Noch kein Urteil im Tolu-Prozess
Seit Jahren geht die Türkei gegen die Ulmer Journalistin Mesale Tolu vor – Entscheidung auf Januar verschoben
(dpa/sz) - Im Prozess gegen die aus Ulm stammende Journalistin Mesale Tolu (Foto: Daniel Drescher) und weitere Angeklagte in der Türkei soll vorerst doch kein Urteil fallen. „Wieder eine unerwartete Wendung im Prozess: Trotz Ankündigung, soll es heute nicht zu einer Urteilsverkündung kommen“, verkündete Tolu am Freitag per Kurznachrichtendienst Twitter. Als Grund sei die Änderung des Gerichtsvorstands genannt worden, sagte der Anwalt Tolus, Keles Öztürk. Die Verhandlung sei auf den 17. Januar verschoben worden.
Die Staatsanwaltschaft hatte Tolu und den anderen Angeklagten im Prozess in der ursprünglichen Anklageschrift unter anderem Mitgliedschaft in der linksextremen Marxistisch-Leninistischen Kommunistischen Partei MLKP sowie Propaganda vorgeworfen. Die MLKP gilt in der Türkei als Terrororganisation. In der vorangegangenen Verhandlung forderte die Staatsanwaltschaft dann Freispruch in allen Anklagepunkten für Tolu.
Auch die restlichen Mitangeklagten sollten im Anklagepunkt der Mitgliedschaft in einer Terrororganisation freigesprochen werden. Öztürk zufolge wurden jedoch Strafen gegen einige der Angeklagten wegen Terrorpropaganda gefordert – unter anderem für Tolus Ehemann, Suat Corlu. Beide sind bereits 2018 und 2019 nach Deutschland zurückgekehrt. Tolu hatte vorher mehr als sieben Monate in türkischer Untersuchungshaft gesessen. Die Journalistin kurdischer Herkunft hatte in Istanbul unter anderen für die Nachrichtenagentur Etha gearbeitet, heute ist sie Redakteurin der „Schwäbischen Zeitung“in Biberach.
Der Prozess hatte auch international hohe Wellen geschlagen: Es kam zu Protesten, die eine Freilassung Tolus forderten, die Bundesregierung schaltete sich ein. Ähnlich erging es dem ebenfalls deutschen Reporter Deniz Yücel, der im Februar 2017 in Gewahrsam genommen wurde und mehr als ein Jahr in Haft war.