Ringen um Strategie bei Corona-Protesten
München untersagt Demo am Montagabend – Andere Kommunen erlauben Kundgebungen
(dpa) - Was tun, wenn Menschen zusammenkommen, um gegen die aktuelle Corona-Politik zu demonstrieren, obwohl die Behörden eigentlich Verbote und Verfügungen erlassen haben? Vor diese Frage ist die bayerische Polizei derzeit gestellt. Aber auch die Kommunen sind gefragt.
Die Ausgangslage: Sie nennen sich Spaziergänger, was nett und harmlos klingt. Das Problem: Oft halten sie sich nicht an die Abstandsregeln und tragen keine Masken. Oder missachten Versammlungsverbote oder -einschränkungen, die die Behörden ausgesprochen haben. Sie mobilisieren vorab in einschlägigen Chat-Gruppen. Auch gibt es immer wieder Ausschreitungen – wie etwa in München oder in Schweinfurt, wo ein Brandanschlag auf ein Zivilfahrzeug der Polizei verübt wurde.
Die Kommunen: Einige Städte reagieren mit Allgemeinverfügungen. Damit wollen sie Eskalationen im Zusammenhang mit den Protesten verhindern. Die Stadt München zum
Beispiel untersagt für den 3. und 5. Januar „alle stationären oder sich fortbewegenden Demos im Zusammenhang mit sogenannten ,Corona-Spaziergängen‘“, sofern gegen das Versammlungsgesetz verstoßen wird. Die Teilnahme an nicht angemeldeten und auflagenkonformen Demos gegen die Pandemiebekämpfung ist eine Ordnungswidrigkeit und wird polizeilich verfolgt. Gegen jeden Teilnehmer kann ein Bußgeld bis zu 3000 Euro verhängt werden. Andere Kommunen erlauben zwar Kundgebungen an einem festen Ort, aber eben keine Demo-Züge.
Die Polizei: In München zeigte die Polizei am vergangenen Mittwochabend deutliche Präsenz, als trotz eines geltenden Versammlungsverbots Gegner der aktuellen CoronaPolitik zusammengekommen waren. Mit Lautsprecherdurchsagen wurde den protestierenden Menschen die Teilnahme an nicht genehmigten Versammlungen vorgeworfen und ein Bußgeldverfahren in Aussicht gestellt. Die weitere Bilanz: 700 Ordnungswidrigkeitsanzeigen, zwei Strafen gegen mutmaßliche Organisatoren, Platzverweise für 1300 Menschen,
20 Strafanzeigen wegen Widerstands gegen die Polizei.
Eine andere Strategie wählte die Polizei in Nürnberg einen Tag später. Obwohl auch hier der Protestzug von mehr als 1000 Menschen nicht angemeldet war, ließ die Polizei die Demonstrantinnen und Demonstranten gewähren.
Die Teilnehmer: Das Feld ist diffus. Es handle sich um „eine relativ kleine Gruppe“, sagte der Soziologe
Armin Nassehi kürzlich im Bayerischen Rundfunk. Diese sehe lauter und größer aus, als sie eigentlich sei. Die Bewegung sei heterogen.
Doch die Aggressivität wächst. Innenminister Joachim Herrmann (CSU) führt das auch auf den Einfluss von Rechtsextremisten zurück. Zum einen habe die Diskussion über eine Impfpflicht neuen Schub in die „Querdenker“-Szene gebracht. Andererseits sei auch klar, dass immer mehr Rechtsextremisten versuchen würden, in diesen Bereich hineinzudrängen, sagte Herrmann kürzlich im WDR. Corona sei da möglicherweise zweitrangig: „Denen geht es darum, wirklich unsere Demokratie zu beschädigen, die Substanz unseres Staates anzugreifen.“
Protest gegen den Protest: Inzwischen regt sich auch Widerspruch aus der Bevölkerung gegen das Gebaren der Protestierenden. In Schweinfurt etwa ist kürzlich eine Erklärung veröffentlicht worden, in der dazu aufgerufen wird, die Maßnahmen zur Pandemie-Eindämmung zu unterstützen. Die katholische und die evangelische Kirche haben sich dem Aufruf angeschlossen.