Das Ende von Plastiktüte und Kükenschreddern
Neuerungen bei Pfand, CO2-Abgabe und Grundfreibetrag – 2022 ändert sich für Verbraucher vieles
- Plastiktüten ade, mehr Mindestlohn, und das elektronische Rezept startet – auch wenn die neue Ampel-Koalition erst mal nur große Pläne wälzt, aber noch keine Reformen beschlossen hat, treten zum Jahreswechsel zahlreiche Änderungen in Kraft, die den Alltag der Bürger verändern. Ein Überblick über einige wichtige Punkte.
Plastiktüten:
An den Ladenkassen dürfen keine Einkaufstüten aus Plastik mehr angeboten werden. Dabei geht es um leichte Kunststofftragetaschen mit einer Wandstärke zwischen 15 und 50 Mikrometer. Die dünnen „Hemdchenbeutel“etwa für Obst und Gemüse sind weiter erlaubt, ebenso besonders stabile Mehrwegtüten.
Saftflaschen:
Für alle Einweg-Kunststoffflaschen mit Frucht- und Gemüsesäften, Smoothies oder kohlesäurefreien Nektaren müssen 25 Cent Pfand erhoben werden. Das gilt auch für Getränkedosen mit Energy Drinks, Sekt oder alkoholischen Mixdrinks.
CO2-Abgabe:
Der Zuschlag bei fossilen Kraft- und Brennstoffen steigt von 25 Euro auf 30 Euro pro Tonne. Dadurch könnte der Liter Benzin und Diesel laut ADAC 1,4 Cent teurer werden. Bei Heizöl soll der Zuschlag etwa 1,5 Cent je Liter betragen, bei Gas 0,1 Cent je Kilowattstunde.
Strom:
Die EEG-Umlage zur Förderung von Ökostrom sinkt von 6,5 Cent auf 3,72 Cent je Kilowattstunde. Da aber viele Versorger die erheblich steigenden Beschaffungskosten weitergeben, dürfte Strom unterm Strich häufig teurer werden.
Porto:
Die Deutsche Post verlangt für den Standardbrief künftig 85 Cent, für den Kompaktbrief (bis 50 Gramm) 1 Euro. Der Großbrief (bis 500 Gramm) kostet 1,60 Euro, der Maxibrief (bis 1000 Gramm) 2,75 Euro, die Postkarte 70 Cent.
Reklamationen:
Weiterhin haften Händler zwei Jahre lang für Mängel an einer gekauften Sache. Aber die Verbraucher bekommen einen Vorteil: Die Vermutung, dass der Mangel schon beim Kauf in der Ware steckte, gilt künftig ein ganzes Jahr, doppelt so lang wie bisher. Das ist eine Vorgabe der EU.
Lebensversicherungen:
Der Garantiezins sinkt für neue Verträge von 0,9 Prozent auf 0,25 Prozent. Eine höhere Verzinsung der Beiträge dürfen die Versicherer nicht garantieren. Das macht die Verträge noch unattraktiver.
Bahn:
Fahrgäste können Tickets nicht mehr beim Zugbegleiter kaufen. Dies ist nur noch über die App DB Navigator oder online bis zu zehn Minuten nach Abfahrt möglich. Der Zuschlag für den Kauf im Zug von 17 Euro fällt weg.
Kükentöten:
Männliche Küken dürfen nicht mehr kurz nach dem Schlüpfen getötet werden.
Mindestlohn:
Volljährige Arbeitnehmer haben ab 1. Januar Anspruch auf 9,82 Euro. Bisher waren es 9,60 Euro. Einen weiteren Schritt auf 10,45 ab 1. Juli hat die Mindestlohnkommission schon beschlossen. Allerdings will Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) gleich zu Jahresbeginn den Gesetzentwurf vorlegen, um den Mindestlohn auf 12 Euro zu erhöhen. Das könnte ab Mitte des Jahres gelten.
Mindestausbildungsvergütung: Bei Lehrverträgen, die ab dem 1. Januar 2022 beginnen, haben die Azubis im ersten Lehrjahr Anspruch auf mindestens 585 Euro, 35 Euro mehr als bisher. Für das zweite bis vierte Ausbildungsjahr gibt es Aufschläge.
Betriebliche Altersvorsorge: Bereits seit 2019 muss der Arbeitgeber Mitarbeitern, die einen neuen Vertrag abschließen, einen Zuschuss von 15 Prozent zahlen. Ab 2022 gilt dies auch für Altverträge.
Hartz IV:
Die Grundsicherung für Arbeitssuchende wird meist um drei Euro im Monat erhöht. Alleinstehende erhalten künftig 449 Euro, Partner jeweils 404 Euro, 18- bis 24-Jährige 360 Euro, Jugendliche von 15 bis 17 Jahren 376 Euro, Kinder von 7 bis 14 Jahren 311 Euro, Kinder bis 6 Jahren 285 Euro. Hinzu kommen jeweils die Kosten für Miete und Heizung.
Rente:
Die Regelaltersgrenze, ab der es Rente ohne Abschläge gibt, steigt für den Jahrgang 1957 auf 65 Jahre und elf Monate. Wer früher in Rente geht, kann auch im kommenden Jahr 46 060 Euro hinzuverdienen, ohne dass dies auf die Rente angerechnet wird. Die Grenze wurde 2021 wegen der Corona-Pandemie deutlich angehoben.
Krankenversicherung:
Der Grundbeitrag bleibt unverändert bei 14,6 Prozent. Einzelne Krankenkassen erhöhen aber ihren Zusatzbeitrag. Durchschnittlich beträgt er weiter 1,3 Prozent.
Digitalisierung:
Die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung, auch als „gelber Schein“bekannt, müssen die Arztpraxen ab 1. Januar elektronisch an die Krankenkassen übermitteln. Dagegen wurde die verbindliche Einführung des elektronischen Rezepts erneut verschoben.
Pflegeversicherung:
Für Kinderlose steigt der Beitrag um 0,1 Prozentpunkte auf 3,4 Prozent. Für alle anderen bleibt der Beitragssatz von 3,05 Prozent unverändert. Viele Pflegebedürftige erhalten einen höheren Zuschuss je nach Pflegegrad und Leistungsart. Wer eine private Pflegeversicherung hat, muss einen befristeten Corona-Zuschlag leisten. Er beträgt 3,40 Euro pro Monat, bei Beamten 7,30 Euro.
Grundfreibetrag
Das Existenzminimum, das steuerfrei bleibt, steigt um 240 Euro auf 9984 Euro im Jahr (Ehepaare das Doppelte). Das soll die Preissteigerungen berücksichtigen. Um die „kalte Progression“auszugleichen, werden auch andere Eckwerte um knapp 1,2 Prozent erhöht. So ist der
Steuersatz von 42 Prozent künftig ab einem zu versteuernden Einkommen von 58.597 Euro fällig. Das sind 678 Euro mehr als bisher. Für Arbeitnehmer sind alle Veränderungen in den neuen Lohnsteuertabellen berücksichtigt. Der steuerliche Kinderfreibetrag von 8388 Euro bleibt unverändert, ebenso das Kindergeld. Dagegen steigt beim Kinderzuschlag der Höchstbetrag um vier Euro auf 209 Euro pro Monat.
Alleinerziehende
Der Entlastungsbetrag wurde wegen Corona schon 2020 und 2021 von 1908 auf 4008 Euro mehr als verdoppelt. Dieser Betrag gilt jetzt unbefristet.
Corona-Bonus:
Nur noch bis zum 31. März können Arbeitgeber ihren Mitarbeitern einen Bonus von maximal 1500 Euro steuer- und sozialversicherungsfrei zahlen.
Homeoffice-Pauschale: Voraussichtlich können auch für 2022 pro Tag im Homeoffice fünf Euro von der Steuer abgesetzt werden, maximal 600 Euro im Jahr, selbst wenn kein eigenes Arbeitszimmer vorhanden ist.
Sachbezüge:
Für Gutscheine oder Fahrtickets steigt die Freigrenze von 44 Euro auf 50 Euro im Monat. Aber Vorsicht: Wird sie nur um einen Cent überschritten, muss alles versteuert werden. Stellt der Betrieb eine verbilligte oder unentgeltliche Mahlzeit zur Verfügung, müssen jetzt für ein Mittagoder Abendessen 3,57 Euro versteuert werden.
Altersvorsorgeaufwendungen: Beiträge etwa zur gesetzlichen Rentenversicherung und zu berufsständischen Versorgungswerken können zu 94 Prozent als Sonderausgaben von der Steuer abgesetzt werden. Das sind zwei Prozentpunkte mehr als bisher. Maximal können Alleinerziehende 24 142 Euro geltend machen, Ehepaare das Doppelte. Bei Arbeitnehmern wird allerdings der steuerfreie Arbeitgeberanteil zur Rente davon abgezogen.
Rentenbesteuerung:
Wer 2022 in Rente geht, muss 82 Prozent seiner Altersbezüge versteuern, einen Prozentpunkt mehr als beim Rentenstart 2021. Bei Bestandsrenten bleibt der festgesetzte steuerfreie Rentenbetrag unverändert.