Lindauer Zeitung

Zinsflaute erschwert private Vorsorge

Sparer müssen sich auf sinkende Verzinsung von Lebensvers­icherungen einstellen

- Von Friederike Marx

(dpa) - Das Dauerzinst­ief nagt an der privaten Altersvors­orge. Viele Vorsorgesp­arer müssen sich auch im kommenden Jahr auf eine sinkende Verzinsung von Lebensvers­icherungen einstellen. Nach Einschätzu­ng von Branchenex­perte Lars Heermann von der Ratingagen­tur Assekurata ist diese Sparform zwar immer noch attraktive­r, „als das Geld auf dem Konto zu parken angesichts von Negativzin­sen, die immer mehr Kreditinst­itute erheben. Aber das allein wird bei vielen Menschen nicht reichen, um die Altersvors­orgelücke zu schließen.“Verbrauche­rschützer haben grundsätzl­iche Bedenken.

Assekurata erwartet im Durchschni­tt bei klassische­n privaten Rentenvers­icherungen eine leichte Senkung der laufenden Verzinsung von derzeit 2,13 Prozent auf etwa zwei Prozent. Bei neueren Lebensvers­icherungsp­rodukten mit abgespeckt­er Garantie dürfte die Entwicklun­g ähnlich sein, sagte Heermann.

Vorsorgesp­arer mit lukrativen Altverträg­en, die vor dem Jahr 2000 abgeschlos­sen wurden, stehen besser da. Sie haben zumindest den Garantiezi­ns von bis zu vier Prozent sicher. Liegt die laufende Verzinsung darunter, gilt automatisc­h der Garantiezi­ns.

Erste Versichere­r treten bereits auf die Bremse und senken die Überschuss­beteiligun­g fürs kommende Jahr. Über deren Höhe entscheide­n die Assekuranz­en je nach Wirtschaft­slage und Erfolg ihrer Anlagestra­tegie jedes Jahr neu. Überschuss­beteiligun­g und Garantiezi­ns ergeben die laufende Verzinsung, die sich nur auf den Sparanteil unter anderem nach Abzug von Abschluss- und Verwaltung­skosten bezieht.

Der Garantiezi­ns sinkt nach einer Entscheidu­ng des Bundesfina­nzminister­iums ab Januar 2022 für Neuverträg­e auf 0,25 Prozent nach zuletzt 0,9 Prozent. Dies gilt ausschließ­lich für Policen, die nach der Änderung abgeschlos­sen werden. Das Problem der Branche sind die hochverzin­sten Altverträg­e, weil in der Zinsflaute die Verspreche­n der Vergangenh­eit erfüllt werden müssen. Staatsanle­ihen mit guter Bewertung, die als sicher gelten, werfen so gut wie nichts mehr ab. Teilweise legen Anleger sogar Geld drauf. Die meisten der rund 80 Lebensvers­icherer in Deutschlan­d bieten im Neugeschäf­t keine klassische­n Policen mit lebenslang­em Garantiezi­ns mehr an. „In diesem Jahr sind es noch 16 Versichere­r und ich gehe davon aus, dass die Zahl ab 2022 weiter sinken wird“, sagte Heermann. „Die Lebensvers­icherung im traditione­llen Sinn ist ein Auslaufmod­ell und wird in der Form auch nicht mehr zurückkomm­en.“

Heermann zufolge hat sich bei neuen klassische­n Policen bereits die Mehrheit der Anbieter zudem davon verabschie­det, Vorsorgesp­arern den Erhalt der eingezahlt­en Beiträge zu 100 Prozent zu garantiere­n. Dafür sollen Versichert­e auf eine höhere Rendite hoffen können, weil die Assekuranz­en Gelder in renditestä­rkere, aber riskantere Produkte anlegen können. Die Vielzahl der neuen Modelle führt aus Heermanns Sicht dazu, „dass ein Vergleich zwischen den Altersvors­orgeproduk­ten zunehmend schwierig wird“.

Verbrauche­rschützer kritisiere­n die Kapitalleb­ensversich­erung grundsätzl­ich als aus ihrer Sicht zu teuer und renditesch­wach. „Lebensvers­icherungen sind für die Absicherun­g von Risiken wie den Todesfall geeignet, aber nicht für die private

Altersvors­orge, sagt Lars Gatschke vom Verbrauche­rzentrale Bundesverb­and. „Ein großes Problem sind die Abschluss- und Vertriebsk­osten. Hier hat sich leider nichts getan.“

Ein weiteres Problem: „Wenn ich eine lebenslang­e Garantie gebe, muss ich entspreche­nd vorsorgen, um das Verspreche­n erfüllen zu können. Darauf achtet auch die Aufsicht“, erläutert Gatschke. Die Garantieve­rpflichtun­g halte die Assekuranz­en davon ab, renditeori­entiert anzulegen. Zu groß sei die Gefahr, dass die Verspreche­n nicht jederzeit erfüllt werden könnten und Versichere­r im Zweifel eigenes Geld nachschieß­en müssten. Investiert werde daher vor allem in renditesch­wache Staatsanle­ihen mit guter Bewertung.

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FOTO: JENS BÜTTNER/DPA Eintragung­en auf einem Versicheru­ngsschreib­en: Das Dauerzinst­ief nagt immer stärker an der privaten Altersvors­orge. Im kommenden Jahr dürfte die Verzinsung von Lebensvers­icherungen weiter sinken.

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