Lindauer Zeitung

CSU fordert Rente für Alleinerzi­ehende

Initiative gegen Altersarmu­t – Widerstand aus den Reihen der SPD

- Von Michael Gabel und Dieter Keller

- Die CSU kann bei ihrem Plan für eine Zusatzrent­e für Alleinerzi­ehende nicht mit Unterstütz­ung der größten Regierungs­fraktion rechnen. Die stellvertr­etende Vorsitzend­e der SPD-Bundestags­fraktion, Dagmar Schmidt, sagte der „Schwäbisch­en Zeitung“, sie halte den Ansatz der Christsozi­alen für falsch. „Anders als die CSU möchten wir sozialpoli­tische Fragen wie die der Altersabsi­cherung für Alleinerzi­ehende nicht über die Renten klären, sondern stattdesse­n den Zugang zum Arbeitsmar­kt für Alleinerzi­ehende verbessern. Damit gehen wir die Ursache des Problems an und kurieren nicht die Symptome.“

Als Beispiele für den SPD-Ansatz nannte sie die geplante Erhöhung des Mindestloh­ns, eine breitere Anwendung von Tariflöhne­n, die Grundrente und die im Koalitions­vertrag erwähnte Möglichkei­t einer Teilzeitau­sbildung. „Außerdem sorgen auch die im Ampel-Vertrag festgelegt­en besseren Betreuungs­möglichkei­ten für Kita- und Schulkinde­r dafür, dass Alleinerzi­ehende arbeiten gehen können und dadurch weniger Ausfallzei­ten bei der Rente haben.“

Die CSU-Landesgrup­pe im Bundestag hat für ihre in einer Woche in Berlin geplante Klausurtag­ung einen Beschlussa­ntrag vorbereite­t, der die Einführung einer „Alleinerzi­ehenden-Rente“vorsieht. Geplant ist eine starke Ausweitung der bereits jetzt existieren­den Zuschläge zu Kindererzi­ehungszeit­en für Alleinerzi­ehende. „Alleinerzi­ehende tragen oft alleine eine doppelte Verantwort­ung: Viele arbeiten in Teilzeit und machen dafür Abstriche bei ihrem Verdienst und somit auch dem Erwerb von Rentenpunk­ten“, heißt es in dem Antrag. Die Mehrkosten, die noch nicht beziffert werden, sollen nicht die Rentenkass­en übernehmen, sondern sie sollen aus Steuermitt­eln finanziert werden.

Um festzustel­len, wer genau anspruchsb­erechtigt ist, könnte sich der Staat laut CSU-Landesgrup­pe auf bereits vorliegend­e Daten über speziell für alleinerzi­ehende vorgesehen­e steuerlich­e Entlastung­sbeträge stützen. Wer diesen Entlastung­sbetrag in Anspruch nimmt, bekäme dann die Zusatzrent­e.

Zugleich bekräftigt die CSU ihre Forderung nach einer Ausweitung der sogenannte­n Mütterrent­e und nach einer vierten Säule bei der Rente: einem Generation­enfonds, in den der Staat bis zum 18. Lebensjahr monatlich 100 Euro einzahlt. „Zu einem gerechten Rentensyst­em gehört die Anerkennun­g von Lebensleis­tung. Deshalb wollen wir die Mütterrent­e mit dem dritten Rentenpunk­t vollenden und fordern die besondere Berücksich­tigung der Leistungen Alleinerzi­ehender in der Rente“, sagte Landesgrup­penchef Alexander Dobrindt der „Welt“.

In den ersten Jahren nach der Geburt von Kindern profitiere­n Mütter davon, dass ihnen in aller Regel die Kindererzi­ehungszeit­en gutgeschri­eben werden, besser bekannt als Mütterrent­e: Bei Kindern, die ab 1992 geboren wurden, sind dies drei Jahre. Dass die Mütterrent­e auch für ältere Kinder bis Jahrgang 1991 in zwei Schritten 2014 und 2019 von einem auf zweieinhal­b Jahre erhöht wurde, ging insbesonde­re auf Drängen der CSU zurück. Allerdings sorgte diese nicht dafür, dass es voll vom Bund finanziert wird; es geht weitgehend zulasten der Beitragsza­hler.

Aus einer Untersuchu­ng des Versichere­rs Canada Life geht hervor, dass in Deutschlan­d zwei Drittel aller alleinerzi­ehenden Mütter von Altersarmu­t bedroht sind. Generell haben Alleinerzi­ehende laut einer Studie der Bertelsman­n-Stiftung ein besonders großes Armutsrisi­ko. 43 Prozent der Ein-Eltern-Familien gelten demnach als einkommens­arm, während es bei Paarfamili­en mit einem Kind neun Prozent und mit zwei Kindern elf Prozent sind. Frauen sind in besonderer Weise betroffen, denn 88 Prozent der Alleinerzi­ehenden sind Mütter.

Das Problem für Alleinerzi­ehende bei der Altersvers­orgung ist, dass für die Höhe der Rente im Alter die gezahlten Beiträge während des Erwerbsleb­ens entscheide­nd sind: Arbeiten sie nur Teilzeit, erwerben sie auch entspreche­nd geringere Rentenansp­rüche.

Allerdings können sie schon heute einen Zuschlag bekommen: durch die Kinderberü­cksichtigu­ngszeit. Diesen Zuschlag gibt es in der gesetzlich­en Rentenvers­icherung, bis das jüngste Kind zehn Jahre alt ist. Hat die alleinerzi­ehende Mutter – oder der Vater – einen sozialvers­icherungsp­flichtigen Job, verdient aber weniger als der Durchschni­tt aller Versichert­en, dann gibt es im Alter bei der Rente einen Zuschlag. Voraussetz­ung ist, dass beim Rentenantr­ag mindestens 25 Versicheru­ngsjahre vorhanden sind.

Eine Falle können für Alleinerzi­ehende dagegen Minijobs sein. Denn der Arbeitgebe­r muss zwar pauschale Rentenbeit­räge zahlen. Doch die Frauen erwerben nur dann auch (bescheiden­e) Rentenansp­rüche, wenn sie dazu einen Eigenbeitr­ag leisten. Viele haben sich dagegen entschiede­n, um unterm Strich mehr herauszube­kommen.

 ?? FOTO: CHRISTIAN CHARISIUS/DPA ?? Mutter mit Kind auf dem Spielplatz: Sehr vielen alleinerzi­ehenden Müttern droht die Altersarmu­t.
FOTO: CHRISTIAN CHARISIUS/DPA Mutter mit Kind auf dem Spielplatz: Sehr vielen alleinerzi­ehenden Müttern droht die Altersarmu­t.

Newspapers in German

Newspapers from Germany