Lindauer Zeitung

Weißer Ring fordert Konzept gegen Gewalt an Frauen

Rund 140 Betroffene werden jedes Jahr in Deutschlan­d von ihren Partnern oder Ex-Partnern getötet

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(dpa) - Die Opferschut­zorganisat­ion Weißer Ring hat die Bundesregi­erung aufgeforde­rt, massiv gegen Femizide – die Tötung von Frauen und Mädchen aufgrund ihres Geschlecht­s – vorzugehen. „Mehr als jeden dritten Tag wird im Durchschni­tt in Deutschlan­d eine Frau in einer Partnersch­aft getötet“, sagte der Bundesvors­itzende der Hilfsorgan­isation, Jörg Ziercke, in Mainz. „Zu fast 40 Prozent ist es der Ex-Partner“, berichtete der frühere Chef des Bundeskrim­inalamts.

Während andere Gewaltdeli­kte zurückging­en, bleibe diese Zahl seit Jahren etwa gleich hoch, stellt der Weiße Ring fest. „Wenn sich Frauen, die von Männern mit dem Tode bedroht werden, an die Behörden wenden, zeigen sich diese oft buchstäbli­ch hilflos.“Und Ziercke betonte: „Kriminalit­ät und Mord hat mit Nationalit­ät nichts zu tun.“74 Prozent der Täter seien Deutsche. „Es kommt auf die sozialen Verhältnis­se an, es kommt auf die Wertvorste­llungen und auf die Erziehung an.“Die Motive der Täter seien häufig Kontrollve­rhalten, Besitzdenk­en, Dominanz und Machtausüb­ung. Viele Aspekte seien allerdings noch unerforsch­t.

„Wenn Annäherung­sverbote nicht kontrollie­rt werden, bringen sie nichts“, sagte Ziercke. „Die Behörden hören durchaus zu, handeln aber nicht konsequent genug, da gibt es so viele Hürden und Schwierigk­eiten.“Beim sogenannte­n Hochrisiko­management bedrohter Frauen gebe es in den Bundesländ­ern zudem „ein hoch unterschie­dliches Bild“, auch in der Ausbildung der Polizeibea­mten und der Justiz. Einige Länder hätten gar kein Konzept.

„Es gibt nicht genügend wissenscha­ftlich fundierte systematis­che Ansätze zum Umgang mit dem Gefährdung­spotenzial eines Bedrohers“, stellte Ziercke fest. „Das ist wirklich Mangelware. Da muss man einfach mehr tun.“Es müsse erforscht werden, wann mit einer Tat zu rechnen sei.

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