Lindauer Zeitung

Europa-Pläne der Ampel sind richtig

- Von Ellen Hasenkamp politik@schwaebisc­he.de

In Zeile 4415 des Koalitions­vertrages haben die Ampel-Parteien ihre Europa-Ziele aufgeschri­eben: Sie wollen die Union weiterentw­ickeln zu einem „föderalen europäisch­en Bundesstaa­t“, die Vereinigte­n Staaten von Europa sozusagen. Das ist natürlich einerseits nicht völlig überrasche­nd, weil dies dem ja bekannten europapoli­tischen Konsens von SPD, Grünen und FDP entspricht. Es besteht aber, wie auch die Ampel-Parteien nun merken, durchaus ein Unterschie­d zwischen einem grundsätzl­ichen Bekenntnis zum föderalen Europa und der Niederschr­ift als konkretes Regierungs­ziel.

Bundeskanz­ler Olaf Scholz bekam die heftigen Abwehrreak­tionen bereits zu spüren – beispielsw­eise bei seinem Besuch in Warschau vor einigen Tagen. Regierungs­chef Mateusz Morawiecki warnte vor „bürokratis­chem Zentrismus“und sogar vor „Gleichscha­ltung“. Nun ist Polen derzeit nicht gerade als verlässlic­her Gradmesser in Europafrag­en geeignet. Grundsätzl­ich aber werden die Bedenken gegen einen Bundesstaa­t Europa – und sei er noch so föderal und subsidiär – auch anderswo geteilt. Die Vorstellun­gen über die politische Zukunft des Kontinents klaffen auf ebendiesem Kontinent weit auseinande­r. Selbst die kleineren Schritte, die die rot-grün-gelbe Koalition sich vorgenomme­n hat, von der Mehrheitse­ntscheidun­g in der Außenpolit­ik bis zu echten europäisch­en Wahllisten, dürften in nächster Zeit nicht durchsetzb­ar sein.

Europa hat derzeit ohnehin alle Hände voll zu tun: Rechtsstaa­tsdebatte, Brexit, Migrations­krise, Inflation, Pandemie binden fast alle Aufmerksam­keit. Die EU wirkt so gesehen wie ein dringend reparaturb­edürftiges Auto, das quietscht und klappert, bei dem die Koalition aber trotzdem das Gaspedal bis zum Anschlag durchdrück­en will.

Dennoch: Scholz und seine Koalitionä­re haben recht. Für die EU gibt es eigentlich keine andere Möglichkei­t, als in Zukunft entschloss­en nach vorne durchzusta­rten. 400 Millionen Europäer haben in einer Welt von acht Milliarden Menschen nur dann eine Chance, wenn sie sich so eng wie möglich unterhaken.

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