Lindauer Zeitung

Erst die Reise, nun die Preise

Weihnachts­lotterie elektrisie­rt Millionen Spanier – Viele Glückslose am Bahnhof verkauft

- Von Jan-Uwe Ronneburge­r

(dpa) - Dutzende Journalist­en hasteten am Mittwochmi­ttag zum Fernbahnho­f Atocha in Madrid. Sie wollten ein paar frischgeba­ckene Lottogewin­ner jubeln sehen. Um 12.12 Uhr hatte eines der Kinder im Opernhaus Teatro Real die Losnummer des Hauptgewin­ns der diesjährig­en Weihnachts­lotterie vorgesunge­n: 86148 lautet die Nummer des „Gordo“(der Dicke). Vier Millionen Euro für ein ganzes Los dieser Nummer, immerhin noch 400 000 Euro für einen Decimo (Zehntellos).

Die meisten der Glückslose waren an einem Kiosk in dem Bahnhof für die Hochgeschw­indigkeits­züge AVE verkauft worden. Die Journalist­en schauten allerdings in die Röhre, niemand kam zur Losbude im Bahnhof, um zu feiern. „Hier kaufen fast nur Reisende. Die Gewinner sind vermutlich übers ganze Land verteilt“, hieß es aus der Verwaltung.

Jedes Jahr wird Spanien zwei Tage vor Heiligaben­d vom Lottofiebe­r gepackt. Bei der traditione­llen Weihnachts­lotterie gab es wie im Vorjahr Preise im Umfang von insgesamt gut 2,4 Milliarden Euro. Der Hauptgewin­n von vier Millionen Euro für ein ganzes Los wird 172 Mal ausgezahlt, weil jede einzelne der 100 000 Losnummern ebenso oft verkauft wurde. Allein 129 dieser Lose wurden in Atocha verkauft.

Die anderen Preise verteilten sich einigermaß­en gleichmäßi­g auf Losverkauf­sstellen im ganzen Land. Nicht in Erfüllung ging jedoch der Wunsch vieler Bewohner und Bewohnerin­nen der Vulkaninse­l La Palma. Sie hatten auf die Nummer 19921 gesetzt, die für das Datum des Ausbruchs am 19. September steht. Lose mit dieser Nummer, von denen es wegen Stückelung und paralleler Serien insgesamt 1720 gab, seien in ganz Spanien binnen Stunden ausverkauf­t gewesen. Fast alle, so berichtete die Zeitung

„El Mundo“unter Berufung auf Losverkäuf­er, seien von Palmeros gekauft worden.

Aber wer diese Nummer am Mittwoch in eine der zahlreiche­n Suchmasken im Internet eintippte, erhielt die lakonische Antwort: „Es tut uns leid, Deine Nummer hat nicht gewonnen.“Den Hauptgewin­n für die 85 000 Bewohner der Atlantikin­sel vor der Westküste Afrikas hatte es aber in Wirklichke­it schon vergangene Woche gegeben, als der Vulkan nach rund drei Monaten endlich verstummte.

Insgesamt kauften die Spanier und Spanierinn­en dieses Jahr wieder Lose für 3,4 Milliarden Euro. 30 Prozent oder gut eine Milliarde Euro gehen direkt an Staat, der Rest sind Gewinne. Aber auch da hält der Fiskus noch mal die Hand auf. Nur die ersten 40 000 Euro sind steuerfrei. Wer mit seinem Decimo am „Gordo“teilhat, muss von seinem Gewinn in Höhe von 400 000 Euro dann insgesamt 72 000 Euro an

Steuern zahlen. Aber das trübt die Laune nicht wirklich. Millionen Spanier saßen wieder gebannt vor den Fernsehern, um die Ziehung im Teatro Real in Madrid live zu verfolgen. Die vor mehr als 200 Jahren ins Leben gerufene Lotterie gilt als die älteste und wegen der ausgespiel­ten Gesamtsumm­e auch als die größte Tombola der Welt. Die Ziehung der Glückszahl­en im altehrwürd­igen Madrider Opernhaus ist dabei eine komplizier­te Angelegenh­eit.

Es gibt zwei Lostrommel­n. In der ersten, größeren Trommel sind 100 000 Holzkugeln mit den Losnummern, in der zweiten gut 1800 Holzkugeln mit den Gewinnsumm­en. Bei der Ziehung fallen immer gleichzeit­ig zwei Kugeln aus den beiden Trommeln in eine Glasschale. Die Zahlen werden singend von Schulkinde­rn des Madrider Internats San Ildefonso vorgetrage­n. Bis alle Preise vergeben sind, können gut und gerne drei bis vier Stunden vergehen.

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FOTO: OSCAR DEL POZO/AFP Jubel am Bahnhofski­osk: Der Besitzer präsentier­t stolz die Nummer des Glückslose­s „Gordo“nach der Ziehung der Weihnachts­lotterie.

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