Stetig weniger Tote auf den Straßen des Allgäus
Seit 1992 sinkt die Zahl der Verkehrsteilnehmer, die zwischen Oberstdorf und Neu-Ulm ums Leben kommen
(lz) - 21 332: Diese Zahl markiert einen Tiefpunkt des deutschen Straßenverkehrs. Es ist die Anzahl der Menschen, die 1970 getötet wurden. Das Land verlor damit in einem Jahr etwa so viele Bürger, wie heute in der Stadt Sonthofen leben. Tödliche Unfälle gehören auch heute noch zum Alltag, sei es auf Autobahnen oder beliebten Motorradstrecken wie dem Riedbergpass. Die Aufmerksamkeit, die sie erfahren, überstrahlt dabei jedoch meist eine positive Entwicklung: Die Zahl solcher Unfälle sinkt – und zwar nicht nur im Vergleich zu 1970. So wurden 1992 bei Verkehrsunfällen im Bereich des Polizeipräsidiums Schwaben Süd/West, dessen Einzugsbereich von Oberstdorf bis Neu-Ulm reicht, noch 139 Menschen getötet. „Seitdem“, vergleicht Polizeisprecher Dominic Geißler, „können wir, abgesehen von einigen Ausreißern, einen stetigen Rückgang verzeichnen“.
So sank die Zahl bis 2002 auf 107 Getötete. Im Jahr 2012 kamen nach Angaben der Polizei noch 45 Menschen im Präsidiumsbereich im Straßenverkehr ums Leben. 2019 sank der Wert auf 41, 2020 waren es 33 – auch wenn dieses Jahr durch die Auswirkungen der Lockdowns wenig repräsentativ sein dürfte. Trotzdem verzeichnet die Polizei mit Stand Oktober 2021 einen nochmaligen Rückgang um mehr als acht Prozent gegenüber 2020.
Auch deutschlandweit rechnet das Statistische Bundesamt für 2021 mit einem Tiefstwert. Laut einer Schätzung des Amtes, die auf den Daten von Januar bis September basiert, dürfte die Zahl der Verkehrstoten auf 2450 zurückgehen. Dafür sorgen unter anderem die stetig sicherer werdenden Fahrzeuge. Fahrsicherheitssysteme wie ABS und ESP können Unfälle verhindern, Airbags und Sicherheitsgurte schlimme Ausgänge vermeiden. „Dabei war der Sicherheitsgurt
zuerst stark in der Kritik, da er den Fahrern die Freiheit nehme“, erinnert Polizeisprecher Geißler. „Die Gurtpflicht hat aber einen wesentlichen Anteil an der Verkehrssicherheit.“Auch die Notfallmedizin wurde stetig besser, gleiches gilt für die Straßen. Ein wichtiger Punkt sei aber auch die Promillegrenze, sagt Geißler. Zunächst waren 0,8 Promille erlaubt, später wurde dieser Wert auf 0,5 gesenkt. „Seit einigen Jahren gilt für Fahranfänger außerdem die NullPromille-Grenze“, sagt Geißler. Gerade dies habe viel bewirkt – und offenbar geholfen, manch besonders tragischen Unfall zu verhindern. „Bis zu dieser Umstellung gab es relativ viele sogenannte Discounfälle, bei denen Fahrgemeinschaften auf dem Heimweg vom Feiern verunglückt sind.“Durch die jetzige Null-Promille-Grenze wisse die gesamte Gruppe, dass der Fahrer keinen Alkohol trinken darf. „Da ist die Versuchung weg, ein Bier zu trinken, und dann vielleicht doch noch ein zweites oder drittes“, sagt der Polizeisprecher. Das habe, wie auch das begleitete Fahren, bei jungen Autofahrerinnen und Autofahrern viel bewirkt.
Zudem hat die Polizei aufgerüstet. „Heute haben wir Alkomaten, mobile Radarmessgeräte, Drogentests und können Abstände feststellen“, sagt Geißler. Das Arsenal an Messgeräten wirkt offenbar: So spielt Alkohol am Steuer jetzt eine deutlich geringere Rolle. Laut Polizei war dieser 1980 noch bei fast 30 Prozent aller tödlichen Unfälle mit schuld. Bereits 2001 galt vorheriger Alkoholkonsum nur noch bei unter zehn Prozent der tödlichen Unfälle als Ursache.
Der Rückgang der Todesfälle auf den Straßen sei für die Beamten auch menschlich eine Erleichterung, betont Dominic Geißler: „Tödliche Verkehrsunfälle hinterlassen Spuren. Wir sind froh über jeden Unfall, den wir gar nicht erst aufnehmen müssen.“