Gute Nachrichten aus Berlin
Oft bestimmen negative Ereignisse die Schlagzeilen – Dabei gibt es auch viel Erfreuliches zu berichten
Von der Straße
ins Leben
WBBlinde können wieder sehen
as Jesus vor 2000 Jahren vorgemacht hat, gelang in diesem Jahr nun auch Franzosen. Pariser Genforscher haben eine Methode entwickelt, mit der bestimmte Erblindete mittels Spezialbrille wieder etwas sehen können. Ermöglicht hat das Grundlagenforschung aus Berlin. Auf einer Alge entdeckte ein HumboldtWissenschaftler in den 1980erJahren jenen Mechanismus, der Jahrzehnte später Licht ins Dunkel von Erblindeten bringen sollte. Zwar handelt es sich bisher nur um Umrisse. Doch der Anfang ist gemacht. Das Beispiel ist eines von vielen, das zeigt, wie deutsche Forschung 2021 weltweit für Aufsehen sorgte, allen voran natürlich der Biontech-Impfstoff. Aber auch in anderen Disziplinen gab es Bemerkenswertes: Gleich zwei Nobelpreise gingen dieses Jahr an Deutsche.
erlin ist für Chaos bekannt, gilt aber auch als Stadt, die aus der Not eine Tugend macht. So hat man in der CoronaZeit zeitweise Hostels zu Ganztagsunterkünften für Obdachlose umgebaut. Die Erfahrungen waren so gut, dass nun mit EUMitteln drei Langzeitprojekte gefördert werden. So werden zumindest einige der geschätzt bis zu 50 000 wohnungslosen Menschen nach der Notübernachtung nicht gleich wieder in den kalten Morgen entlassen, sondern können bleiben. Wohin das führen kann, zeigt das Beispiel von Alexandru. Er kann nun Weihnachten in einer eigenen kleinen Wohnung verbringen, hat einen Minijob.
Das Finanzamt zahlt immer mehr zurück
Die Steuererklärung ist wohl so ziemlich das Letzte, woran die Bundesbürger unterm Tannenbaum denken. Und doch gibt es eine gute Nachricht: Noch nie bekamen sie so viel Geld vom Finanzamt zurück, nämlich im Durchschnitt 1051 Euro. Das reicht für einige Weihnachtsgeschenke. Das ist zumindest die Zahl für 2017; neuere hat das Statistische Bundesamt noch nicht. Zehn Jahre zuvor waren es erst 831 Euro. Von den 14 Millionen, die eine Steuererklärung abgaben, bekamen immerhin fast 90 Prozent Geld zurück. Mehr als 5000 Euro landeten allerdings nur in jedem 50. Fall auf dem Konto. Der Wermutstropfen: Jeder Zehnte musste Steuern nachzahlen, im Schnitt sogar 1175 Euro.
KDHarte Schale, weicher Kern
alt und brutal sei diese Welt, finden viele, selbst wenn sie nicht auf Twitter und Telegram unterwegs sind. Doch wo eine harte Schale ist, ist der weiche Kern nicht fern. Längst ist erforscht, welch empfindsame Gemüter in Hummern und Krabben schlummern. Dass Kraken darüber hinaus kluge Kopffüßer sind, weiß jeder, der das FußballOrakel Paul einst bei der Arbeit sah. Sie spinnen also ganz und gar nicht, die Briten, wenn sie nun Krustentiere und Co. per Gesetz als „fühlende Wesen“anerkennen.
Gletscher gegen Wassernot
er Klimawandel erzeugt bekanntlich Wetterextreme. In manchen Regionen führt das zu Starkregen und Überschwemmungen, in anderen zu extremer Trockenheit. Forscher in Chile haben jetzt einen vielversprechenden Ansatz entwickelt, mit dem Letzteres abgemildert werden könnte: künstliche Gletscher. Das südamerikanische Land hat seit Jahren mit sehr trockenen Sommern zu kämpfen, im Winter regnet es. Dieses Regenwasser soll gefroren gespeichert werden. In 50 solcher Gletscher passen bis zu 100 Millionen Liter Wasser – genug, um 100 000 Menschen für drei Monate zu versorgen.
DGVielfalt führt zu Verständigung
ie Oscars galten als Bastion weißer Männlichkeit. Die Darstellung der Vielfalt der Geschlechter und kulturellen Hintergründe war höchstens punktuell wahrnehmbar. Das ist nun vorbei. Zumindest hat die diesjährige Oscar-Verleihung einen wesentlichen Schritt zu mehr Diversität gebracht. Mit der in Peking geborenen Chloé Zhao gewann nicht nur eine Nicht-Weiße den Regie-Preis, sie ist auch eine von nur zwei Frauen in der Geschichte der Awards, denen das gelang. Warum der Wandel in der Branche wichtig ist? Weil die Wahrnehmung anderer Kulturen den Blick weitet und hilft, die eigene Position zu überprüfen. Weil es Verständnis schafft, zur Verständigung beiträgt und den Dialog fördert.
Kopfläuse auf dem Rückzug
ründlicher Haarcheck beim Kind und dann das: Läusealarm! Doch was normalerweise Kindern und Eltern das Leben
schwer macht, hat etwas an Schrecken verloren. Denn nach Angaben der Allgemeinen Ortskrankenkassen befinden sich die Kopfläuse auf dem Rückzug. Während der Pandemie sei die Nachfrage nach Anti-Läusemitteln um rund ein Drittel gesunken, heißt es. Grund ist unter anderem das Abstandsgebot. Professor Rodney Sinclair von der Melbourne University, sieht nun „die einmalige Chance, die Ausbreitung drastisch zu reduzieren“.
DDieselfrei an den Bodensee
Seit über 170 Jahren sind Züge auf der Südbahn zwischen Ulm und dem Bodensee unterwegs, seit mehr als 50 Jahren wird darüber gesprochen, dass man diese für Oberschwaben nicht nur historisch so wichtige Bahnstrecke doch endlich, endlich einmal unter Strom setzen müsste. Minister und Bahnchefs kamen und gingen, doch die Schwäbschen Eisenbahne fuhren weiter mit Dieselantrieb. Bis jetzt. Seit Mitte Dezember fahren die Züge elektrisch. Zwar noch nicht schneller, aber besser angebunden an die übrigen Hauptstrecken. Und vielleicht auch einmal mit mehr Fernzügen als bisher. Die Pläne des Bundes für mehr Bahnverkehr sprechen dafür. Die notwendige Infrastruktur ist jetzt da.
So viele Briefe wie noch nie
ans Christkind
ie Post liefert bekanntlich ja jeden Tag, wobei an manchen Tagen der Briefkasten leer bleibt, dafür aber an anderen Tagen um so mehr Rechnungen und Werbebroschüren darin auftauchen. Es wird halt, die E-Mail ist schuld, weniger geschrieben. Wie schön, dass es zu Weihnachten eine Ausnahme gibt und Christkind und Weihnachtsmann eher analoge Typen sind. Das Nikolauspostamt im saarländischen St. Nikolaus freut sich über einen Rekord: Mehr als 30 000 Briefe sind vor Weihnachten eingegangen. Das waren so viele wie noch nie zuvor. So wird es voraussichtlich auch in den anderen traditionellen Weihnachtspostämtern passieren. So gab es etwa im brandenburgischen Himmelpfort schon 2020 mit 320 000 Briefen aus aller Welt einen Höchststand. Mal sehen, ob der Rekord fällt.
NAKleiner Vogel, hart im Nehmen
achrichten aus der Vogelwelt sind meistens schlechte, denn viele Vogelarten kämpfen um ihr Überleben. Es gibt aber auch eine gar nicht so kleine Zahl von Vögeln, die sich an das Leben in der Nähe von Menschen anpassen. Als bester Überlebenskünstler gilt die Mönchsgrasmücke (wegen der schwarzen Kappe des Männchens). Ein Forscherteam hat jetzt herausgefunden, dass heute in den Staaten der Europäischen Union 55 Millionen Mönchsgrasmücken mehr leben als vor 40 Jahren.
Vom Segen der Diplomatie
m 24. Dezember, fast drei Jahre nach der Berliner Libyen-Konferenz, kann die deutsche Außenpolitik sich zumindest ein wenig auf die Schultern klopfen. Für den Tag waren in dem nordafrikanischen Staat Präsidentschaftswahlen angesetzt. Die Bundesregierung hatte sich während des Bürgerkriegs massiv dafür eingesetzt, das Land am Südrand des Mittelmeers zu befrieden. Zumal es eine der Hauptrouten für Flüchtlingsschleuser nach Europa war und sich islamistische Terrorgruppen dort einzunisten begannen. Zwar ist die Lage nicht perfekt. Die Wahl wurde kurzfristig verschoben, einen neuen Termin gibt es noch nicht. Aber der Waffenstillstand hält. In Zeiten neu heraufziehender Kalter Kriege kann Libyen ein Beispiel dafür sein, dass Diplomatie nicht immer machtlos ist.
Die Freundlichkeit
im Alltäglichen
Vom Verzeihen war in der Corona-Pandemie immer wieder die Rede. „Wir werden in ein paar Monaten einander wahrscheinlich viel verzeihen müssen“sagte der bisherige Gesundheitsminister Jens Spahn im Frühjahr 2020. Mit Sicherheit einer seiner klügeren Sätze. Denn natürlich ist es so, dass Krisen nicht immer das Heldenhafteste und Beste im Menschen zutage befördern. Im Gegenteil: Viele sehen vor lauter Unsicherheit nur noch sich selbst und ihre eigenen Bedürfnisse. Aber: Das Tolle ist, dass diese Gruppe eine Minderheit geblieben ist. Es gibt in Deutschland eine Freundlichkeit im Alltäglichen, die immer wieder herzerwärmend ist. Die Kassiererin im Supermarkt, der Verkäufer in der Bäckerei, der Zugbegleiter, die Pflegerin im Krankenhaus – sie alle hätten Grund genug, Corona-müde und schlecht gelaunt zu sein. Doch das Gegenteil ist der Fall. Gerade diejenigen, die sich nicht ins Homeoffice verkrümeln konnten, sind trotz aller erschwerten Umstände höflich und aufmerksam. In den allermeisten Menschen steckt eben doch so viel Gutes, dass es auch die Gesellschaft trägt. Das ist doch eine gute Nachricht.