Wie man die Rentenlücke schließen kann
Frühes Ansparen hilft, den Bedarf im Alter über die staatliche Rente hinaus abzudecken
- Jedes Jahr, wenn die Information der gesetzlichen Rentenversicherung ins Haus flattert, wissen wir, welche Bruttorente wir im Alter zu erwarten haben. Aktuell rechnet die Bundesregierung damit, dass ein typischer Rentner noch 48 Prozent seines durchschnittlichen Arbeitseinkommens an Rente bekommt – nach Abzug der Sozialabgaben und vor Steuern. Wer vorausschauend agiert, kann sich vorsichtshalber ein Polster ansparen, um die berühmte Rentenlücke, die sich aus der Differenz zwischen geschätztem Bedarf im Alter und der gesetzlichen Rente ergibt, zu schließen.
Für den 30-jährigen Max Mustermann, der sein Leben lang durchschnittlich verdient und mit 67 Jahren in Rente gehen will, stellt der Rentenbescheid monatlich knapp 1490 Euro gesetzliche Bruttorente in Aussicht. Nach Abzug von gut elf Prozent Sozialabgaben und rund acht Prozent Steuern bleiben noch 1210 Euro im Geldbeutel.
Wenn Max Mustermann jedoch 75 Prozent seines heutigen Nettoeinkommens als Rente beziehen möchte, klafft eine Rentenlücke von 430 Euro in seiner Rechnung. Bei einer angenommenen Lebenserwartung von 90 Jahren müsste er die nächsten 37 Jahre genug zurücklegen, um daraus 23 Jahre lang monatlich 430 Euro entnehmen zu können. Das wären knapp 270 Euro pro Monat, rechnen die Experten des Geldratgebers „Finanztip“vor.
Wegen der zahlreichen Annahmen ist es schwer, die individuelle Rentenlücke genau zu bestimmen. Denn es sind weder Inflation, Renten- und Lohnsteigerungen noch Anlagerenditen miteinbezogen. Die Beispiele aber schärfen den Blick für die wichtigsten Faktoren. Unterstellt wird auch, dass unser Durchschnittsverdiener 45 Jahre durcharbeitet und sein finanzieller Bedarf im Alter konstant ist. Man muss wohl eher davon ausgehen, dass das Rentenniveau künftig leicht absinken wird. Max Mustermann müsste dann über 37 Jahre monatlich knapp 370 Euro in heutiger Kaufkraft aufbringen und die Raten defensiv anlegen, um seine Rentenlücke zu schließen. Angenommen, er arbeitet einmal drei Jahre lang nicht, erhöht sich laut „Finanztip“die monatliche Rate, die es zurückzulegen gilt, auf 393 Euro. Gelingt es ihm aber, sein Geld zwei Prozent über der Inflation anzulegen, sinkt die Sparrate auf monatlich 204 Euro. Ungeachtet derartiger Annahmen gilt die Faustregel: „Wer im Alter nur die gesetzliche Rente bezieht, sollte versuchen, über mindestens 30 Jahre etwa 15 Prozent seines Nettogehalts renditeorientiert anzulegen“, rechnet Sara Zinnecker vom Geldratgeber „Finanztip“vor. Als Anlagebeispiele nennt sie weltweit ausgerichtete Indexfonds mit Aktien und „gutes Festgeld“.
Letztere Anlagekategorie leidet derzeit allerdings stark unter der aktuellen Niedrigzinsphase. Dass es für viele Beitragszahler nicht einfach ist, monatlich 270 Euro zurückzulegen, wie im obigen Beispiel mit Max Mustermann dargestellt, soll nicht unerwähnt bleiben. Gleichwohl ist es umso besser, je früher man mit derartiger Vorsorge beginnt. Daher bietet es sich für viele Beitragszahler an, dass sie über die gesetzliche Rentenversicherung hinaus, wie zuvor beschrieben, eine der staatlich geförderten Vorsorgeprogramme und/oder die betriebliche Altersvorsorge in Anspruch zu nehmen. Es gibt aber auch die Möglichkeit, neben dem Rentenbezug weiterhin zu arbeiten, was viele Menschen durchaus wollen. Für das Jahr 2021 wurde die Verdienstgrenze bei vorgezogenen Altersrenten auf 46 060 Euro erhöht, was auch für 2022 gelten soll. Rentnerinnen und Rentner können daher bis zu diesem Betrag im Kalenderjahr hinzuverdienen, ohne dass die Rente gekürzt wird. Die Erhöhung der Verdienstgrenzen soll Personalengpässen entgegenwirken, die durch die Corona-Pandemie entstanden sind. Die ursprüngliche Hinzuverdienstgrenze lag bei 6300 Euro pro Kalenderjahr. Für die Generationen, die derzeit dabei sind, den Ruhestand anzutreten, bleibt zu beachten, dass sie auch mit 45 Beitragsjahren nur bis zum Jahrgang 1952 abschlagsfrei schon mit 63 Jahren in Rente gehen können. Für die Jahrgänge 1953 bis 1964 wird die Altersgrenze schrittweise auf 65 Jahre angehoben, sodass beispielsweise ein 1957 Geborener seine abschlagsfreie Regelaltersrente erst mit 65 Jahren und elf Monaten erreicht.