Geburtshilfe in Lindau kann nur dank Zuschüssen arbeiten
Freistaat und Landkreis zahlen über eine Million Euro für die defizitäre Station – Zuschuss ist an bestimmte Kriterien geknüpft
- Auch wenn in Lindau wieder mehr Babys auf die Welt kommen: Geburten und die Betreuung der Mütter kosten Geld. Gerade kleine Geburtshilfestationen können nicht kostendeckend arbeiten. Deshalb wird die Klinik in Lindau vom Freistaat Bayern und dem Landkreis jedes Jahr mit einem Zuschuss in Millionenhöhe unterstützt.
In der Lindauer Geburtshilfe werden die werdenden Mütter vor, während und nach der Geburt von einem Team aus Hebammen, Ärzten und Pflegern begleitet und versorgt. Das Team sei immer vor Ort, um die Sicherheit für Mutter und Kind zu gewährleisten, erläutert Christopher Horn, Sprecher der Asklepios-Kliniken Lindau. Jeder werdenden Mutter stehe zudem eine Hebamme zur Seite. „Eine individuelle und familienorientierte Geburtsbegleitung hat dabei oberste Priorität. Die werdenden Mütter können kurzstationär entbinden oder sich noch einige Tage nach der Geburt auf der Wochenstation erholen“, sagt er.
Dieses Jahr hat die Klinik in die
Geburtshilfe investiert. Nun gibt es in Lindau drei neue, moderne Kreißsäle. „Durch die neue Gebär- und Entspannungswanne können wir auf alle Wünsche der werdenden Mütter eingehen und ihnen eine individuelle und familienfreundliche Geburtsbegleitung anbieten“, erläutert Horn. Trotz steigender Geburtenzahlen lasse die Geburtshilfe nicht nicht kostendeckend betreiben. Das Defizit übersteigt jährlich eine Million Euro. 2019 fehlten 1,19 Millionen Euro, 2020 war es ein Minus von 1,39 Millionen Euro.
Als Ursache dafür nennt Horn das Abrechnungs- und Vergütungssystem für Geburten und Geburtenstationen in Deutschland. „Die Vorhaltungskosten und die Personalkosten sind in einer Geburtshilfe so hoch, dass sich eine kleine Klinik mit weniger als etwa 1200 Geburten pro Jahr aus dem DRGSystem nicht refinanzieren kann“, erläutert Horn. DRG steht für den englischen Begriff „diagnosis-related groups“. Dabei handelt es sich um ein ein pauschalisierendes Abrechnungssystem. Stationäre Krankenhausbehandlungen werden dabei weitestgehend unabhängig von der Verweildauer des Patienten über Fallpauschalen abgerechnet . „Die DRGs sind in der Geburtshilfe von Seiten der Krankenkassen leider ohnehin schon extrem niedrig angesetzt“, sagt Horn.
Hinzu komme, dass die Qualitätsanforderungen und der Bedarf an
Christopher Horn von Asklepios erklärt, wie es zum Minus bei der
Geburtsstation kommt.
Personal gerade in der Geburtshilfe besonders hoch sind, weil bei der Versorgung viele Vorgaben zu beachten sind. „Aus diesem Grund ist es für die meisten Geburtshilfestationen, insbesondere die kleineren Abteilungen mit unter 1200 Geburten im Jahr, leider nicht möglich, kostendeckend zu arbeiten“, sagt Horn.
Deshalb unterstützt der Freistaat Bayern kleine Geburtshilfestationen, die sich meist im ländlichen Raum befinden und in denen pro Jahr zwischen 300 und 800 Babys geboren werden. Die Mittel sind laut einer Pressemitteilung des Lindauer Landratsamts zweckgebunden. Sie dürfen nur eingesetzt werden, um das Defizit einer Abteilung Gynäkologie und Geburtshilfe auszugleichen. Die Höchstsumme pro Jahr beläuft sich auf eine Million Euro. Voraussetzung ist, dass das jeweilige Krankenhaus mindestens die Hälfte der Geburten in der Kommune abgedeckt hat.
Dieses Jahr beläuft sich die Fördersumme für die Lindauer Geburtshilfe auf insgesamt 1,17 Millionen Euro. Den Hauptteil in Höhe von einer Million Euro finanziert der Freistaat. Knapp 180 000 Euro – und damit 15 Prozent der Fördersumme – gibt der Landkreis dazu. „Eine gute medizinische Versorgung vor Ort halte ich für absolut wichtig und darum freue ich mich sehr über diese Unterstützung des Freistaats“, wird Landrat Elmar Stegmann in einer Pressemitteilung des Landratsamtes zitiert.
Die Zahl der Geburten in Lindau steigt: 2019 wurden in der Klinik 388 Kinder geboren, 2020 waren es 401 Geburten, 2021 waren es Stand 29. Dezember 471 Babys. Der Landkreis Lindau erhält diese Förderung durch den Freistaat nun schon zum dritten Mal: Im Jahr 2019 waren dies 56 000 Euro und 2020 bereits einmal der Förderhöchstbetrag von einer Million Euro.