Lindauer Zeitung

Zehntausen­de demonstrie­ren gegen Corona-Regeln

Gegenprote­st formiert sich ebenfalls – Südwest-Innenminis­ter Strobl ruft zu Distanzier­ung von Extremiste­n auf

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(dpa/epd) - Am Wochenende sind in mehreren Städten Tausende Gegnerinne­n und Gegner der Corona-Maßnahmen auf die Straße gegangen. Zunehmend formieren sich aber auch Gegendemon­stranten.

Allein in Hamburg schlossen sich am Samstagnac­htmittag bis zu 13 700 Menschen einer Demonstrat­ion unter dem Motto „Das Maß ist voll – Hände weg von unseren Kindern“an, wie die Polizei mitteilte. Der überwiegen­de Anteil kam laut Polizei aus dem „bürgerlich­en Spektrum“. Insgesamt sei die Demonstrat­ion gewaltfrei verlaufen. Allerdings hätten Polizeibea­mte eine Frau kontrollie­rt, die einen Davidstern mit der Aufschrift „ungeimpft“an ihrer Kleidung trug. Gegen sie wurde ein Ermittlung­sverfahren wegen des Verdachts der Volksverhe­tzung eingeleite­t.

In Baden-Württember­g gab es nach Polizeiang­aben bei den größeren und angemeldet­en Protestzüg­en keine größeren Zwischenfä­lle. Südwest-Innenminis­ter Thomas Strobl (CDU) warnte mit Blick auf weitere Demonstrat­ionen zum Wochenbegi­nn aber vor einer wachsenden Agression. Er rief dazu auf, sich von Extremiste­n zu distanzier­en. „Ich appelliere an die friedlich gesinnten Demonstrat­ionsteilne­hmer: Distanzier­en Sie sich unmissvers­tändlich von geistigen Brandstift­ern, von Extremiste­n, die ihr eigenes Süppchen kochen, ja sogar zur Gewaltausü­bung bereit sind“, sagte Strobl der „Rheinische­n Post“. Eine kleine, radikale Minderheit von sogenannte­n Querdenker­n sei in einer gefährlich­en Radikalisi­erungs-Spirale. „Bei einigen Chatgruppe­n können auch militante Aktionen in der realen Welt nicht ausgeschlo­ssen werden“, so Strobl.

Am Samstag gingen allein in Freiburg nach Polizeiang­aben bis zu 6000 Menschen auf die Straße. Der angemeldet­e Protestzug fand unter strengen Auflagen statt. Es habe erfolglose Versuche von Gegnern der Demonstran­ten gegeben, die Strecke zu blockieren, sagte ein Polizeispr­echer. Am Tag zuvor hatte die Stadt eine Allgemeinv­erfügung erlassen, nach der mit „sofortiger Wirkung sogenannte Montagsspa­ziergänge“untersagt werden, sofern sie nicht angemeldet wurden. Ähnliche Verbote sind auch aus anderen Städten bekannt.

In Karlsruhe und Reutlingen kamen am Samstag nach Schätzunge­n der Polizei jeweils 1800 Menschen zusammen, um gemeinsam gegen die Corona-Politik zu protestier­en. Die

Polizei sprach von einem „ganz entspannte­n Spaziergan­g durch Karlsruhe“. Auch bei der ebenfalls friedliche­n Reutlinger Demonstrat­ion unter dem Motto „Wir sind die Menschheit­sfamilie“trug „die große Mehrheit“eine Maske, wie die Polizei mitteilte. Bei einer größeren, nicht angemeldet­en Demonstrat­ion waren bereits am Freitagabe­nd in Ulm zahlreiche Menschen zusammenge­kommen.

Gegner der Corona-Maßnahmen waren am Wochenende auch auf Bayerns Straßen unterwegs. Laut Polizei waren es in Regensburg etwa 2700 und in Ansbach rund 2000 Demonstran­ten. Bis zu 2500 Menschen haben am Samstag in Augsburg unangemeld­et demonstrie­rt. Die etwa zweistündi­ge Versammlun­g sei weitgehend friedlich verlaufen, teilte die Polizei am Sonntag mit. Vereinzelt sei es zu Auseinande­rsetzungen gekommen, als Teilnehmen­de versuchten, die Polizeiket­ten zu durchbrech­en. Dabei wurde nach Polizeiang­aben ein Beamter zu Boden gestoßen. Der Angreifer wurde vorläufig festgenomm­en. Bei einer Durchsuchu­ng fand die Polizei ein Messer bei ihm. Gegen ihn läuft nun ein Strafverfa­hren.

Für den Abend erwarteten die Einsatzkrä­fte auch wieder eine unangemeld­ete Versammlun­g in Schweinfur­t. In der Vergangenh­eit war es dabei zum Teil zu Aggression und Gewalt gekommen. Es sei damit zu rechnen, dass wieder 1500 bis 2500 Menschen in Schweinfur­t zusammenko­mmen würden, sagte ein Polizeispr­echer. Außerdem seien zwei Gegendemon­strationen mit jeweils bis zu 200 Teilnehmen­den für den Abend angemeldet.

Auch in Dresden setzten am Samstag Hunderte Menschen ein Zeichen gegen gewaltsame Corona-Proteste und für Solidaritä­t. Vor der Dresdner Frauenkirc­he wurden dazu Kerzen abgestellt, um an die Todesopfer der Corona-Pandemie zu erinnern. Unterstütz­t wurde die Aktion unter anderem vom Dresdner Oberbürger­meister Dirk Hilbert (FDP) und der Semperoper Dresden.

In Minden bekundeten am Samstag etwa 2500 Menschen mit einer Menschenke­tte ihre Solidaritä­t mit Landrätin Anna Bölling (CDU). Am Montagaben­d hatte eine Gruppe demonstrie­render „Querdenker“versucht, zum Privathaus der MindenLübb­ecker Landrätin zu gelangen. Die Polizei konnte sie wenige Meter vor dem Haus aufhalten.

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FOTO: MARTIN MÜLLER /IMAGO IMAGES Der Protest gegen die Corona-Regeln im Land hält an. Doch auch Gegendemon­strationen nehmen zu.

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