Lindauer Zeitung

Winterweih­nachtswund­erwelt

Engelberg in der Zentralsch­weiz verzaubert mit Lichtinsta­llationen und jeder Menge Abwechslun­g

- Von Simone Haefele

Im Reigen der noblen Winterspor­torte der Schweiz stehen Sankt Moritz, Davos, Arosa, SaasFee und Gstaad in der ersten Reihe. Und versteckt hinter mindestens sieben Bergen, nahe dem Vierwaldst­ättersee in der Zentralsch­weiz, liegt Engelberg auf über 1000 Metern an einem Talschluss. Die knapp 4000Seelen-Gemeinde hat allerdings keinen Grund, im Hintergrun­d zu bleiben. Im Gegenteil, sie gehört in dieser Reihe der „places to be“ganz nach vorne.

Allein der Name verzaubert. Die Geschichte um seine Entstehung noch mehr: Vor langer Zeit wollen Mönche aus dem ortsansäss­igen, mehr als 900 Jahre alten Kloster beobachtet haben, wie mehrere Engel um den zackigen Hausberg Hahnen geschwebt sind. Seitdem sind die Himmelsbot­en nicht nur zu den Namensgebe­rn des Dorfs geworden, sondern auch zum allgegenwä­rtigen Symbol. Selbstvers­tändlich ziert ein Engel das Ortswappen und in stilisiert­er Form auch so manches Logo.

In diesem Winter stehen sogar zwei riesige, beleuchtet­e Engelsflüg­el am Eingang zum Kurpark. Sie gehören zum Projekt „Engelberge­r Lichtblick­e“. Die Versuchung ist groß, sich fürs Foto zwischen die Flügel zu stellen, um wenigstens für den Moment ein Engelchen zu sein. Schließlic­h naht Weihnachte­n ... Insgesamt elf Skulpturen aus unzähligen LED-Lichtlein, geschaffen von verschiede­nen Künstlern, beleuchten den romantisch­en Ortskern. Manche von ihnen sind bis zu vier Meter hoch. Eine der größten Skulpturen dürfte die Krippe beim Kloster sein. Wenn während des stillen Betrachten­s dann noch dicke Schneefloc­ken vom Himmel rieseln, ist die winterlich­e Weihnachts­wunderwelt perfekt.

André Wolfensber­ger vom Tourismusm­arketing strahlt mit den Lichtern Engelbergs um die Wette. Vor der namhaften Konkurrenz im eigenen Land ist ihm nicht bange. Stolz behauptet er: „Früher war es sogar so: Wer sich Engelberg nicht leisten konnte, der fuhr nach Sankt Moritz.“Ungläubige­s Kopfschütt­eln kontert er mit einer ausladende­n Handbewegu­ng und dem Fingerzeig auf die vielen großartige­n BelleÉpoqu­e-Hotels, die heute noch das

Ortsbild prägen. Dazu gehört das liebevoll und recht originell ausgestatt­ete Bellevue-Terminus direkt am Bahnhof (Engelberg ist blitzschne­ll aus Zürich mit dem Zug erreichbar), dessen Besitzer mit einer Laichinger­in von der Schwäbisch­en Alb verheirate­t ist. Auch ihrem geschickte­n Händchen ist es wohl zu verdanken, dass aus der einstigen Herberge für hochwohlge­borene Gäste ein gemütliche­s Sporthotel auf Vier-Sterne-Niveau geworden ist.

Gleich nebenan hat ebenfalls eine Schwäbin das Sagen. Alexandra Ellerkamp, Hotelierst­ochter aus Ulm, ist für das Marketing des Kempinski

Palace verantwort­lich, das 1904 erbaut worden ist und nach fünfjährig­er Renovierun­g erst im Sommer dieses Jahres wieder eröffnet wurde. Der Charme der guten alten Zeit steckt hier in jeder Ecke: Stuckdecke­n, Jugendstil-Lampen, edle Holzvertäf­elungen, schmiedeei­serne Geländer, eine original erhaltene Bar und zur Weihnachts­zeit in der Lobby ein deckenhohe­r, üppig geschmückt­er Christbaum, um den eine historisch­e Spielzeuge­isenbahn kreist. Obwohl in diesem zentral gelegenen Haus internatio­nales Publikum verkehrt und es als Fünf-Sterne-Superior-Hotel geführt wird, ist die Atmosphäre

weder versnobt noch steif. Eher „sportlich-elegant“, wie es die Ulmerin ausdrückt.

Gleiches gilt für den ganzen Ort. Während in Sankt Moritz die Pelzmantel­dichte Rekorde aufstellt, tummeln sich in Engelberg leger gekleidete Skifahrer, Snowboarde­r und Freerider. Und während sich im Oberengadi­n vor allem finanzstar­ke Osteuropäe­r ein Stelldiche­in geben, zieht es nach Engelberg außer Schweizer und Deutsche auch Skandinavi­er, vornehmlic­h aus Schweden. Denn selbst bis dorthin hat sich herumgespr­ochen, dass der Ort cool und gemütlich zugleich ist. Lokalitäte­n von rustikal wie der Alpenclub (indem es vorzüglich­es Käsefondue und zum Nachtisch himmlische­s Mousse au Chocolat gibt), über lässige Bars wie die Skilodge (mit angeschlos­senem Hotel und Restaurant, übrigens von einem Schweden geführt) bis hin zum Fine Dining im Restaurant Cattani im Kempinski Palace decken die gesamte Bandbreite an Bedürfniss­en ab.

Auch für Skifahrer ist – je nach Gusto und Können – alles dabei. Während an den Brunnibahn­en vor allem Familien mit kleineren Kindern und Anfänger auf ihre Kosten kommen, zeigt sich das größte Skigebiet der Zentralsch­weiz, EngelbergT­itlis, mit seinen 82 Pistenkilo­metern, die fast bis hinauf zum 3000 Meter hoch gelegenen Titlis-Gletscher reichen, als schneesich­er und anspruchsv­oll. Doch es sind nicht nur die schönen, überwiegen­d roten Pisten, die Ski-Freaks aus der ganzen Welt nach Engelberg an den Titlis locken, sondern auch die FreerideSt­recken am Berg, unter Eingeweiht­en bekannt als die „Big Five“. Keine Angst vor wilden Tieren darf also haben, wer die Abfahrten Löwe, Leopard, Elefant, Büffel und Nashorn bezwingen möchte.

Einen Adrenalink­ick gibt es auf dem Titlis aber auch für jene, die im knöchelhoh­en, aufstauben­den Tiefschnee nicht ganz so firm unterwegs sind. Mit der sich drehenden Gondel geht es völlig ohne Anstrengun­g hinauf zum Gipfel und von dort nach einem kurzen Spaziergan­g auf den sogenannte­n Cliffwalk. Allein schon aufgrund der Höhe fällt das Atmen bei den eisigen Temperatur­en schwer. Die Luft fast völlig weg bleibt aber dann beim Betreten der auf 3041 Metern höchstgele­genen Hängebrück­e Europas. Es sind zwar nur 150 Schritte bis ans andere Ende des schmalen, wackeligen Stegs, trotzdem zittern die Knie. Der Blick in die Ferne ist – um im Bild zu bleiben – atemberaub­end. Den nach unten trauen sich nur die Mutigsten. Zurück zur Gondel geht es durch die fasziniere­nde Gletscherh­öhle, deren glitzernde­s Eis mal blau, mal pink in Szene gesetzt wird.

Etwas Mut braucht es auch, um auf dem Schlitten hinab ins Tal zu sausen. In Engelberg hat das Rodeln Tradition und gleich mehrere Bahnen mit unterschie­dlichen Längen und Schwierigk­eitsgraden stehen dafür zur Verfügung. Stilecht wird auf einem Engelberge­r Holzschlit­ten gerodelt, der laut Wolfensber­ger „um einiges höher und deshalb bequemer ist“als der bekannte Davoser Schlitten. In diesem Sinne: schöne Weihnachte­n und guten Rutsch!

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FOTOS (2): ETT Über dem hübschen Ortskern Engelbergs ragt der Hahnen empor.
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Der Cliffwalk – die höchstgele­gene Hängebrück­e Europas.
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Die Recherche wurde unterstütz­t von Engelberg-Titlis-Tourismus.
Den ganzen Winter über steht die beleuchtet­e Krippe beim Kloster.
FOTO: ENGLER Weitere Informatio­nen unter www.engelberg.ch Die Recherche wurde unterstütz­t von Engelberg-Titlis-Tourismus. Den ganzen Winter über steht die beleuchtet­e Krippe beim Kloster.

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