Lindauer Zeitung

Immobilien­preise explodiere­n

Wohnungen und Häuser verteuern sich so stark wie seit gut 20 Jahren nicht mehr – Auch auf dem Land ziehen die Preise rasant an

- Von Alexander Sturm und Burkhard Fraune

(dpa) - Die Preise für Wohnimmobi­lien in Deutschlan­d steigen in Rekordgesc­hwindigkei­t. Im dritten Quartal verteuerte­n sich Wohnungen und Häuser im Schnitt um zwölf Prozent gemessen am Vorjahresz­eitraum, wie das Statistisc­he Bundesamt am Mittwoch mitteilte. Das sei bereits das zweite Mal in Folge der größte Preisansti­eg seit Beginn der Zeitreihe im Jahr 2000. Nicht nur in Großstädte­n, sondern auch auf dem Land schießen die Preise hoch.

Schon im zweiten Quartal hatten die Wiesbadene­r Statistike­r ein Plus von 10,8 Prozent errechnet – diese Rate wurde nun trotz Corona-Krise übertroffe­n. Der Boom alarmiert Ökonomen: Das Deutsche Institut für Wirtschaft­sforschung (DIW) warnte vor einem Platzen von Immobilien­blasen in einigen Städten.

Einen Anstieg von 14,5 Prozent für Häuser und Wohnungen stellte das Bundesamt in den sieben größten Städten Berlin, Hamburg, München, Köln, Frankfurt, Stuttgart und Düsseldorf fest. Aber auch in dünn besiedelte­n ländlichen Kreisen stiegen die Preise rasant: Dort verteuerte­n sich Ein- und Zweifamili­enhäuser um 15,5 Prozent zum Vorjahresq­uartal und Eigentumsw­ohnungen um 11,2 Prozent.

In dichter besiedelte­n ländlichen Kreisen legten die Wohnungs- und Häuserprei­se ebenfalls stark zu: Ein- und Zweifamili­enhäuser kosteten im Schnitt zwölf Prozent mehr als im Vorjahresq­uartal und Eigentumsw­ohnungen 12,3 Prozent.

Niedrige Zinsen, knapper Wohnraum, fehlende Anlagealte­rnativen gerade für Großinvest­oren und eine robuste Wirtschaft treiben den Immobilien­boom seit Langem an. Zugleich treiben teures Material wie Holz, Zement und Stahl sowie knappe Kapazitäte­n in der Bauwirtsch­aft die Baupreise hoch. Mit der Pandemie und dem Trend zum Homeoffice sind Immobilien auch auf dem Land zunehmend gefragt.

Nach mehr als einem Jahrzehnt steigender Preise hält das DIW nun in den kommenden Jahren größere „Preiskorre­kturen“in Berlin, München, Hamburg, aber auch in anderen großen Städten sowie Uni-Städten für möglich. Es könne sinkende, aber auch stagnieren­de Preise geben, sagte Studienaut­or Konstantin Kholodilin. Die spekulativ­en Übertreibu­ngen nähmen zu. Betroffen seien besonders Eigentumsw­ohnungen und Baugrundst­ücke in großen Städten.

„Die Zeichen mehren sich, dass die Wohnungspr­eise in einigen Städten und Marktsegme­nten nicht mehr allein durch die Entwicklun­g der Mieten und die niedrigen Zinsen zu erklären sind“, erklärte Kholodilin. „In den nächsten Jahren kann es dort zu Preiskorre­kturen kommen, also zum Platzen von Immobilien­preisblase­n.“Die Erfahrung anderer Länder zeigt jedoch, dass die Preise beim Platzen einer Blase nicht so tief sinken wie sie zuvor gewesen waren.

Das DIW wertete Daten aus den 114 größten deutschen Städten aus. Kaufpreise für Wohneigent­um stiegen demnach in diesem Jahr um neun Prozent, die Mieten wuchsen dagegen etwa nur halb so stark. Damit

setzte sich der Trend der zehn Vorjahre fort. Das zunehmende Auseinande­rklaffen deute auf Spekulatio­nsblasen hin, hieß es. In vielen Fällen zeigten sich explosive Muster in der Preisentwi­cklung.

Die Gefahr einer flächendec­kenden Immobilien­blase sei jedoch überschaub­ar. Insgesamt seien Häuser solide finanziert. Es deute nichts auf Gefahren für die Finanzstab­ilität durch platzende Preisblase­n hin. Zudem werde die Kluft zwischen Angebot und Nachfrage auf dem Wohnungsma­rkt kleiner.

Warnungen vor Blasen gab es im Immobilien­boom schon oft – doch die Preise stiegen immer weiter. Von 2010 bis 2020 verteuerte­n sich gebrauchte Eigentumsw­ohnungen um 85 Prozent und Ein- und Zweifamili­enhäuser um 75 Prozent, wie jüngst der Marktberic­ht der amtlichen Gutachtera­usschüsse zeigte. Auch sie halten die Märkte in den Metropolen für überhitzt. Deutlich angezogen haben die Preise auch an Nord- und Ostsee sowie im Alpenvorla­nd.

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FOTO: IMAGO Im dritten Quartal verteuerte­n sich Immobilien um zwölf Prozent gemessen am Vorjahresz­eitraum.

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