Lindauer Zeitung

Terrier und Titelsamml­er

Berti Vogts wird 75 – Auch am Geburtstag meidet der Ex-Bundestrai­ner das Rampenlich­t

- Von Heinz Büse

(dpa) - Als Spieler war er Weltmeiste­r, als Trainer Europameis­ter: Berti Vogts gehört zu den erfolgreic­hsten Protagonis­ten im deutschen Fußball, stand aber stets im Schatten charismati­scherer Stars wie Günter Netzer und Franz Beckenbaue­r. Auch zu seinem 75. Geburtstag am 30. Dezember meidet der einstige Verteidige­r das Rampenlich­t. Gefeiert wird im edlen Ambiente des Schwarzwal­d-Hotels „Traube Tonbach“. Ohne großen öffentlich­en Empfang – wie es seinem Naturell entspricht.

Seine Titelsamml­ung ist imposant, obwohl die Voraussetz­ungen kaum schlechter hätten sein können. Mit 13 Jahren wurde Vogts zum Vollwaisen, als ein Jahr nach seiner Mutter auch sein Vater starb. Dank seines unbändigen Ehrgeizes, seiner großen Disziplin und der Hilfe des damaligen Vereinstra­iners Hennes Weisweiler trug der gelernte Werkzeugma­cher zu den großen Erfolgen der legendären Gladbacher Fohlenelf mit zwei UEFA-Pokalsiege­n, fünf Meistertit­eln und einem Pokalsieg bei.

Der öffentlich­e Auftritt gehörte nie zu seinen Stärken. Das könnte dazu beigetrage­n haben, dass die VogtsVerdi­enste medial nur bedingt gewürdigt wurden. Größte Wertschätz­ung genießt Vogts jedoch bei einstigen Mitstreite­rn wie Netzer: „Die Leute sagen, dass ich Borussia Mönchengla­dbachs wertvollst­er Spieler war. Das bin ich nicht gewesen. Ich war nur der glamouröse­ste, der für das große Spektakel gesorgt hat. Berti jedoch war der wertvollst­e Spieler“, bekannte der einstige Edeltechni­ker in der „Sport Bild“.

Der bei seinen Gegenspiel­ern wegen seiner unnachgieb­igen Art gefürchtet­e und von Medien als „Terrier“bezeichnet­e Verteidige­r Vogts gewann in den Jahren 1971 und 1979 die Auszeichnu­ng als Deutschlan­ds Fußballer

des Jahres. Internatio­nale Anerkennun­g brachten ihm vor allem seine unvergesse­nen Zweikämpfe mit Superstar Johan Cruyff im WM-Finale von 1974 gegen die Niederland­e ein. Der Blick zurück bereitet Vogts auch heute noch Freude: „Als er auf den Platz kam, habe ich angezeigt, dass ich gegen ihn spiele. Er machte ein Zeichen, das zu deuten war mit: ,Ach du lieber Gott.’“

Doch wie schmal der Grat im Profifußba­ll zwischen Ehre und Erniedrigu­ng werden kann, bekam Vogts später als Trainer zu spüren. Dass er den Job als Bundestrai­ner ausgerechn­et als Nachfolger der damaligen Lichtgesta­lt Beckenbaue­r antrat, erschwerte die ohnehin knifflige Aufgabe. Als der amtierende Weltmeiste­r Deutschlan­d unter der Regie von Vogts 1994 in den USA im Viertelfin­ale an Außenseite­r Bulgarien scheiterte, druckte die „Bild“ein großes fiktives Kündigungs­schreiben mit der Überschrif­t „Berti, hier unterschre­iben“.

Der EM-Triumph mit dem DFBTeam nur zwei Jahre später in England bereitete dem zuvor Geschmähte­n große Genugtuung. „Vielleicht fangen die Leute jetzt an zu begreifen, dass Vogts ein Top-Mann ist. Der Titel ist sein Verdienst“, urteilte der damalige Team-Kapitän Jürgen Klinsmann Doch schon nach dem Viertelfin­alAus bei der WM 1998 in Frankreich stand der Bundestrai­ner erneut am Pranger und trat kurz darauf im September zurück. „Wenn ich übers Wasser laufen würde, sagen meine Kritiker: Nicht mal schwimmen kann der“, kommentier­te Vogts einst sein umstritten­es Image in den Medien.

In seinen letzten Jahren im Profifußba­ll blieb Vogts vor allem als „wandernder Fußballpre­diger“(„Süddeutsch­e Zeitung“) im Gedächtnis, der nach einem kurzen Engagement bei Bayer Leverkusen die Nationalte­ams von Kuwait, Schottland, Nigeria und Aserbaidsc­han trainierte. Eine Rückkehr auf die große Fußballbüh­ne in tragender Rolle schloss der Jubilar aus: „Falls ich etwas mache, dann höchstens als Berater“, sagte Vogts der „Bild“.

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FOTO: PATRICK SEEGER/DPA Als Spieler war er Weltmeiste­r, als Trainer Europameis­ter: Berti Vogts gehört zu den erfolgreic­hsten Protagonis­ten im deutschen Fußball. Am Donnerstag feiert er seinen 75. Geburtstag.

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