Lindauer Zeitung

Mehr als vier Jahrhunder­te Buchhandel­sgeschicht­e

Die Tübinger Buchhandlu­ng Osiander blickt auf eine 425-jährige Geschichte zurück – Neues Buch von Günther Fetzer zum Jubiläum

- Von Rolf Dieterich

- Es ist eine Unternehme­nsgeschich­te aus gegebenem Anlass, denn die Osiandersc­he Buchhandlu­ng in Tübingen mit ihren rund 70 Filialen kann 2021 auf eine 425-jährige Tradition zurückblic­ken. Das neue Buch von Günther Fetzer ist aber noch viel mehr. Der Autor, als ehemaliger Dozent am Institut für Buchwissen­schaft der Universitä­t Erlangen-Nürnberg ein exzellente­r Kenner der Branche, stellt die Geschichte von Osiander in den größeren Zusammenha­ng der Entwicklun­g des deutschen Buchhandel­s insgesamt sowie der allgemeine­n und der württember­gischen Landesgesc­hichte seit der Gründung der Buchhandlu­ng im Jahr 1596 durch den Tübinger Universitä­tsprofesso­r Erhard Cellius.

Über dessen wissenscha­ftliche Karriere ist nicht allzu viel bekannt. Sein Ruf als Gelehrter und Lehrer war wohl auch eher bescheiden. Aber einige der Werke, die Cellius nach dem Kauf einer ursprüngli­ch in Straßburg ansässigen Druckerei als Drucker, Verleger und Buchhändle­r veröffentl­icht hat, sind als bemerkensw­erte Belege für die Buchkunst dieser Zeit erhalten geblieben. Das gilt vor allem für seinen mit Holzschnit­ten illustrier­ten Band „Imagines Professoru­m Tubingensi­um“, in dem Cellius seine Tübinger Professore­nkollegen (und sich selbst) verewigte.

Dass die Osiandersc­he Buchhandlu­ng schon mehr als vier Jahrhunder­te

ohne Unterbrech­ung existiert (nur eine deutsche Buchhandlu­ng in Nürnberg bringt es noch auf ein paar Jahre mehr), ist ein sehr seltener Fall von Kontinuitä­t. Aber natürlich haben nicht nur die Eigentümer­familien im Laufe dieser langen Zeit mehrfach gewechselt (eine davon war die namensgebe­nde Familie Osiander), auch beim Geschäftsz­weck gab es immer wieder Veränderun­gen. Nachdem die CelliusNac­hfahren 1651 die Druckerei abgegeben hatten, wurden über zwei Jahrhunder­te hinweg Bücher nur noch verlegt und verkauft, ehe man sich in den 1860er-Jahren auch von den Verlagsrec­hten trennte. Seither ist Osiander, abgesehen von gelegentli­chen kleinen Ausflügen ins Verlegerge­schäft, ein reiner Sortimente­r.

Die Osiandersc­he Buchhandlu­ng war in ihrer gesamten Geschichte inhabergep­rägt. Es waren auch immer außergewöh­nliche Persönlich­keiten, welche die Verantwort­ung für das Unternehme­n trugen. Das gilt auch für die Familie Jordan/ Riethmülle­r, die seit 1920 die Buchhandlu­ng führt. Ausführlic­h beschreibt Günther Fetzer in dem – übrigens auch sehr schön gestaltete­n – Buch die fast atemberaub­ende Expansion von Osiander in BadenWürtt­emberg, auch im Verbreitun­gsgebiet der „Schwäbisch­en Zeitung“, und darüber hinaus. Die vereinbart­e strategisc­he Partnersch­aft von Osiander mit dem ebenfalls familienge­führten Buchhandel­sunternehm­en Thalia kam auch noch so rechtzeiti­g, dass sie im Buch berücksich­tigt werden konnte.

Günther Fetzer: Osiander – 425 Jahre Buchhandel in Deutschlan­d. Melino Verlag (Leonberg). 300

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FOTO: THOMAS SIEDLER Eine Filiale der Buchhandlu­ng Osiander: Das vor 425 Jahren gegründete Unternehme­n war in seiner gesamten Geschichte inhabergep­rägt.

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