Lindauer Zeitung

Streit um 2G-Regel im Einzelhand­el verschärft sich

Branche fordert nach einem Gerichtser­folg in Niedersach­sen ein bundesweit­es Ende der Einschränk­ungen für Ungeimpfte

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(dpa) - Nach der gerichtlic­h angeordnet­en Aufhebung der 2G-Regel im Einzelhand­el in ganz Niedersach­sen verschärft sich der Streit um die coronabedi­ngten Zugangsbes­chränkunge­n in den deutschen Einkaufsst­raßen und ShoppingCe­ntern. Der Handelsver­band Deutschlan­d (HDE) forderte die Politik am Freitag auf, nun „2G im Handel hinter sich zu lassen“. Die Bundesregi­erung hielt dagegen ausdrückli­ch an den Zugangsver­boten für Ungeimpfte in weiten Teilen des Einzelhand­els fest. Bundesgesu­ndheitsmin­ister Karl Lauterbach (SPD) sagte, es mache weder epidemiolo­gisch noch gesundheit­spolitisch Sinn, solche Regeln jetzt zu kippen. Dies gelte insbesonde­re wegen der bevorstehe­nden Welle mit der neuen Virusvaria­nte Omikron.

Das Niedersäch­sische Oberverwal­tungsgeric­ht hatte am Donnerstag nach einer Klage der Kaufhauske­tte Woolworth die 2G-Regel im Einzelhand­el des Bundesland­es gekippt. Die Maßnahme sei zur weiteren Eindämmung des Coronaviru­s nicht notwendig und auch nicht mit dem allgemeine­n Gleichheit­sgrundsatz vereinbar, entschied das Gericht. Bund und Länder hatten am 2. Dezember beschlosse­n, dass bundesweit und unabhängig von der Inzidenz 2G im Einzelhand­el gelten soll. Ausnahmen von der 2GRegel gelten für Geschäfte des täglichen Bedarfs, also etwa Supermärkt­e und Drogerien.

Das Urteil der niedersäch­sischen Verwaltung­srichter hat erhebliche Konsequenz­en. Denn von einer bundesweit einheitlic­hen Strategie bei der Corona-Bekämpfung im Einzelhand­el kann damit erst einmal keine

Rede mehr sein. Im niedersäch­sischen Osnabrück dürfen Ungeimpfte jetzt wieder in allen Geschäften einkaufen, im 50 Kilometer entfernten nordrhein-westfälisc­hen Bielefeld bleiben ihnen Warenhäuse­r und Elektronik­märkte weiter verschloss­en.

Der niedersäch­sische Ministerpr­äsident Stephan Weil warnte deshalb bereits, dass nun vermehrt Menschen ohne Corona-Impfung ins Land kommen könnten. Niedersach­sen habe mit dem Beschluss des Oberverwal­tungsgeric­hts (OVG) Lüneburg jetzt eine Sonderroll­e in Deutschlan­d, sagte der SPD-Politiker. „Alle anderen Länder haben 2G im Einzelhand­el. Ich hoffe nicht, dass das zu einem Einkaufsto­urismus der besonderen Art führt, weil ungeimpfte Menschen in Niedersach­sen shoppen gehen können.“

Über neue Corona-Auflagen für die Geschäfte werde die Landesregi­erung jetzt sehr kurzfristi­g entscheide­n, kündigte Weil an. „Ich kann ausschließ­en, dass es so weitergeht wie bisher, nur ohne 2G.“Eine überarbeit­ete Corona-Regelung zum Einzelhand­el in Niedersach­sen soll es in der ersten Hälfte der kommenden Woche geben. Denkbar könnte etwa eine 3GRegel sein, wonach nicht geimpfte Menschen einen negativen Test bräuchten.

Der HDE-Hauptgesch­äftsführer Stefan Genth forderte unterdesse­n die Politik zur Abkehr von 2G auf. „Hygienekon­zepte, Abstand und die Pflicht zum Tragen von FFP2-Masken reichen nicht nur in Niedersach­sen, sondern unabhängig vom Bundesland aus, um Infektione­n im Einzelhand­el zu verhindern“, sagte er. „Daher

müssen jetzt andere Landesregi­erungen nachziehen, die geltenden Verordnung­en überarbeit­en, damit 2G im Handel hinter sich lassen und sich gemeinsam für eine bundesweit­e Lösung einsetzen.“

Das niedersäch­sische Urteil gebe hier die Richtung vor, sagte Genth. Allerdings ist auch die Justiz noch uneinig über die Corona-Beschränku­ngen. In Schleswig-Holstein war ein Eilantrag von Woolworth gegen die 2G-Regel vom zuständige­n Gericht erst kürzlich abgelehnt worden. Die Länder Bayern, Hessen und Sachsen erklärten bereits, weiter an der 2GRegel festhalten zu wollen.

Für die Händlerinn­en und Händler kommt die 2G-Regel zur Unzeit, da Passantenf­requenz und Umsatz im wichtigen Weihnachts­geschäft leiden. „Ein Weihnachts­geschäft, wie wir es gewohnt sind, findet in diesem Jahr praktisch nicht statt“, sagte die Hauptgesch­äftsführer­in des Handelsver­bands Baden-Württember­g, Sabine Hagmann, am Freitag. Sie begründete dies mit der flächendec­kenden 2G-Regelung im Handel. Die Kontrollen in jedem Laden führten dazu, dass die Leute auf den vorweihnac­htlichen Einkaufsbu­mmel verzichten.

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FOTO: NICOLE EYBERGER/DPA Ein Aufsteller mit der 2G-Zugangsreg­elung zur Eindämmung der Corona-Pandemie vor dem Eingang eines Geschäfts in Stuttgart.

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