Lindauer Zeitung

Harte Nüsse knacken

- Von Wolfgang Mulke wirtschaft@schwaebisc­he.de

Der grüne Landwirtsc­haftsminis­ter Cem Özdemir ist mit großen Worten in sein Amt gestartet. Die Deutschen sollen sich gesünder ernähren. Generell sollen Lebensmitt­el nicht mehr zu Ramschprei­sen in den Einkaufskö­rben der Bürgerinne­n und Bürger landen. Nebenbei soll die Landwirtsc­haft an sich ökologisch­er werden und für mehr Tierwohl sorgen. Nun muss der Mann aus Bad Urach beweisen, dass diese ehrgeizige­n Ziele nicht nur Worthülsen bleiben. Unwillkürl­ich erinnert man sich an die erste grüne Agrarminis­terin Renate Künast. Mit Getöse zog sie nach Lebensmitt­elskandale­n ins Amt ein. Vor mehr als 20 Jahren versprach sie ein Ende der Agrarfabri­ken und zehn Prozent Biolandwir­tschaft. Beides blieb Geschwätz.

Özdemir hat es heutzutage etwas leichter. Die Akzeptanz in der Bevölkerun­g für eine Agrarwende ist gewachsen. Die Grenzen der konvention­ellen auf Masse getrimmten Produktion sind offensicht­lich geworden. Und doch sind die zu knackenden Nüsse nicht minder hart. Der Minister kann schnell zeigen, wie ernst es ihm ist. Nicht umsonst drängen Verbrauche­rschützer auf rasche Vorgaben an die Hersteller von Fertiggeri­chten zum Gehalt von Dickmacher­n oder Salz.

Ein entspreche­ndes Gesetz könnte tatsächlic­h schnell verabschie­det werden. Die wissenscha­ftliche Expertise dazu liegt schon lange vor. Die Selbstverp­flichtung der Industrie hat sich in den vergangene­n Jahren als unzureiche­nd erwiesen. Ebenso einfach sollte ein Verbot von Marketing für ungesunde Lebensmitt­el für Kinder fallen. Das fordern die deutschen Kinderärzt­e schon lange.

Obwohl diese beiden Aufgaben einfach erscheinen, werden sie doch zu einem Test, wie angriffslu­stig und durchsetzu­ngsfähig der Grüne im Amt tatsächlic­h ist. Denn die Ernährungs­industrie verfügt über eine hartnäckig­e Lobby, die bisher alle allzu strengen Regeln verhindern konnte. Behauptet sich Cem Özdemir hier nicht, wird er es in dem viel komplexere­n Feld der Agrarpolit­ik auch kaum schaffen.

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