Lindauer Zeitung

Hubble-Nachfolger startet ins All

Das James Webb Space Telescope enthält auch am Bodensee entwickelt­e Teile

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(dpa) - Das leistungsf­ähigste Teleskop in der Geschichte der Menschheit ist im Weltall. „James Webb“soll die ältesten Galaxien im Universum genauso in den Blick nehmen wie junge Sternsyste­me. Eine ganze Generation von Forschende­n hofft auf Erkenntnis­se durch das Teleskop.

Nach jahrzehnte­langer Planung ist das teuerste jemals in der Raumfahrtg­eschichte gebaute Weltraumte­leskop am Wochenende erfolgreic­h ins All gestartet. Mit dem gemeinsam von Weltraumbe­hörden in Europa, den USA und Kanada gebauten James Webb Space Telescope (JWST) sollen die ältesten Galaxien des Weltalls erkundet werden. Es startete am Samstag vom europäisch­en Weltraumba­hnhof Kourou in Französisc­h-Guayana aus und befindet sich an Bord einer Ariane-Trägerrake­te. Die Reise bis zum etwa 1,5 Millionen Kilometer entfernten Zielorbit dauert etwa vier Wochen.

Wissenscha­ftler erhoffen sich von den Aufnahmen des Teleskops unter anderem Erkenntnis­se über die frühe Zeit nach dem Urknall vor rund 13,8 Milliarden Jahren. Untersucht werden soll auch die Umgebung unseres Sonnensyst­ems. Aufnahmen sollen etwa zeigen, ob es bewohnbare Planeten mit Wasservork­ommen gibt.

Erste Daten und Bilder des Teleskops werden frühestens im Sommer erwartet. Es ist eine komplizier­te Mission: Die Nasa hatte zum Start 344 kritische Punkte festgestel­lt, die den geplanten Einsatz des Teleskops bedrohen könnten.

„Das Potenzial von Webb liegt nicht in dem, von dem wir schon wissen, dass wir es entdecken werden“, erklärte Nasa-Chef Bill Nelson zum Start. „Es geht darum, was wir über unser Universum noch nicht verstehen oder uns noch nicht vorstellen können.“

„An Bord dieser Rakete sind die Hoffnungen und Träume von Zehntausen­den

Wissenscha­ftlern, die von den Erkenntnis­sen dieser Mission profitiere­n werden“, sagte NasaWissen­schaftsdir­ektor Thomas Zurbuchen kurz vor dem Start. „Wir haben das Universum noch nie so gesehen, wie Webb es uns zeigen wird.“

Das „James Webb“-Teleskop wurde rund 30 Jahre lang entwickelt und kostete laut Betreibera­ngaben etwa zehn Milliarden Dollar (8,8 Milliarden Euro). Es übertrifft die Leistungsf­ähigkeit des Weltraumte­leskops „Hubble“um ein Vielfaches. „James Webb“soll unter anderem mithilfe eines 25 Quadratmet­er großen Spiegels Bilder aus dem frühen

Universum liefern. Die Mission ist auf zehn Jahre angesetzt.

In einigen kleineren Komponente­n steckt auch deutsche Technik, beispielsw­eise von Airbus vom Bodensee, dem Jenaer Fraunhofer-Institut für Angewandte Optik und Feinmechan­ik (IOF) und vom MaxPlanck-Institut für Astronomie in Heidelberg. Laut Bundesmini­sterium für Wirtschaft und Klimaschut­z sind knapp 117 Millionen Euro deutsche Fördergeld­er in das Projekt geflossen. „Heute schreibt die internatio­nale Raumfahrt Geschichte“, teilte Minister Robert Habeck mit. „Das Teleskop zeigt uns auch, wozu wir Menschen fähig sind, wenn große Ziele auf Ingenieurs­kunst und internatio­nale Kooperatio­n treffen.“

Der bisherige Weg des Teleskops war von Problemen begleitet. Das Fachmagazi­n „Nature“hatte vom „teuersten astronomis­chen Risiko der Geschichte“geschriebe­n. Ende der 1980er-Jahre kam erstmals die Idee zu einem solchen Teleskop auf, seitdem wurde geplant und gebaut. Immer wieder passierten Missgeschi­cke, die Planung verzögerte sich, die ursprüngli­ch auf rund 500 Millionen Dollar geschätzte­n Kosten schnellten in die Höhe. 2007 hatte das JWST starten sollen – aber der Start verschob sich immer wieder.

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FOTO: UNCREDITED/NASA/AP/DPA Die Ariane-5-Rakete hebt mit dem James-Webb-Weltraumte­leskop an Bord vom europäisch­en Weltraumba­hnhof in Kourou (Französisc­h-Guayana) ab. Das zehn Milliarden Dollar teure Infrarot-Observator­ium mit Technik vom Bodensee soll Nachfolger des Hubble-Weltraumte­leskops werden.
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FOTO: BILL INGALLS/NASA/AP/DPA Startteams überwachen den Countdown für den Start der Rakete, die das bisher teuerste Weltraumte­leskop ins All bringt.

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