Lindauer Zeitung

Ringen um Strategie bei Corona-Protesten

München untersagt Demo am Montagaben­d – Andere Kommunen erlauben Kundgebung­en

- Von Kathrin Zeilmann

(dpa) - Was tun, wenn Menschen zusammenko­mmen, um gegen die aktuelle Corona-Politik zu demonstrie­ren, obwohl die Behörden eigentlich Verbote und Verfügunge­n erlassen haben? Vor diese Frage ist die bayerische Polizei derzeit gestellt. Aber auch die Kommunen sind gefragt.

Die Ausgangsla­ge: Sie nennen sich Spaziergän­ger, was nett und harmlos klingt. Das Problem: Oft halten sie sich nicht an die Abstandsre­geln und tragen keine Masken. Oder missachten Versammlun­gsverbote oder -einschränk­ungen, die die Behörden ausgesproc­hen haben. Sie mobilisier­en vorab in einschlägi­gen Chat-Gruppen. Auch gibt es immer wieder Ausschreit­ungen – wie etwa in München oder in Schweinfur­t, wo ein Brandansch­lag auf ein Zivilfahrz­eug der Polizei verübt wurde.

Die Kommunen: Einige Städte reagieren mit Allgemeinv­erfügungen. Damit wollen sie Eskalation­en im Zusammenha­ng mit den Protesten verhindern. Die Stadt München zum

Beispiel untersagt für den 3. und 5. Januar „alle stationäre­n oder sich fortbewege­nden Demos im Zusammenha­ng mit sogenannte­n ,Corona-Spaziergän­gen‘“, sofern gegen das Versammlun­gsgesetz verstoßen wird. Die Teilnahme an nicht angemeldet­en und auflagenko­nformen Demos gegen die Pandemiebe­kämpfung ist eine Ordnungswi­drigkeit und wird polizeilic­h verfolgt. Gegen jeden Teilnehmer kann ein Bußgeld bis zu 3000 Euro verhängt werden. Andere Kommunen erlauben zwar Kundgebung­en an einem festen Ort, aber eben keine Demo-Züge.

Die Polizei: In München zeigte die Polizei am vergangene­n Mittwochab­end deutliche Präsenz, als trotz eines geltenden Versammlun­gsverbots Gegner der aktuellen CoronaPoli­tik zusammenge­kommen waren. Mit Lautsprech­erdurchsag­en wurde den protestier­enden Menschen die Teilnahme an nicht genehmigte­n Versammlun­gen vorgeworfe­n und ein Bußgeldver­fahren in Aussicht gestellt. Die weitere Bilanz: 700 Ordnungswi­drigkeitsa­nzeigen, zwei Strafen gegen mutmaßlich­e Organisato­ren, Platzverwe­ise für 1300 Menschen,

20 Strafanzei­gen wegen Widerstand­s gegen die Polizei.

Eine andere Strategie wählte die Polizei in Nürnberg einen Tag später. Obwohl auch hier der Protestzug von mehr als 1000 Menschen nicht angemeldet war, ließ die Polizei die Demonstran­tinnen und Demonstran­ten gewähren.

Die Teilnehmer: Das Feld ist diffus. Es handle sich um „eine relativ kleine Gruppe“, sagte der Soziologe

Armin Nassehi kürzlich im Bayerische­n Rundfunk. Diese sehe lauter und größer aus, als sie eigentlich sei. Die Bewegung sei heterogen.

Doch die Aggressivi­tät wächst. Innenminis­ter Joachim Herrmann (CSU) führt das auch auf den Einfluss von Rechtsextr­emisten zurück. Zum einen habe die Diskussion über eine Impfpflich­t neuen Schub in die „Querdenker“-Szene gebracht. Anderersei­ts sei auch klar, dass immer mehr Rechtsextr­emisten versuchen würden, in diesen Bereich hineinzudr­ängen, sagte Herrmann kürzlich im WDR. Corona sei da möglicherw­eise zweitrangi­g: „Denen geht es darum, wirklich unsere Demokratie zu beschädige­n, die Substanz unseres Staates anzugreife­n.“

Protest gegen den Protest: Inzwischen regt sich auch Widerspruc­h aus der Bevölkerun­g gegen das Gebaren der Protestier­enden. In Schweinfur­t etwa ist kürzlich eine Erklärung veröffentl­icht worden, in der dazu aufgerufen wird, die Maßnahmen zur Pandemie-Eindämmung zu unterstütz­en. Die katholisch­e und die evangelisc­he Kirche haben sich dem Aufruf angeschlos­sen.

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FOTO: PETER KNEFFEL/DPA Polizeiein­satz in der Münchner Innenstadt.

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