Ein Nulltarif ist Illusion
Neidisch blicken Freunde von Bus und Bahn in die Nachbarländer Schweiz, Österreich oder auch die Niederlande, wo der öffentliche Verkehr so viel besser funktioniert als hierzulande. Zuletzt wurde das neue Klimaticket in Österreich zum Verkaufsschlager: Für gut 1000 Euro im Jahr kann man unbegrenzt im ganzen Land unterwegs sein. Vorbild war Wien, wo es schon länger ein 365-Euro-Ticket für den öffentlichen Nahverkehr gibt.
Das Beispiel Wien zeigt aber auch den Unterschied zu Deutschland auf. Die Stadt hat jahrelang stark in den Ausbau seines Nahverkehrssystems investiert. Es gibt eine Art U-BahnSteuer für Unternehmen, die damit für ihre gute Verkehrsanbindung zur Kasse gebeten werden. Kostenfreie Parkplätze findet man dort schon lange nicht mehr. Auch die Schweiz hat vor allem deswegen ein so beneidenswert gutes Angebot, weil der Staat bereit ist, Steuermilliarden dafür bereitzustellen.
Öffentlichen Nahverkehr zum Nulltarif gibt es eben nicht: Werden die Tickets günstiger, müssen die Nahverkehrsunternehmen ihr Geld auf andere Weise bekommen. Aus dem allgemeinen Steuersäckel, oder indem die Autofahrer zur Kasse gebeten werden. Das kann man machen – wenn man sich denn traut, sich mit den entsprechenden Lobbygruppen anzulegen. Die anstehenden Diskussionen auf lokaler Ebene über die in Baden-Württemberg geplanten Mobilitätspässe werden in dieser Hinsicht spannend.
Erst ein gut ausgebautes, vertaktetes Angebot würde eine VerkehrsFlatrate sinnvoll machen. Österreich und die Schweiz haben ihre Hausaufgaben gemacht – Deutschland noch nicht. Warum sollte ein Pendler im ländlichen Oberschwaben ein Pauschalangebot interessant finden, wenn der Busverkehr vor allem auf die Schulzeiten abgestimmt ist? Die Mobilitätsgarantie, die das Land plant, weist in die richtige Richtung, auch wenn viele Detailfragen noch offen sind. Klar ist: Das Land braucht mehr Busse und mehr Bahnen. Und wenn ein attraktives Angebot steht, dann kann man gern auch über stärker rabattierte Aboangebote reden.