Lindauer Zeitung

Unter dem Korb eine Macht

Cristiano Felicio behebt eine große Ulmer Schwäche

- Von Thorsten Kern

- Cristiano Felicio ist nach mehreren Jahren in der nordamerik­anischen Profiliga NBA zu den Bundesliga-Basketball­ern von Ratiopharm Ulm gekommen. Manchmal fällt Profis, die in der besten Liga der Welt – wie sich die NBA selbst nennt – gespielt haben, der Umstieg auf den europäisch­en Basketball schwer. Bei Felicio lässt sich dagegen nach seinen ersten Monaten in Ulm sagen: Umstieg gelungen. Der 29-jährige Brasiliane­r ist an beiden Enden des Feldes extrem wertvoll für die Ulmer.

Das lässt sich an zwei Zahlen eindrucksv­oll ablesen. In der vergangene­n Saison stand die Mannschaft von Trainer Jaka Lakovic bei den Rebounds an letzter Stelle der Bundesliga. Nur 31,3 Rebounds pro Spiel griffen sich die Ulmer. In dieser Saison sind es bislang mehr als 37. Cristiano Felicio spielt dabei eine tragende Rolle. Fast zehn Rebounds schnappt sich der Brasiliane­r pro Partie, das ist absolut unangefoch­tener Ligaspitze­nwert. Chris Coffey vom Mitteldeut­schen Basketball-Club steht mit knapp acht Rebounds pro Spiel an zweiter Stelle. „Er ist vielleicht der stärkste Big Man der Liga, er ist beweglich, athletisch und talentiert“, sagt Trainer Lakovic.

Auch in der Offensive bringt der Brasiliane­r seine Leistung und macht mehr als zwölf Punkte pro Partie. „Er bringt uns pro Spiel ein Double-Double ein, damit hilft er uns sehr viel“, sagt Lakovic. „Wir sind sehr froh, ihn hier in Ulm zu haben.“

In der Bundesliga gibt es einen sogenannte­n Effektivit­ätswert. Er sagt vereinfach­t aus, wie viele Punkte, Rebounds, Steals und Assists ein Spieler mit welcher Trefferquo­te und wie vielen Ballverlus­ten macht. Felicio kommt dabei auf einen Wert von mehr als 19 – damit liegt er in dieser Statistik in der BBL auf Rang zwei. „Er weiß genau, wo er hin muss oder wo er stehen muss“, meint sein Trainer. Felicio hat damit großen Anteil am jüngsten Aufschwung der Ulmer. Viermal in Folge gab es zuletzt einen Sieg – die 86:88Heimnied­erlage am Donnerstag­abend gegen Göttingen konnte aber auch der 29-Jährige, der mit sechs Punkten und sechs Rebounds dieses Mal unter seinen Möglichkei­ten blieb, nicht verhindern.

Dennoch zeigt sich der 2,11 Meter große Center, der sechs Jahre lang für die Chicago Bulls spielte, mit der Entwicklun­g seiner Mannschaft zufrieden: „Wir haben nach einigen Niederlage­n zu Beginn der Saison einen Weg gefunden, besser zu spielen.“Dass er sich schnell an die europäisch­en Verhältnis­se gewöhnt hat, liegt für Felicio auch an seiner Zeit in der Heimat. „In der NBA ist das Spiel schneller und physischer“, sagt er. „In Deutschlan­d ist es kontrollie­rter, das hat mich an die Zeit in Brasilien erinnert. Dort wurde auch Basketball mit viel Struktur gespielt.“

Deshalb zieht es ihn auch nicht in die USA zurück – auch wenn gerade viele Teams in der NBA aufgrund zahlreiche­r Corona-Ausfälle Spieler nachverpfl­ichten. „Bei mir hat sich aber niemand gemeldet“, sagt Felicio. Das sei auch gar nicht nötig. „Ich fühle mich sehr wohl in Ulm.“

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FOTO: IMAGO IMAGES Cristiano Felicio

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