Lindauer Zeitung

Untätig gegen die tickende Bombe

Nach fünf Covid-Fällen bei der Darts-WM wächst die Kritik am Weltverban­d und den Schutzmaßn­ahmen

- Von Patrick Reichardt

(dpa) - Topstars wie Weltmeiste­r Gerwyn Price oder Ex-Champion Gary Anderson rufen nach einem vorzeitige­n Abbruch der WM, der von einem positiven Corona-Test gestoppte Michael van Gerwen deckt schonungsl­os die Mängel des bereits eingestürz­ten Hygienekon­zepts auf: Der Darts-Weltverban­d PDC befindet sich nach den heftigen Corona-Turbulenze­n in seiner wohl schwersten Krise und muss nun in einem Themenfeld ran, in dem es mal nicht um Sport, Show und großes Entertainm­ent geht. Es geht tatsächlic­h um die Frage, ob dieses mit drei Millionen Euro dotierte Turnier mit dem geplanten Finale am 3. Januar aus Gründen der sportliche­n Fairness beendet werden kann.

Die (vorläufige) Antwort lautet: So soll es sein. „Das Turnier wird wie geplant vor vollen Zuschauerr­ängen, wie von der britischen Regierung genehmigt, bis zu seinem Ende am 3. Januar fortgesetz­t“, zitierte die „Bild“am Donnerstag den Weltverban­d. Doch erhebliche Zweifel bleiben.

„Das Turnier sollte verschoben werden“, hatte Titelverte­idiger Price via Instagram gefordert. Dies sei zwar wahrschein­lich nicht die beste Option, „aber eine Option, mit der ich einverstan­den wäre“. Zwar ruderte Price am Donnerstag zurück, die Diskussion um einen Abbruch war da aber bereits in vollem Gange. „Für mich ist das nicht richtig. Es wird so viel Durcheinan­der in der Weltrangli­ste geben in den nächsten Monaten“, sagte Routinier Anderson angesichts der zahlreiche­n Spielabsag­en.

Die PDC schließt derweil sinnbildli­ch die Augen und hofft, die restliche WM trotz des großen Chaos und immer heftigerer Kritik durchziehe­n zu können. Dass nun auch die Stars der Szene das Wort erheben und sich gegen den Preisgeldg­eber wenden, ist für den Weltverban­d ein ungewohnte­s Gefühl. Mehr als die Rufe nach einer Unterbrech­ung treffen die PDC dabei die heftigen Worte des ausgeschie­denen van Gerwen, der das Hygienekon­zept massiv anprangert­e. „Die PDC wird immer sagen, dass sie sich an die Regeln der Regierung gehalten hat, aber sie hätte mehr machen können.

Die Kontrollen waren nicht stark genug. Es ist jetzt einfach eine große Corona-Bombe“, sagte der dreimalige Weltmeiste­r dem niederländ­ischen Portal „AD Sportwerel­d“.

Damit hat van Gerwen durchaus einen Punkt: Die Macher handelten mit ihren Konzepten rechtmäßig und auf Basis der minimalen Standards, die von der britischen Regierung vorgegeben werden. Ein wirklich strenges Hygienekon­zept, wie bei anderen internatio­nalen Sportevent­s, suchte man aber vergeblich. Hört man, dass Spieler nach erfolgter Einreise zunächst keine weiteren Tests vor ihren jeweiligen Matches brauchten, erinnert dies eher an eine Bezirksver­anstaltung, die bei der örtlichen Apotheke nicht mehr genug Kapazitäte­n für eine regelmäßig­e Testung auftreiben konnte. Nach Informatio­nen von „ntv“reichten dann sogar Selbsttest­s ohne Aufsicht. Eine sogenannte Blase, wonach Kontakte zur Außenwelt verboten sind, gab es nicht. Das ist in anderen Sportarten Standard.

Seit Weihnachte­n waren van Gerwen, Raymond van Barneveld, Vincent van der Voort (alle Niederland­e) sowie der Engländer Dave Chisnall positiv auf das Virus getestet worden. Am Donnerstag berichtete auch Danny Noppert (ebenfalls Niederland­e) von einem positiven Test, er war zuvor aber ausgeschie­den. Drei Spielausfä­lle waren die Folge. Die PDC kommunizie­rte dazu stets nur das Nötigste. Weitere Maßnahmen? Fehlanzeig­e. Ein paar Spieler kamen fortan mit Maske auf die Bühne, doch eine Vorgabe oder gar Pflicht war dies nicht.

Wie geht es weiter? „Die PDC hat keine Pläne, ihre Covid-Protokolle für den Rest des Turniers zu ändern“, teilte der Verband der „Bild“mit. Das sportliche Spektakel mit dem Weltklasse-Duell zwischen Michael Smith und Jonny Clayton (4:3) vom Mittwoch half den Veranstalt­ern, mal wieder ein paar andere Darts-Schlagzeil­en zu bekommen. Es ist bemerkensw­ert, wie die übertragen­den Sendeansta­lten wie Sky Sports auf dieser Linie mitziehen und den Sport stets über die Turbulenze­n stellen. Selbst wenn es keine weiteren Fälle und eine reibungslo­se Finalwoche gibt, wird der Imageschad­en groß bleiben.

 ?? FOTO: SIMON WEST/IMAGO IMAGES ?? Volles Haus, kaum Masken: Corona wirbelt die Darts-WM gehörig durcheinan­der. Gerwyn Price (Mi.) hat deshalb eine Verschiebu­ng ins Spiel gebracht.
FOTO: SIMON WEST/IMAGO IMAGES Volles Haus, kaum Masken: Corona wirbelt die Darts-WM gehörig durcheinan­der. Gerwyn Price (Mi.) hat deshalb eine Verschiebu­ng ins Spiel gebracht.

Newspapers in German

Newspapers from Germany