kaiser Joseph II. von Österreich wurden sämtliche Krippen aus den Kirchen verbannt. Viele Menschen haben aber einzelne Figuren gerettet“, berichtet die Schwester. So seien viele Figuren auf Dachböden versteckt worden. Im 19. Jahrhundert haben schließlich die Mönche von St. Peter in Salzburg die Krippenfiguren wieder gesammelt, damit sie wieder ausgestellt werden können.
Und aus genau jenem Fundus der Salzburger Mönche bekamen die Schwestern aus Gurk in Kärnten eine Krippe zusammengestellt. Als der Konvent aus Gurk schließlich in das 1924 neu gegründete Kloster Kellenried übersiedelte, wurden die Figuren mit nach Oberschwaben genommen, wo sie seither immer zu Weihnachten auf- und ausgestellt werden.
Allerdings sind nicht alle Figuren für die Öffentlichkeit sichtbar. Eine zweite Krippe steht exklusiv für die Schwestern in der für Besucherinnen und Besucher verschlossenen Klausur.
Die genaue Herkunft der Krippenfiguren – sowohl zeitlich als auch geografisch – lässt sich nur vermuten, weil es keine Zertifikate gibt. Vieles können Experten jedoch an Stil und Kleidern ablesen, da die Figuren allesamt noch die Originalkleidung tragen.
So gilt als sicher, dass die älteste Figur bis ins 17. Jahrhundert zurückdatiert. Die jüngeren Figuren, dazu zählen die Könige, sind aus dem 18. Jahrhundert. Dazu gibt es mündliche Überlieferungen.
„Eine Frau unter den Figuren sieht aus wie die Darstellung aus einer neapolitanischen Krippe. Wir wissen auch, dass die Mönche damals in ihrer Sammeltätigkeit sehr weit ausgebreitet waren“, berichtet Schwester Charis. So könnte die besagte Figur aus Oberitalien stammen. Gewissheit darüber gibt es aber nicht.
Allerdings fehlte etwas ganz Zentrales in einer Krippe: die Jungfrau Maria. Und so wurde ihr Kopf in der Kellenrieder Wachswerkstatt neu modelliert. In seinem Krippenbuch schreibt Graf Adelmann: Die Kellenrieder Krippenfiguren gehören zu „den eindrucksvollsten, die im Schwäbischen anzutreffen sind“.
Bei dieser Geschichte ist es nicht verwunderlich, dass die Krippe 1994 als bewegliches Kulturgut mit dem Kloster im Denkmalbuch eingetragen wurde und seither unter Denkmalschutz steht.
Von 2016 bis 2021 wurden die Figuren für 75 000 Euro restauriert. Dafür gab es Geld unter anderem vom Landes- und Kreisdenkmalamt. Sonst wäre die Restaurierung für die Schwestern finanziell „nicht zu stemmen gewesen“, sagt Schwester Charis.
Jetzt strahlen die Wachsköpfe der Figuren wieder, die Kleider sind sauber. Denn an den Jahrhunderte alten Figuren ließen sich die Spuren der Zeit ablesen. Gänzlich verschwunden sind diese Spuren aber nicht. Das sollten sie auch nicht, wie die Restauratorinnen im vergangenen Jahr erklärten, weil diese Spuren auch ein Zeugnis der Geschichte sind.
Bevor die Köpfe wieder Farbe bekamen, mussten sie fein säuberlich mit einem Pinsel aus feinen Eichhörnchenoder Ziegenhaaren von Staub und Schmutz befreit werden. Auch die Kleider der Figuren wurden behutsam vom Schmutz befreit. Also ist jetzt alles wieder beim Alten – nur eben schöner und prachtvoller. „Nur der Heilige Josef hat einen neuen Mantel bekommen“, sagt Schwester Charis und fügt hinzu: „Und eines ist ganz neu: Er darf jetzt erstmals seinen Hut auf dem Kopf tragen.“Bisher hing er nämlich auf dem Rücken.