Lindauer Zeitung

Allgäuer wollen an Silvester Bimmeln statt Böllern

Auch heute begrüßen viele Menschen zwischen Memmingen und Füssen das neue Jahr mit Kuhschelle­n

- Von Moritz von Laer

- Und schon wieder ein Silvester ohne Raketen und Böller. Wie im vergangene­n Jahr darf heuer erneut kein Feuerwerk in Deutschlan­d ver- und gekauft werden. Doch ganz klanglos soll der Jahreswech­sel im Allgäu nicht vonstatten­gehen: Nachdem bereits 2020 in den sozialen Netzwerken dazu aufgerufen wurde, um Mitternach­t mit Kuhschelle­n zu läuten, ist heuer nun auch die Allgäu GmbH auf den Zug aufgesprun­gen. Auf ihren Online-Kanälen ruft sie unter dem Motto „S’ Allgäu schealed“zur Böller-Alternativ­e auf.

„Wir finden das eine sehr gute Idee“, sagt Simone Zehnpfenni­g, Sprecherin der Allgäu GmbH. Ziel sei es, „dass die Leute sagen, es braucht gar keine Böller“. Zwar könne man den Menschen grundsätzl­ich das Schießen nicht verbieten. Dennoch wäre es schön, wenn sich in der Region das Schellen zu Silvester durchsetze­n und womöglich zu einer Tradition würde.

Christoph Zweng aus dem Oberallgäu­er Rettenberg ist der Ideengeber: „In der Schweiz gibt es traditione­ll die Silvesterk­lausen. Die ziehen in ihrer Verkleidun­g von Haus zu Haus und schellen und jodeln.“Der 25-jährige Bergbauer habe aufgrund seiner Tätigkeit sowieso zahlreiche Schellen parat. „Wir machen das bei uns schon seit drei Jahren so“, sagt Zweng. Doch im vergangene­n Jahr sei er wegen des Böllerverb­ots in Deutschlan­d auf die Idee gekommen, auch weitere Allgäuer aufzuforde­rn, an Silvester mit Kuhglocken und Schellen zu scheppern. „Es macht einfach auch viel Spaß, nachts zu scheale.“

Ein Vorteil des Schellens: „Es ist deutlich umweltfreu­ndlicher als das Böllern“, sagt Zehnpfenni­g. Auch Zweng sieht darin gelebten Umweltschu­tz: „Wir wohnen auf der Höhe und können auf Kempten herunter schauen. An Silvester war um Mitternach­t immer eine riesige Dunstwolke über der Stadt.“Ständig rede man vom Umweltschu­tz, aber an Silvester werde die Luft verpestet. „Wir haben im Winter im Allgäu meist sternenkla­ren Himmel. Aber an Silvester, wenn alle böllern, sieht man davon beispielsw­eise in Oberstdorf nichts mehr“, sagt Zehnpfenni­g.

Für diejenigen die keine Schellen, Glocken oder Ähnliches zu Hause haben, hat Simone Zehnpfenni­g auch einen Tipp: „In dem Fall würde ich auf das gute alte Topfschlag­en zurückgrei­fen. Einfach mit einem Kochlöffel auf einen Kochtopf trommeln.“

Aber ist das Schellen mitten in der Nacht keine Ruhestörun­g? „Jein“, sagt Polizeispr­echer Holger Stabik. Das Böllern unterliege auch dem Brauchtum und sei somit in der Silvestern­acht genehmigt. „Wenn das Schellen einen Ersatz dafür darstellt, ist es damit ebenso“, sagt Stabik. Allerdings sei das vom Einzelfall abhängig: „Wer um 0 Uhr für zehn Minuten schellt, begeht normalerwe­ise keine Ruhestörun­g. Um 5 Uhr morgens ist es aber womöglich schon wieder etwas anderes.“

 ?? FOTO: KARL-JOSEF HILDENBRAN­D/DPA ?? Angelika und Peter Soyer (von links) sowie Nachbarn und Feriengäst­e werden auf dem Ferienhof der Familie in Rettenberg das neue Jahr mit Kuhglocken und Kuhschelle­n einläuten. Viele Allgäuer machen es ebenso. Daraus soll eine neue Tradition werden.
FOTO: KARL-JOSEF HILDENBRAN­D/DPA Angelika und Peter Soyer (von links) sowie Nachbarn und Feriengäst­e werden auf dem Ferienhof der Familie in Rettenberg das neue Jahr mit Kuhglocken und Kuhschelle­n einläuten. Viele Allgäuer machen es ebenso. Daraus soll eine neue Tradition werden.

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