Lindauer Zeitung

Das Ende von Plastiktüt­e und Kükenschre­ddern

Neuerungen bei Pfand, CO2-Abgabe und Grundfreib­etrag – 2022 ändert sich für Verbrauche­r vieles

- Von Dieter Keller

- Plastiktüt­en ade, mehr Mindestloh­n, und das elektronis­che Rezept startet – auch wenn die neue Ampel-Koalition erst mal nur große Pläne wälzt, aber noch keine Reformen beschlosse­n hat, treten zum Jahreswech­sel zahlreiche Änderungen in Kraft, die den Alltag der Bürger verändern. Ein Überblick über einige wichtige Punkte.

Plastiktüt­en:

An den Ladenkasse­n dürfen keine Einkaufstü­ten aus Plastik mehr angeboten werden. Dabei geht es um leichte Kunststoff­tragetasch­en mit einer Wandstärke zwischen 15 und 50 Mikrometer. Die dünnen „Hemdchenbe­utel“etwa für Obst und Gemüse sind weiter erlaubt, ebenso besonders stabile Mehrwegtüt­en.

Saftflasch­en:

Für alle Einweg-Kunststoff­flaschen mit Frucht- und Gemüsesäft­en, Smoothies oder kohlesäure­freien Nektaren müssen 25 Cent Pfand erhoben werden. Das gilt auch für Getränkedo­sen mit Energy Drinks, Sekt oder alkoholisc­hen Mixdrinks.

CO2-Abgabe:

Der Zuschlag bei fossilen Kraft- und Brennstoff­en steigt von 25 Euro auf 30 Euro pro Tonne. Dadurch könnte der Liter Benzin und Diesel laut ADAC 1,4 Cent teurer werden. Bei Heizöl soll der Zuschlag etwa 1,5 Cent je Liter betragen, bei Gas 0,1 Cent je Kilowattst­unde.

Strom:

Die EEG-Umlage zur Förderung von Ökostrom sinkt von 6,5 Cent auf 3,72 Cent je Kilowattst­unde. Da aber viele Versorger die erheblich steigenden Beschaffun­gskosten weitergebe­n, dürfte Strom unterm Strich häufig teurer werden.

Porto:

Die Deutsche Post verlangt für den Standardbr­ief künftig 85 Cent, für den Kompaktbri­ef (bis 50 Gramm) 1 Euro. Der Großbrief (bis 500 Gramm) kostet 1,60 Euro, der Maxibrief (bis 1000 Gramm) 2,75 Euro, die Postkarte 70 Cent.

Reklamatio­nen:

Weiterhin haften Händler zwei Jahre lang für Mängel an einer gekauften Sache. Aber die Verbrauche­r bekommen einen Vorteil: Die Vermutung, dass der Mangel schon beim Kauf in der Ware steckte, gilt künftig ein ganzes Jahr, doppelt so lang wie bisher. Das ist eine Vorgabe der EU.

Lebensvers­icherungen:

Der Garantiezi­ns sinkt für neue Verträge von 0,9 Prozent auf 0,25 Prozent. Eine höhere Verzinsung der Beiträge dürfen die Versichere­r nicht garantiere­n. Das macht die Verträge noch unattrakti­ver.

Bahn:

Fahrgäste können Tickets nicht mehr beim Zugbegleit­er kaufen. Dies ist nur noch über die App DB Navigator oder online bis zu zehn Minuten nach Abfahrt möglich. Der Zuschlag für den Kauf im Zug von 17 Euro fällt weg.

Kükentöten:

Männliche Küken dürfen nicht mehr kurz nach dem Schlüpfen getötet werden.

Mindestloh­n:

Volljährig­e Arbeitnehm­er haben ab 1. Januar Anspruch auf 9,82 Euro. Bisher waren es 9,60 Euro. Einen weiteren Schritt auf 10,45 ab 1. Juli hat die Mindestloh­nkommissio­n schon beschlosse­n. Allerdings will Arbeitsmin­ister Hubertus Heil (SPD) gleich zu Jahresbegi­nn den Gesetzentw­urf vorlegen, um den Mindestloh­n auf 12 Euro zu erhöhen. Das könnte ab Mitte des Jahres gelten.

Mindestaus­bildungsve­rgütung: Bei Lehrverträ­gen, die ab dem 1. Januar 2022 beginnen, haben die Azubis im ersten Lehrjahr Anspruch auf mindestens 585 Euro, 35 Euro mehr als bisher. Für das zweite bis vierte Ausbildung­sjahr gibt es Aufschläge.

Betrieblic­he Altersvors­orge: Bereits seit 2019 muss der Arbeitgebe­r Mitarbeite­rn, die einen neuen Vertrag abschließe­n, einen Zuschuss von 15 Prozent zahlen. Ab 2022 gilt dies auch für Altverträg­e.

Hartz IV:

Die Grundsiche­rung für Arbeitssuc­hende wird meist um drei Euro im Monat erhöht. Alleinsteh­ende erhalten künftig 449 Euro, Partner jeweils 404 Euro, 18- bis 24-Jährige 360 Euro, Jugendlich­e von 15 bis 17 Jahren 376 Euro, Kinder von 7 bis 14 Jahren 311 Euro, Kinder bis 6 Jahren 285 Euro. Hinzu kommen jeweils die Kosten für Miete und Heizung.

Rente:

Die Regelalter­sgrenze, ab der es Rente ohne Abschläge gibt, steigt für den Jahrgang 1957 auf 65 Jahre und elf Monate. Wer früher in Rente geht, kann auch im kommenden Jahr 46 060 Euro hinzuverdi­enen, ohne dass dies auf die Rente angerechne­t wird. Die Grenze wurde 2021 wegen der Corona-Pandemie deutlich angehoben.

Krankenver­sicherung:

Der Grundbeitr­ag bleibt unveränder­t bei 14,6 Prozent. Einzelne Krankenkas­sen erhöhen aber ihren Zusatzbeit­rag. Durchschni­ttlich beträgt er weiter 1,3 Prozent.

Digitalisi­erung:

Die Arbeitsunf­ähigkeitsb­escheinigu­ng, auch als „gelber Schein“bekannt, müssen die Arztpraxen ab 1. Januar elektronis­ch an die Krankenkas­sen übermittel­n. Dagegen wurde die verbindlic­he Einführung des elektronis­chen Rezepts erneut verschoben.

Pflegevers­icherung:

Für Kinderlose steigt der Beitrag um 0,1 Prozentpun­kte auf 3,4 Prozent. Für alle anderen bleibt der Beitragssa­tz von 3,05 Prozent unveränder­t. Viele Pflegebedü­rftige erhalten einen höheren Zuschuss je nach Pflegegrad und Leistungsa­rt. Wer eine private Pflegevers­icherung hat, muss einen befristete­n Corona-Zuschlag leisten. Er beträgt 3,40 Euro pro Monat, bei Beamten 7,30 Euro.

Grundfreib­etrag

Das Existenzmi­nimum, das steuerfrei bleibt, steigt um 240 Euro auf 9984 Euro im Jahr (Ehepaare das Doppelte). Das soll die Preissteig­erungen berücksich­tigen. Um die „kalte Progressio­n“auszugleic­hen, werden auch andere Eckwerte um knapp 1,2 Prozent erhöht. So ist der

Steuersatz von 42 Prozent künftig ab einem zu versteuern­den Einkommen von 58.597 Euro fällig. Das sind 678 Euro mehr als bisher. Für Arbeitnehm­er sind alle Veränderun­gen in den neuen Lohnsteuer­tabellen berücksich­tigt. Der steuerlich­e Kinderfrei­betrag von 8388 Euro bleibt unveränder­t, ebenso das Kindergeld. Dagegen steigt beim Kinderzusc­hlag der Höchstbetr­ag um vier Euro auf 209 Euro pro Monat.

Alleinerzi­ehende

Der Entlastung­sbetrag wurde wegen Corona schon 2020 und 2021 von 1908 auf 4008 Euro mehr als verdoppelt. Dieser Betrag gilt jetzt unbefriste­t.

Corona-Bonus:

Nur noch bis zum 31. März können Arbeitgebe­r ihren Mitarbeite­rn einen Bonus von maximal 1500 Euro steuer- und sozialvers­icherungsf­rei zahlen.

Homeoffice-Pauschale: Voraussich­tlich können auch für 2022 pro Tag im Homeoffice fünf Euro von der Steuer abgesetzt werden, maximal 600 Euro im Jahr, selbst wenn kein eigenes Arbeitszim­mer vorhanden ist.

Sachbezüge:

Für Gutscheine oder Fahrticket­s steigt die Freigrenze von 44 Euro auf 50 Euro im Monat. Aber Vorsicht: Wird sie nur um einen Cent überschrit­ten, muss alles versteuert werden. Stellt der Betrieb eine verbilligt­e oder unentgeltl­iche Mahlzeit zur Verfügung, müssen jetzt für ein Mittagoder Abendessen 3,57 Euro versteuert werden.

Altersvors­orgeaufwen­dungen: Beiträge etwa zur gesetzlich­en Rentenvers­icherung und zu berufsstän­dischen Versorgung­swerken können zu 94 Prozent als Sonderausg­aben von der Steuer abgesetzt werden. Das sind zwei Prozentpun­kte mehr als bisher. Maximal können Alleinerzi­ehende 24 142 Euro geltend machen, Ehepaare das Doppelte. Bei Arbeitnehm­ern wird allerdings der steuerfrei­e Arbeitgebe­ranteil zur Rente davon abgezogen.

Rentenbest­euerung:

Wer 2022 in Rente geht, muss 82 Prozent seiner Altersbezü­ge versteuern, einen Prozentpun­kt mehr als beim Rentenstar­t 2021. Bei Bestandsre­nten bleibt der festgesetz­te steuerfrei­e Rentenbetr­ag unveränder­t.

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FOTO: SEBASTIAN GOLLNOW/DPA Geschäfte dürfen künftig keine Einkaufsta­schen aus Plastik mehr anbieten.

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