GWG hilft Scheidegg beim Wohnungsbau
Gemeinde plant mit eigener Gesellschaft und der Hilfe von Alexander Mayer den Bau von 40 seniorengerechten Wohnungen
- Die GWG hilft der Gemeinde Scheidegg beim Einstieg in den Wohnungsbau. Die Gemeinde gründet eine eigene GmbH, deren Geschäftsführer GWG-Chef Alexander Mayer wird. Erstes Projekt ist der Bau von 40 seniorengerechten Wohnungen beim Altenheim St. Vinzenz. Weitere Projekte sollen in den nächsten Jahren folgen. So könnte die Zahl der Wohnungen auf hundert steigen. „Es ist ein Novum für eine Gemeinde unserer Größe“, sagt Bürgermeister Uli Pfanner. Und: „Wenn ich immer nur auf Bund und Land warte, passiert beim Wohnungsbau nichts.“
Seit über einem Jahr beschäftigt sich die 4600-Einwohner-Gemeinde mit dem Thema. Konkreter Anlass war der Bau der Seniorenanlage am St. Vinzenz. Der Gemeinde stellte sich vor allem die Frage, ob sie für das Vorhaben einen Investor sucht, einen gemeinnützigen Träger oder aber selber einsteigt. Schließlich hat sie sich für Letzteres entschieden. „Wir wollen bestimmen, wer für die Wohnungen in Frage kommt. Da ist es am Besten, alles selber in der Hand zu haben“, sagt Pfanner.
Begleitet wird die Gemeinde dabei von der GWG, der Wohnbaugesellschaft der Stadt Lindau. Sie besitzt in Scheidegg seit einigen Jahren eine Immobilie, die wenige hundert Meter vom St. Vinzenz entfernt liegt. Pfanner spricht von einem „starken Partner“. Immerhin hat die GWG 1700 Wohnungen in ihrem Bestand. Ihr Geschäftsführer Alexander Mayer (Archivfoto: ee) wird auch Geschäftsführer der Scheidegger GmbH werden. Honoriert wird er je nach Aufwand. Pfanner: „Es ist ein großer Vorteil, wenn uns ein so erfahrener Mann begleitet.“
Für den Bau der mehrgeschossigen Gebäude wird die Gemeinde einen kleinen Angebotswettbewerb abhalten und drei, vier Architekten, die Erfahrung mit entsprechenden Projekten haben, einladen. Im kommenden Jahr sollen die Planungen vorangetrieben, 2023 dann mit dem Bau begonnen werden. Geplant sind nachhaltige Gebäude mit einem hohen Anteil an Holz.
Mittelfristig könnte die Gemeinde weitere Grundstücke für den Bau von Mehrfamilienhäusern einbringen oder eigene Immobilien, beispielsweise das alte Feuerwehrhaus. Nicht ausschließen will Bürgermeister Pfanner aber auch, dass die GmbH fremde Immobilien kaufen wird. Die Zahl von hundert Wohnungen, die die Gesellschaft mittelfristig haben könnte, ist nicht aus der Luft gegriffen. Etwa ab dieser Zahl würde es sich nach Auskunft von Fachleuten für die GmbH rechnen, eigenes Personal zu beschäftigen. „Vielleicht haben wir in zehn Jahren die Größe dafür“, sagt Pfanner. Zum Start übernimmt die GWG die Verwaltung.
Für die Vermietung wird es drei Kategorien geben. Auch dabei wird die Marktgemeinde teilweise neue Wege gehen. So können Bürger ein lebenslanges Wohnrecht für eine Wohnung erwerben. Pfanner spricht von einem „eigentumsähnlichen Verhältnis“. Allerdings fällt die Wohnung nach dem Tod des Nutzers automatisch an die GmbH zurück. Die Erben bekommen den Rest des einbezahlten Betrages anteilig zurück.
Das Modell, so Pfanner, sei vor allem für Senioren interessant, die eine eigene Immobilie besitzen. Es soll auch ein Anreiz für sie sein, ein vorhandenes Haus an junge Familien zu veräußern und zwar möglichst an Einheimische.
Bei der Vergabe des Wohnrechts denkt die Gemeinde vor allem an die hochwertigen Wohneinheiten in den oberen Stockwerken, die Blick zum Bodensee bieten werden. Daneben wird die GmbH auch Wohnungen „zu einem vernünftigen Mietpreis für Bürger aus dem Ort“(Pfanner) anbieten. Entstehen wird auch geförderter Wohnraum mit entsprechend günstigen Mieten und eventuell auch Personalwohnungen für Beschäftigte im St. Vinzenz. Das Scheidegger Seniorenheim ist die letzte kommunal betriebene Einrichtung dieser Art im Westallgäu. Personalwohnungen, so die Überlegung, könnten Vorteile bei der Suche nach Beschäftigten sein.
Begleitet wurde die Gemeinde seit den ersten Überlegungen vom Verband Bayerischer Wohnbauunternehmen – dort finden sich Unternehmen mit wenigen bis zu einigen Tausend Wohneinheiten. Auch dank der intensiven Vorbereitung ging die Gründung der GmbH im Gemeinderat geräuschlos über die Bühne. Das Gremium stimmte dem Gesellschaftsvertrag nach wenigen Detailfragen einstimmig zu.
Unternehmensziel: Laut Gellschaftsvertrag ist der Zweck der GmbH eine „sichere, ökologische, nachhaltige und sozial verantwortbare Wohnungsversorgung von breiten Schichten der Bevölkerung zu gesamtwirtschaftlich vertretbaren Bedingungen und die Übernahme damit zusammenhängender wirtschaftlicher Aufgaben der Gesellschaft.“Im Klartext: Die Gesellschaft baut Wohnungen und vermietet zu günstigen Konditionen.
Aufsichtsrat: Dort führt der jeweilige Scheidegger Bürgermeister den Vorsitz, aktuell also Uli Pfanner. Im Gremium vertreten sind zudem acht Gemeinderätinnen und -räte. Die Fraktionen haben folgende Mitglieder bestimmt: Christoph Brinz, Ralf Arnold, Katrin Hatt (alle CSU), Richard Eberl, Fabian Schorer, Christian Reith (alle Freie Wähler), Rosemarie Nenning-Rupp (Grüne) und Jürgen Philipp (SPD).
Kapital: Die Stammeinlage beträgt 250 000 Euro, eingeschlossen ist das Stammkapital von 100 000 Euro. Die Mittel stellt die Gemeinde.
Gesellschafter: Die Gemeinde ist einziger Gesellschafter. Bürgermeister Uli Pfanner ist einziger Vertreter in der Gesellschafterversammlung. Genauso ist es auch in der Seniorenbetreuungs gGmbH für das Seniorenheim St. Vinzenz
Geschäftsführer: Er wird jeweils für höchstens fünf Jahre bestellt, wiederholte Bestellungen sind möglich. Erster Geschäftsführer ist Alexander Mayer, der auch Chef der Lindauer GWG ist. (pem)