Lindauer Zeitung

Wandel auf der Rodelpiste

Statt einfach am nächsten Hügel wird immer öfter auf präpariert­en Hängen gerodelt

- Von Marina Kraut

- Rodelschli­ttenfahren ist bei vielen Allgäuern beliebt. Statt am hügeligen Berg wird heute aber mehr auf präpariert­en Hängen gerodelt. Auch die Schlitten haben sich über die Jahre verändert.

„Früher war die Rodlerei ganz anders“, sagt Rudolf Finkel. Er muss es wissen, schließlic­h baut er seit vielen Jahren Schlitten – und das bereits in dritter Generation. Weil sich das Rodeln zunehmend von buckeligen Hügeln in den Dörfern auf präpariert­e öffentlich­e Pisten verlagert, baut der 78-jährige Bad Hindelange­r seine Schlitten heute anders als früher. „Der Schlitten ist breiter“, sagt Finkel. So kippe das Gefährt nicht, sondern bleibe auf der Spur liegen.

Auf den Schlitten zieht es nicht nur Kinder. Familien, Freunde und richtige Rennrodler haben Spaß auf der Strecke. „Die Leute sind schon immer gerne gerodelt“, sagt Erik Siemen von der Allgäu GmbH. Und wenn Urlauber im Allgäu zu Gast sind, dann sei Rodeln häufig ein fester Bestandtei­l der Planung. Einen Trend gebe es aber nicht. Nur hätten die Rodler früher wohl eher akzeptiert, dass man zuerst den Berg hinauf laufen muss, bevor bergab gefahren werden kann, sagt Siemen. Dies sei ein Grund, wieso sich die Nachfrage auf präpariert­e Rodelstrec­ken mit Liftbetrie­b verlagert.

Ein anderer Grund, erklärt der Winterbeau­ftragte, seien Haftungsun­d Versicheru­ngsgründe. Denn bieten Skigebiete Rodelstrec­ken an, sind auch sie es, die für die „Verkehrssi­cherheit zuständig sind“. Preist eine Gemeinde inoffiziel­le Hügel zum Rodeln an, kann sich die Haftung auf die Kommune verlagern oder die Sicherheit muss von ihr übernommen werden. Beispielsw­eise

müssen Bäume auf der SchlittenS­trecke entfernt werden.

Offizielle Strecken gibt es unter anderem am Nebelhorn in Oberstdorf oder an der Hornbahn in Bad Hindelang. Rodelberge ohne Lift finden sich beispielsw­eise im Gunzesried­er Tal, an der Gaisalpe oder der Alpe Unterjoch. Vielerorts können auch Schlitten geliehen werden – wie im Ostallgäue­r Pfronten am Breitenber­g. Bequem geht es dort mit der Bahn nach oben, wo die Gefährte warten.

Sechs Kilometer weit fahren die Winterspor­tler dann bergab. Unten angekommen, bringt seit dem Winter

2017 ein Shuttlebus die Rodler zurück zur Talstation am Breitenber­g. Dieser Bus bietet extra genügend Platz für Sportler mit Rodel, erklärt Julian Knacker von „Pfronten Tourismus“.

Im Gelände fährt es sich laut Schlittenb­auer Finkel am besten mit einem klassische­n Schlitten. In seiner Werkstatt in Bad Hindelang baut der gelernte Wagner zusätzlich auch Hörnerschl­itten. Bei den Rennschlit­ten sei aber Vorsicht geboten: Weil diese recht schnell werden können, steige die Verletzung­sgefahr.

Die Arbeit des Schlittenb­auers ist aufwendig. „Das ist Maßarbeit von

Anfang an. Man muss sehr genau schaffen.“Finkel hat das Gefühl, dass seine Kunden insgesamt wieder mehr Wert auf Handwerk legen. Eine Zeit lang hätten von der Industrie gefertigte Schlitten die handgemach­ten „etwas verdrängt“. „Das ist in den vergangene­n Jahren wieder besser geworden“, sagt Finkel. Die Nachfrage steige. „Es freut mich immer zu hören, wenn Leute meine Arbeit schätzen.“Der 78-Jährige will deshalb mit dem Bau weitermach­en, „solang ich kann“. Gerodelt wird am besten alleine oder auch mit einem Kind auf dem Schlitten, sagt Finkel. „Sonst ist das Gewicht zu schwer.“

 ?? FOTO: MATTHIAS BECKER ?? Auch am Imberg im Oberallgäu können Jung und Alt auf einem Schlitten bergab sausen.
FOTO: MATTHIAS BECKER Auch am Imberg im Oberallgäu können Jung und Alt auf einem Schlitten bergab sausen.

Newspapers in German

Newspapers from Germany