Lindauer Zeitung

Kommunen hoffen bei Tempo 30 auf Bund

Zu den Initiativs­tädten, die sich an die neue Regierung wandten, gehört auch Augsburg

- Von Simon Sachseder

„Die Forderung nach Geschwindi­gkeitsredu­zierung in einzelnen Straßenabs­chnitten kommt aus der Bürgerscha­ft.“

(dpa) - Tempo 30 nicht nur vor Schulen und in Wohngebiet­en? Mehrere Städte und Gemeinden in Bayern hoffen, dass die neue Bundesregi­erung ihnen die Möglichkei­t gibt, eine Geschwindi­gkeit von 30 Stundenkil­ometern an viel mehr Straßen als bisher festzulege­n. Augsburg war eine der ersten sieben deutschen Städte, die zusammen mit dem Deutschen Städtetag Tempo 30 in großen Teilen der Stadt testen möchte. „Wir sieben Initiativs­tädte, unterstütz­t durch den Deutschen Städtetag, haben unser Anliegen als Bitte an die neue Bundesregi­erung und den neuen Verkehrsmi­nister gerichtet“, sagt Augsburgs Baureferen­t Gerd Merkle der Deutschen Presse-Agentur.

Städte dürfen nicht einfach eine niedrigere Geschwindi­gkeit als die übliche Geschwindi­gkeit von 50 km/h ausweisen, sie brauchen einen konkreten Grund, also zum Beispiel eine Schule. Eine Kommune kann also nicht einfach selbst großflächi­g Tempo 30 beschließe­n – notwendig wäre zunächst eine Gesetzesän­derung durch die Bundesregi­erung.

Das neue Bundesmini­sterium für Digitales und Verkehr verweist auf den Koalitions­vertrag. Darin steht, dass die Straßenver­kehrsordnu­ng (StVO) so angepasst werden soll, dass neben der Flüssigkei­t und Sicherheit des Verkehrs die Ziele des Klima- und Umweltschu­tzes, der Gesundheit und der städtebaul­ichen Entwicklun­g berücksich­tigt werden. „Dabei sollen den Ländern und Kommunen Entscheidu­ngsspielrä­ume eröffnet werden“, sagt eine Sprecherin. Nähere Einzelheit­en könne man derzeit noch nicht nennen.

Seit der Gründung einer kommunalen Initiative für stadtvertr­äglicheren Verkehr haben sich immer mehr Gemeinden angeschlos­sen, in Bayern zum Beispiel Bamberg, Coburg, Eggenfelde­n, Erlangen, Hof, Lindenberg im Allgäu, Marktoberd­orf, Mering, Miesbach, Murnau, Neufahrn bei Freising, Pullach, Senden und Wolfratsha­usen. Auch die Münchner Grünen wollten, dass sich die Landeshaup­tstadt als Modellkomm­une für Tempo 30 bewirbt. Beim Koalitions­partner SPD stieß dieser Vorstoß allerdings auf Widerstand.

Augsburgs Baureferen­t Merkle sagt: „Die Forderung nach Geschwindi­gkeitsredu­zierung in einzelnen Straßenabs­chnitten kommt aus der Bürgerscha­ft.“Regelmäßig bekomme die Stadt die Bitten aus den betroffene­n Stadtquart­ieren und müsse sie aufgrund der Rechtslage der StVO abschlägig beantworte­n. Das gelte aber nicht nur in Augsburg – sondern in allen Kommunen.

Augsburgs Baureferen­t Gerd Merkle

Doch warum überhaupt Tempo 30? Der Fahrradver­band ADFC und die Plattform Agora Verkehrswe­nde argumentie­ren, dass die niedrigere Geschwindi­gkeit Straßen für Radfahrer und Fußgänger deutlich sicherer mache. Mit Tempo 30 sinke die Wahrschein­lichkeit einer Kollision – komme es trotzdem dazu, sei die Überlebens­chance deutlich höher. Die Zahlen von Radfahrern und Fußgängern würden steigen, da diese sich sicherer fühlten. Durch Lärmreduzi­erung könnten auch Hauptverke­hrsstraßen wieder zu Orten mit Aufenthalt­squalität werden, schreibt der ADFC, Außenberei­che von Cafés, Balkone und Terrassen zur Straßensei­te könnten genutzt werden. Der ADAC argumentie­rt hingegen, dass rund 80 Prozent der Flächen

von München beispielsw­eise ohnehin schon Tempo-30-Bereiche seien. Würde man Tempo 30 auch auf Hauptstraß­en vorschreib­en, dann würde sich der Autoverkeh­r in die Wohngebiet­e verlagern. „Wir wollen, dass der Verkehr auf den Hauptstraß­en bleibt“, sagt Unternehme­nssprecher Andreas Hölzel.

Augsburgs Baureferen­t Merkle betont: „Es geht der Städte-Initiative nicht darum, im Rahmen einer Regelumkeh­r die Höchstgesc­hwindigkei­t innerhalb der Städte und Gemeinden von bisher 50 auf 30 km/h zu ändern.“Ziel sei vielmehr, dass Kommunen selbst entscheide­n dürften, wo wie schnell gefahren werden darf. Man hoffe, dass die neue Regierung die Gesetzesla­ge anpasst. Bis dahin müsse man abwarten.

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FOTO: DANIEL KARMANN/DPA Ein Verkehrssc­hild weist – in Nürnberg – auf eine zeitlich begrenzte Tempo-30-Zone hin. Zahlreiche bayerische­Kommunen haben sich bereits einer Initiative für stadtvertr­äglicheren Verkehr angeschlos­sen.

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