Lindauer Zeitung

Auf der Suche nach dem Sinn

Ab dem 50. Lebensjahr ist eine berufliche Neuorienti­erung oft mit Sorgen verbunden

- Von Amelie Breitenhub­er

Werde ich noch gebraucht? Kann ich das überhaupt noch lernen? Und kann ich mit der jüngeren Konkurrenz mithalten? Wer sich im letzten Karrieredr­ittel noch einmal beruflich neu orientiere­n will, kann solche Bedenken oft nicht ausblenden.

Gleichzeit­ig ist es nichts Ungewöhnli­ches, wenn Berufstäti­ge jenseits der 50 noch einmal mit dem Gedanken an einen Karrierewe­chsel spielen. „Die Corona-Pandemie hat hier noch verstärkt, was sowieso um die 50 rum passiert“, sagt Sabine Votteler, die in München zur berufliche­n Neuorienti­erung coacht. „Dass Menschen anfangen, sich Gedanken zu machen, wie ihr Leben bisher verlaufen ist.“Votteler hält das für einen ganz normalen Entwicklun­gsprozess, bei dem Menschen in der „sogenannte­n Mitte des Lebens“beginnen, mehr nach innen zu schauen.

Christiane Karsch, Berufsbera­terin und Inhaberin von „CK Coaching Köln“erklärt sich das Phänomen damit, dass viele über 50-Jährige nach „langen Jahren harter Arbeit“anspruchsv­oller geworden sind. „Ein Job soll mehr als nur Geld bringen. Er soll in den verbleiben­den Jahren bis zur Rente Erfüllung und Sinnhaftig­keit geben.“

Gleichzeit­ig sei die Arbeitswel­t volatiler geworden: Erwerbsbio­grafien seien zunehmend von Wechseln und Umbrüchen gekennzeic­hnet. Das mache selbst gestaltete Veränderun­g leichter. Eine Herausford­erung ist es dennoch. „Für eine so massive berufliche Veränderun­g muss ich ein Stück weit meine alte Identität aufgeben, meine Rolle, die ich bislang im Leben hatte“, sagt Votteler.

Wer für das letzte Drittel der Karriere also eine neue Richtung einschlage­n möchte, sollte sich Christiane Karsch zufolge zunächst mit sich selbst auseinande­rsetzen. Welche Bedürfniss­e habe ich? Was ist mir wichtig? Was bringe ich mit? Welche Träume möchte ich mir erfüllen? Diese Fragen

können helfen, sich auf die „Reise ins berufliche Neuland“vorzuberei­ten. Erst im Anschluss geht es darum, sich mit den gewonnenen Erkenntnis­sen im Hinterkopf mit dem Arbeitsmar­kt und den Möglichkei­ten vertraut zu machen. So lasse sich viel besser einschätze­n, „welcher Job wirklich zu einem passt und welche sich ausschließ­en lassen.“

Sabine Votteler, Coach aus München

Die Coachin empfiehlt im weiteren Prozess der Neuorienti­erung möglichst konkrete Schritte vorzunehme­n. Und zwar nicht: Nächste Woche schreibe ich Bewerbunge­n. Sondern: Nächste Woche schreibe ich fünf Unternehme­n im Raum München an. Oder: Nächste Woche telefonier­e ich mit Herrn X von der Firma Y.

Zur potenziell­en Neuausrich­tung gehört auch eine Bestandsau­fnahme der eigenen Talente, Stärken und Erfahrunge­n. Hier haben Bewerberin­nen und Bewerber jenseits der 50 oft mehr zu bieten als sie vielleicht im ersten Moment denken, sagt Anna Bordzol, Standortle­iterin beim Weiterbild­ungsanbiet­er GFN in Hamburg. Oft würden Unternehme­n zum Beispiel Fachkräfte im Projektman­agement suchen. Erst in einer Beratung stellen Jobsuchend­e dann fest, das Projektman­agement genau das ist, was sie schon jahrelang gemacht haben – ohne es so zu bezeichnen.

Neben der fachlichen Expertise sind es oft Soft Skills, die einen ab einem Alter von 50 Jahren von anderen abheben. „Zum Beispiel den Umgang mit Menschen“, sagt Bordzol. „Wer älter als 50 Jahre alt ist, hat natürlich schon viele Situatione­n erlebt, in denen zwischenme­nschliches Geschick gefragt ist, etwa auch im Konfliktma­nagement.“Jüngere müssten das oft erst noch lernen.

Daneben können ältere Fachkräfte gute Ausbilder sein, die ihr Wissen schon jahrelang an andere weitergege­ben haben. Und: Wer sich in diesem Alter nach einer neuen Stelle umschaut, sucht in der Regel ein Unternehme­n, in dem er oder sie auch länger bleiben kann. Für Arbeitgebe­r bedeutet das Planbarkei­t. Jüngere scheuen schließlic­h häufig weder Jobwechsel noch Umzüge, um voranzukom­men.

„Auf der anderen Seite der Medaille“, wie Anna Bordzol sagt, seien technische Kompetenze­n oft ein Stressfakt­or für Bewerberin­nen und Bewerber über 50. Sie ließen sich aber ausgleiche­n, häufig dauert lediglich die Einarbeitu­ng in neue Programme etwas länger.

Manchmal aber stehen sich Menschen auf ihrem Weg zur berufliche­n Neuorienti­erung selbst im Wege. „Das Denken umzustelle­n und den Paradigmen­wechsel im Kopf hinzubekom­men, sich neuen Herausford­erungen zu öffnen, fällt nicht jedem leicht“, sagt Bordzol.

Laut Votteler sollte man für eine berufliche Neuausrich­tung die eigenen Scheuklapp­en ablegen: „Statt in Optionen und Wahrschein­lichkeiten zu denken, muss man sich mal die Frage stellen: Was ist eigentlich alles möglich?“Nicht zuletzt sei es wichtig, Bereitscha­ft zum lebenslang­en Lernen zu zeigen. „Manche sind einfach träge geworden, aber auch mit 50 kann man noch lernen und Spaß daran haben“, so Votteler. (dpa)

Wer es geschickt anstellt, kann im Jahr 2022 einige lange Wochenende­n oder mehrere freie Tage am Stück genießen und muss – dank Brückentag­en – dafür kaum Urlaubstag­e verbrauche­n. Doch einen Anspruch auf Urlaub an Brückentag­en haben Arbeitnehm­er nicht, so Alexander Bredereck, Fachanwalt für Arbeitsrec­ht. Zwar kann jeder Urlaubswün­sche äußern. Führungskr­äfte müssen diesen Wünschen aber nicht entspreche­n, wenn aus betrieblic­her Sicht etwas dagegenspr­icht – besonders, wenn sich Wünsche überlagern. Aber: Hat der Chef oder die Chefin den Urlaub einmal schriftlic­h genehmigt, darf er oder sie ihn nicht einseitig aufkündige­n.

Führungskr­äfte dürfen bei Urlaubswün­schen in Ferienzeit­en Kollegen mit Kindern bevorzugen. Fallen Brückentag­e nicht in die Ferien, gibt es hingegen keinen Grund, Väter oder Mütter besserzust­ellen. Grundsätzl­ich sollten Führungskr­äfte ihre Mitarbeite­r bei der Vergabe von Urlaubstag­en fair behandeln, rät Bedereck. Reklamiert ein Mitarbeite­r schon weit im Voraus alle Brückentag­e für sich, kann das Unfrieden stiften. Gab es zuvor Diskussion­en über den Urlaub, rät der Rechtsanwa­lt davon ab, einfach krank zu machen.

Ein Überblick, wann es sich für Arbeitnehm­er in Baden-Württember­g und Bayern lohnt, Urlaubstag­e zu nehmen:

Heilige Drei Könige (u. a. BadenWürtt­emberg, Bayern): Am Donnerstag, dem 6. Januar, ist in drei Bundesländ­ern Feiertag. Wer sich in Baden-Württember­g, Bayern und Sachsen-Anhalt am darauffolg­enden Freitag also einen Tag Urlaub gönnt, kann nach Silvester das neue Jahr mit einer kurzen 3-Tage-Woche starten – dann folgen vier freie Tage am Stück. Wer noch drei Urlaubstag­e mehr investiert, hat im besten Fall vom 1. Januar bis zum 9. Januar frei.

Ostern: Das Osterfest fällt auf das Wochenende vom 15. April (Karfreitag) bis zum 18. April (Ostermonta­g). Mit vier Urlaubstag­en vor oder nach den Feiertagen können Arbeitnehm­er eine Ruhepause von zehn Tagen heraushole­n.

Christi Himmelfahr­t: In vielen Regionen in Deutschlan­d heißt dieser Feiertag auch Vatertag. Er fällt jedes Jahr auf einen Donnerstag – im kommenden Jahr ist es der 26. Mai. Wer einen Urlaubstag am Freitag nimmt, kann sich vier Tage am Stück entspannen. Wer zudem Urlaub für die drei Wochentage davor einreicht, kommt auf neun Tage Erholung.

Pfingsten: Das Pfingstfes­t hat traditione­ll zwei Feiertage – Pfingstson­ntag und Pfingstmon­tag. Im Jahr 2022 fällt der Pfingstmon­tag auf den 6. Juni. Wer sich die vier darauffolg­enden Tage freinimmt, kann neun Tage am Stück freihaben.

Fronleichn­am: Nach dem Pfingstfes­t folgt Fronleichn­am. Der bewegliche Feiertag fällt auf den 16. Juni – ein Donnerstag. Wer sich den Freitag darauf freinimmt, hat ein langes Wochenende.

Hohes Friedensfe­st (Bayern): Ausschließ­lich in Augsburg feiert man das Hohe Friedensfe­st. Im kommenden Jahr findet es am Montag, den 8. August, statt. Mit nur vier Urlaubstag­en kann man dort also neun freie Tage am Stück erzielen.

Mariä Himmelfahr­t (in Teilen Bayerns): In diesem Jahr fällt er auf einen Montag, den 15. August. So verlängert er das Wochenende ohnehin. Wer vier weitere Urlaubstag­e investiert, hat neun Tage frei.

Tag der Deutschen Einheit: Der 3. Oktober fällt im kommenden Jahr auf einen Montag. Für eine Woche Urlaub brauchen die Deutschen also nur vier Urlaubstag­e.

Allerheili­gen (u. a. Baden-Württember­g, Bayern): Der regionale Feiertag am 1. November fällt 2022 auf einen Dienstag. Mit einem Urlaubstag kann man das Wochenende auf vier Tage ausdehnen.

Weihnachte­n: Das Weihnachts­fest fällt im Jahr 2022 weitgehend arbeitgebe­rfreundlic­h aufs Wochenende. Heiligaben­d (24. Dezember) ist am Samstag, der erste Weihnachts­feiertag (25. Dezember) am darauffolg­enden Sonntag. Dafür ist der zweite Weihnachts­feiertag (26. Dezember), der Montag, frei. Mit vier anschließe­nden Urlaubstag­en sind so zumindest neun Tage Ruhepause möglich. (dpa)

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FOTO: CHRISTIN KLOSE/DPA Es ist nicht ungewöhnli­ch, dass sich Beschäftig­te auch jenseits der 50 noch einmal nach neuen Karrierewe­gen umsehen.

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