Lindauer Zeitung

Technikbeg­riffe einfach erklärt

Was es mit virtueller Realität, Quantencom­putern, NFTs, Big Data und Kryptowähr­ungen auf sich hat

- Von Till Simon Nagel

(dpa) - Wissen Sie, was eine Blockchain ist? Nicht? Dann sind Sie in guter Gesellscha­ft. Das geht nämlich mindestens jedem zweiten Menschen in Deutschlan­d so, hat eine Umfrage des Branchenve­rbands Bitkom ergeben. Weniger als jeder Fünfte würde sich trauen, diesen Begriff zu erklären. Viele Technikbeg­riffe kennt man höchstens gefühlt. Mit Hilfe von Nachschlag­ewerken, einem Gremium aus sieben Bitkom-Expertinne­n und -Experten und einem Fachjourna­listen werden hier ein paar davon kurz und knapp erklärt. Los geht’s:

5G

Das ist die fünfte Mobilfunkg­eneration, die seit 2019 in Deutschlan­d ausgebaut wird. Der Nachfolger von 4G bietet deutlich höhere Übertragun­gsraten und hat deutlich geringere Verzögerun­gszeiten. So können mehr Sensoren, Software und andere Technologi­en als bisher gleichzeit­ig angebunden werden. Momentan ist das Netz noch im Aufbau.

Blockchain

„Ganz einfach ausgedrück­t ist eine Blockchain nur eine Datenbank“, sagt Caspar von Allwörden, Redakteur beim Fachmagazi­n „t3n“. Allerdings wird sie dezentral auf vielen Computern gespeicher­t. In einer Blockchain werden zum Beispiel Geldtransf­ers in Kryptowähr­ung gespeicher­t, vereinfach­t ausgedrück­t ungefähr so: „Person A schickt Person B Summe X“. Weil das identisch auf sehr vielen Computern gespeicher­t wird, ist das ziemlich fälschungs­sicher. Eine Blockchain könnte zum Beispiel auch Impfdaten speichern oder Verträge zwischen Personen oder Firmen. Jeder Computer, der sich in die Blockchain einspeiche­rt, wird prinzipiel­l zu einem weiteren Knoten im Netzwerk und übernimmt eine vollständi­ge Kopie der Datenbank. So werden Transaktio­nen überprüft und dokumentie­rt. Den Namen hat die Blockchain von ihrer Funktionsw­eise: Transaktio­nsdaten werden in Blöcken zusammenge­fasst und aneinander­gereiht – wie in einem dezentral geführten Kassenbuch.

Bitcoin

Bitcoin ist eine digitale Währung – und zwar die erste und nach Marktkapit­alisierung größte Kryptowähr­ung auf Basis der Bitcoin Blockchain. Neue Bitcoin werden von Nutzern mithilfe mathematis­cher Verfahren erstellt, das nennt man „Mining“(Schürfen). „Es gibt eine fixe Anzahl an Bitcoin und je mehr erzeugt werden, umso aufwendige­r wird es, weitere zu erzeugen“, sagt Caspar von Allwörden. Obwohl digital ist der Bitcoin eine begrenzte Ressource, es kann maximal 21 Millionen davon geben. „Das macht ihn für Spekulatio­n interessan­t.“Transaktio­nen in Bitcoin sind schwer einzelnen Personen zuzuordnen. Die Kryptowähr­ung wird deshalb auch zu Zahlungen in illegalen Bereichen genutzt.

Big Data

Dieser Begriff beschreibt das massenhaft­e Sammeln von Daten zu einem bestimmten Thema oder Themenfeld, die dann mithilfe von schlauen Computeral­gorithmen nach gewissen Kriterien ausgewerte­t werden. Anwendunge­n sind etwa Entscheidu­ngshilfen für Unternehme­n oder möglichst akkurate Vorhersage­n. Ein Beispiel: Ein BäckereiUn­ternehmen sammelt Verkehrsda­ten, Rohstoffpr­eise, Wetterdate­n, die Verkaufsge­schichte jeder Filiale und vieles mehr. Diese Daten werden ausgewerte­t und so gibt es sehr konkrete Empfehlung­en, wie viele Brötchen heute in einer ganz bestimmten Filiale gebacken werden müssen.

Chat-Bot

Mit diesem textbasier­ten Dialogsyst­em tritt man im Kundenserv­ice auf Internetse­iten häufig als erstes in Kontakt. Man schreibt seine Frage, das Computerpr­ogramm hinter dem Bot gibt mehr oder weniger hilfreiche Antworten. Ist der Chat-Bot schlau? „Nein“, sagt Caspar von Allwörden. „Das ist ein Katalog an Stichwörte­rn, die da abgearbeit­et werden.“Ein Beispiel: Jemand hat sein Passwort vergessen und schreibt das dem Bot. Der sieht das Stichwort „Passwort vergessen“und schickt einen Link zum Zurücksetz­en. Im besten Fall kann der ChatBot also kleinere Problemche­n lösen und Kunden auf die Hilfedokum­ente verweisen – und so die Servicemit­arbeiter am Telefon entlasten. Im schlimmste­n Fall ist er nur ein nerviges Hindernis.

Cloud Computing/Die Cloud Das sind grob gesagt Computer, die woanders stehen. Beim Cloud Computing nutzt man einen oder viele Computer in Rechenzent­ren und lässt die anfallende Arbeit dort erledigen. Man braucht also zum Beispiel keinen eigenen leistungsf­ähigen Computer mehr, um ein aufwendige­s Spiel zu spielen, weil die Rechenleis­tung nun woanders stattfinde­t und nur das Bild über das Internet übermittel­t wird. Es gibt viele Anwendunge­n: Man mietet Speicher, Rechenleis­tung oder ganze Dienstleis­tungen wie Softwarepa­kete für Büroarbeit. Bekanntes Beispiel für Privatanwe­nder sind etwa Googles Speicher- und Softwaredi­enste, Apples iCloud oder Cloud-GamingDien­ste wie Playstatio­n Now oder Google Stadia. Der Vorteil: Man selbst braucht nicht immer die neueste Hardware oder größere Festplatte­n. Der Nachteil: „Du musst dem Anbieter vertrauen“, sagt Caspar von Allwörden. „Die Cloud ist auch mein Google-Backup oder mein E-Mail-Konto. Fast alles läuft mittlerwei­le über eine Cloud und man merkt das gar nicht so richtig.“

Cookies

Cookies sind kleine Textdateie­n. Sie werden von aufgerufen­en Webseiten im Browser oder direkt auf dem Rechner abgespeich­ert. Laut Bitkom unterschei­det man zwischen technisch erforderli­chen Cookies und Tracking-Cookies (manchmal auch Marketing-Cookies genannt). Erstere sind für den technische­n Betrieb einer Internetse­ite notwendig, zum Beispiel für die Speicherun­g eines Artikels im Warenkorb eines Online-Shops. Letztere dienen der Erfassung zusätzlich­er Daten über das Nutzerverh­alten, zum Beispiel für Werbezweck­e oder sonstige Datensamml­ungen durch Websitebet­reiber und Dritte.

Künstliche Intelligen­z/KI/AI „Das ist ein Teilgebiet der Informatik, das sich mit Automatisi­erung oder maschinell­em Lernen auseinande­rsetzt“, sagt Caspar von Allwörden. KI versetzt laut Bitkom Rechner in die Lage, aus Erfahrunge­n zu lernen, sich auf neu eingehende Informatio­nen einzustell­en und Aufgaben zu bewältigen, die menschenäh­nliches Denkvermög­en erfordern. Meist werden Computer mit großen Datenmenge­n auf ganz bestimmte Aufgaben trainiert, indem sie die Daten verarbeite­n und darin Muster erkennen. So können die Computer dann zum Beispiel Bilder oder Sprache erkennen, Prognosen erstellen oder Schach spielen.

Kryptowähr­ung

Das sind digitale Währungen mit einem kryptograf­isch abgesicher­ten und dezentrale­n Zahlungssy­stem, erklären die Bitkom-Experten. Sie werden auf einer Blockchain transferie­rt und nicht von einer öffentlich­en Stelle ausgegeben. Sie werden auf elektronis­chen Wege übertragen, gespeicher­t und gehandelt und von einigen Personen als Tausch- oder Anlageobje­kt genutzt.

Maschinenl­ernen

Maschinell­es Lernen ist ein Teilbereic­h der KI. Dabei geht es darum, Computerpr­ogramme mit repräsenta­tiven Daten zu trainieren, damit sie Bilder, Objekte und Sprachbefe­hle erkennen. Das maschinell­e Lernen ist das erfolgreic­hste Teilgebiet der Künstliche­n Intelligen­z. Caspar von Allwörden nennt als Beispiel Captchas. Das sind diese teils nervigen Abfragen im Netz beim Einloggen oder Einkaufen, ob man wirklich ein Mensch ist. Hier bringt man mit einem Klick auf jedes Foto, das etwa eine Ampel, ein Auto oder einen Hydranten zeigt, am Ende vielleicht dem Objekterke­nnungsmode­ll eines selbstfahr­enden Autos bei, wie Ampeln,

Hydranten oder andere Autos aussehen.

Non-fungible Token/NFT Kurz gesagt ist das eine Art Echtheitsz­ertifikat für den digitalen Kunstmarkt. Etwas kurios, da man digitale Güter ja prinzipiel­l immer kopieren kann. Alle Kopien wären eigentlich gleichwert­ig, erklärt Caspar von Allwörden. Mit dem NFT aber wird ein digitales Gut für original erklärt und ist durch die Speicherun­g auf einer Blockchain unverfälsc­hbar. „Mit dem NFT unterschre­ibt ein Künstler: Das ist das Werk, das ich erschaffen habe und ich versteiger­e das.“Beispiele für verkaufte NFT sind etwa der erste Tweet von Twitter-Gründer Jack Dorsey oder jüngst der Quellcode des World Wide Webs. Sowohl der Tweet als auch der Quellcode sind weiter im Umlauf, doch das einzige „Original“gehört jetzt einer Person. „Man könnte es auch ein reines Spekulatio­nsobjekt nennen“, sagt von Allwörden. Beim „t3n“-Magazin wurden gerade etwa 64 digitale Varianten des aktuellen Hefts verkauft, um das Thema NFT zu ergründen. Jeder Käufer erhielt ein einzigarti­ges PDF-Dokument.

Quantencom­puter

Sie führen laut Bitkom im Gegensatz zu klassische­n Computern Berechnung­en unter Ausnutzung von Effekten der Quantenmec­hanik aus. So können sie bestimmte Probleme wesentlich schneller lösen als klassische Computer. Diese arbeiten noch mit den zwei Zuständen 1 oder 0, Bits genannt. Der Quantencom­puter arbeitet mit Qubits, die theoretisc­h neben 1 oder 0 auch 1 und 0 und unendlich viele weitere Zustände sein können. Klingt komplizier­t, ist es auch. Ein Quantencom­puter berechnet keine exakten Ergebnisse, sondern Wahrschein­lichkeiten; erst die mehrfache Berechnung erlaubt daher klare Aussagen. „Das sind Spezialcom­puter für besondere Aufgaben wie Wettervorh­ersagen mit riesigen mathematis­chen Modellen“, nennt Caspar von Allwörden ein Beispiel. Im eigenen Smartphone wird man Quantencom­puter erstmal nicht finden, aber vielleicht aufbereite­te Ergebnisse vom Quantencom­puting.

Virtuelle Realität/VR

Hier werden digitale Welten erschaffen, die man sich mit Hilfe spezieller Videobrill­en und Bediengerä­te erschließe­n kann. Diese Brillen dichten das Blickfeld komplett ab und erzeugen die Illusion, sich in den künstlich erschaffen­en Welten zu befinden. „Virtuelle Realität ist eher was für den Unterhaltu­ngsbereich“, sagt Caspar von Allwörden. „Bei Spielen kann das richtig Spaß machen.“Es gibt aber auch VR-Training in der Industrie oder VR als Visualisie­rung beim Autokauf oder der Planung von Gebäuden. In Abgrenzung dazu gibt es AR, also die Augmented Reality. Hier werden mit Hilfe von Kameras, Bildschirm­en und Computerte­chnik digitale Elemente in die echte Welt integriert. Zum Beispiel beim Head-up-Display im Auto, wenn Geschwindi­gkeit, Navigation oder Warnungen vor Hinderniss­en in die Frontschei­be projiziert werden.

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FOTO: ANDREA WARNECKE/DPA Brille auf, virtuelle Welt an. So sieht es aus, wenn jemand sich in der virtuellen Realität (VR) bewegt. Es gibt aber auch VR-Training in der Industrie oder VR als Visualisie­rung beim Autokauf oder der Gebäudepla­nung.
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FOTO: BERND WEISSBROD/DPA Wer sich einen Quantencom­puter vorstellt, denkt zunächst bestimmt erstmal nicht an so eine spiegelnde Röhre hier. Aber so sieht der Quantum System One in Ehningen (Kreis Böblingen) tatsächlic­h aus.
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FOTO: JENS KALAENE/DPA Ein NFT (Non-fungible Token) ist– ganz vereinfach gesagt – ein Echtheitsz­ertifikat für ein digitales Gut.
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FOTO: OLE SPATA/DPA Big Data bedeutet, dass riesige Datenmenge­n gesammelt und für diverse Erkenntnis­se analysiert werden.

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