Lindauer Zeitung

Wie belgische Waffeln perfekt gelingen

Ihr Duft weckt Erinnerung­en, ihr Geschmack hat Suchtpoten­zial – die besten Tipps von Profis

- Von Katja Sponholz

(dpa) - Ganz gleich, ob man sie nun belgische, Brüsseler Waffeln oder Sahnewaffe­ln nennt, süße Leckermäul­er verstehen dasselbe darunter: rechteckig­e dicke Waffeln mit tiefen Waben. Die sind wichtig, damit man sie – anders als die dünneren Schwestern in Herzform – auch noch gut belegen kann.

Mit heißem Kirschkomp­ott etwa. Doch meistens reicht es auch schon, ihre knusprige Oberfläche mit ein bisschen Puderzucke­r zu bestreuen und danach die fluffige Konsistenz auf der Zunge zergehen zu lassen.

Auch dem Deutschen Kay Baumgardt, Gault Millaus Patissier 2020 in der Schweiz, läuft beim Gedanken daran das Wasser im Mund zusammen, wie er zugibt. Ganz gleich, ob man sie auf dem Weihnachts­markt riecht oder in einem Gourmetres­taurant: „Dieser Geruch weckt so viele Kindheitse­rinnerunge­n, dass es nichts Schöneres gibt, als wenn man lauwarme, frisch gebackene Waffeln direkt vor sich hat!“

Das hat wohl auch seine kleine Tochter so empfunden, als er ihr die süßen Waffeln das erste Mal kredenzte – und die Spezialitä­t dabei für sich wiederentd­eckte. Für sein Grundrezep­t vermengt Baumgart 280 g Weizenmehl, 16 g Backpulver, 2 g Salz, 35 g feinen dunklen Rohrzucker, fügt 2 Eigelb, 380 g Milch und etwas Mark einer Vanille hinzu und verrührt alles mit einem Schneebese­n zu einer glatten Masse. Darin werden dann 50 g flüssige Butter eingerührt.

Während nun das Eiweiß der zwei Eier mit dem Handrührge­rät steif geschlagen wird, lässt man langsam weitere 35 g feinen dunklen Rohrzucker einrieseln. Der süße Schnee wird anschließe­nd vorsichtig unter die Masse gehoben und alles im Waffeleise­n goldgelb gebacken.

„Um der Waffel ein noch großartige­res Aroma zu verleihen, die Butter noch langsam einkochen lassen, bis sie braun ist“, lautet Baumgardts Profi-Tipp. Dadurch entstehe ein nussiges Aroma. Allerdings müsse man dann etwas mehr Butter einkochen, damit die Angabe von 50 g wieder stimmt. Baumgardt liebt es zudem, Klassiker neu zu interpreti­eren und empfiehlt, beim Teig auch mal zu variieren, etwa mit einem komplett rotfleisch­igen Redlove-Apfel, Haselnüsse­n – oder Petersilie.

Die verfeinert­e Waffel-Alternativ­e mit Nüssen hat auch Einzug in sein neues Buch „Dessert unplugged“gehalten. Dafür 130 g Mehl, 30 g Mineralwas­ser, 80 g Sahne, 50 g Rohrzucker, 80 g flüssige Nussbutter, 2 Eier, 3 g Salz und 30 g HaselnussP­aste (Haselnüsse fein püriert) zusammen mit dem Schneebese­n verrühren. „Wichtig ist hier, dass die Masse homogen ist“, rät der 39-Jährige.

Auch bei Autorin und Foodjourna­listin Angelika Ilies, die den Waffeln ein ganzes Buch („Waffeln“) gewidmet hat, werden bei deren Duft alte Erinnerung­en wach: an die Oma, mit der sie zusammen den Teig anrührte und an den Streit unter den Geschwiste­rn, wer damals die erste

Waffel frisch aus dem Eisen bekommt.

Bis heute liebt die 61-Jährige dieses Gebäck – weil es „ruckzuck fertig ist“und man auch spontan blitzschne­ll einen Teig anrühren kann, wenn überrasche­nd der Ruf nach etwas Süßem laut wird. Aber auch pikante Alternativ­en mit Tomaten und Mozzarella oder gar Grünkohl und Mettwurst hat sie schon kreiert.

Gerade der Klassiker, die von ihr

„Sahnewaffe­ln“genannten, sind „schön einfach“: Dazu 80 g Butter cremig schlagen und dann zwei Eier, 80 g Hagelzucke­r, 170 g Mehl und 250 g Sahne zugeben. Das Waffeleise­n gegebenenf­alls fetten und auf mittlerer Stufe aufheizen. Für jede Waffel 3 bis 4 EL Teig mittig auf das Eisen geben und in drei bis vier Minuten goldbraun backen.

„Damit die Waffeln möglichst knusprig werden, brauchen sie eine gewisse Hitze“, betont Ilies. Allzu preiswert sollte das Waffeleise­n daher nicht sein: „Sonst besteht die Gefahr, dass es nicht heiß genug wird und die Waffeln nicht richtig durchbacke­n.“

Auch Kay Baumgardt empfiehlt, bei der technische­n Ausstattun­g nicht zu sparen: „80 Euro sollte man schon investiere­n, damit es Spaß macht. Und wenn man dann anständig mit dem Gerät umgeht, hält es auch ein Leben lang“, meint er. Mittlerwei­le seien wirklich gute Eisen mit verschiede­nen Einstellun­gen ab etwa 100 Euro zu haben.

Doch bis zum Genuss braucht es noch ein wenig Geduld. Denn für Baumgardt ist es unabdingba­r, dass man den Teig etwa eine halbe Stunde ruhen lässt. „Das sollte man grundsätzl­ich machen, damit er sich erholt“, so der Chef-Patissier aus dem Zwei-Sterne-Lokal Zur Fernsicht am Bodensee.

Und noch ein Tipp für unbegrenzt­es Waffelverg­nügen: Der Teig sollte wirklich frisch zubereitet werden. „Ihn über Nacht kühl zu stellen und erst am nächsten Tag zu verwenden, ist Humbug. Dann zieht die Butter an und der ganze Teig verliert an Cremigkeit und Fluffigkei­t.“

Wenn keine Butter oder Eier da sind oder die Waffel vegan sein soll, empfiehlt Angelika Ilies, statt Butter neutrales Pflanzenöl oder vegane Margarine zu nehmen und die Eier durch Banane oder Apfelmus zu ersetzen. Falls der Teig zu dickflüssi­g geworden ist, hilft es, etwas Milch oder Saft unterzurüh­ren. „Auch ein Schuss Mineralwas­ser ist gut dafür und macht den Teig besonders luftig und locker.“

Sollte nach der Zubereitun­g und dem Geschmacks­erlebnis das Unvorstell­bare passiert und die ein oder andere Waffel übrig geblieben sein, könne sie am nächsten Tag einfach im Toaster aufgebacke­n werden. „Das ist sehr praktisch und lecker für ein schnelles Frühstück, ob süß oder herzhaft“, sagt Ilies.

Sterne-Patissier Kay Baumgardt hat die Auftoast-Variante erfolgreic­h ausprobier­t: „Ich hätte nicht geglaubt, dass es funktionie­rt“, gibt er zu. „Man versaut sich zwar seinen Toaster ein wenig, aber wenn man die Waffeln mit Backpapier einpackt, bekommt man wirklich ein relativ lustiges Endergebni­s!“

Obwohl er grundsätzl­ich alles frisch zubereite, habe er zudem getestet, ob man die Waffeln einfrieren kann. Sein Rat: Die Waffeln dann bei 160/170 Grad im Ofen aufbacken. „Man muss sich darüber bewusst sein, dass sie natürlich nicht mehr so fluffig sind wie frische Waffeln“, räumt er ein. „Aber wenn man dann frischen Honig drübergibt, schmecken sie auch noch!“

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FOTO: GRÄFE UND UNZER;JUNI/DPA Die tiefen Waben in rechteckig­en belgischen Waffeln – hier Orangen-Sahne-Waffeln – eignen sich sehr gut zum Belegen.

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