Viele gefälschte Impfpässe aufgeflogen
Staatsanwaltschaft Ravensburg berichtet von etlichen laufenden Verfahren
(len) - Immer wieder legen Kunden bei Apotheken gefälschte Impfpässe vor. Dort gehen die Mitarbeiter akribisch auf die Suche nach Anzeichen einer Fälschung und melden sie der Polizei. Inzwischen laufen schon mehrere Dutzend Verfahren bei der Ravensburger Staatsanwaltschaft wegen solcher Fälle. Die Beschuldigten haben sich nach Überzeugung der Ermittlungsbehörde strafbar gemacht und müssen wohl mit einer Geldstrafe in Höhe mehrerer Monatsgehälter rechnen.
Seit Ende November hat die Zahl der Fälle stark zugenommen, wie die Pressesprecherin der Staatsanwaltschaft, Tanja Vobiller, mitteilte. Das dürfte aus ihrer Sicht darauf zurückzuführen sein, dass man seit 1. Dezember in Baden-Württemberg zum Nachweis der Impfung etwa bei 2GVeranstaltungen nicht mehr den gelben Impfpass vorlegen darf, sondern nur noch ein Impfzertifikat mit QRCode. So will das Sozialministerium sicherstellen, dass es Impfpassfälscher schwerer haben. Wer sich zuvor einen gefälschten Impfpass besorgt hatte, versuchte daher ab Ende November, diesen bei einer Apotheke digitalisieren zu lassen, wie Vobiller erklärt. Dort seien die Fälschungen dann oftmals aufgefallen.
In den Apotheken sind die Mitarbeiter darauf geschult worden, Fälschungen zu erkennen, wie etwa in der Ravensburger Apotheke im Spital. Außerdem tauschten sich die örtlichen Apotheken auch darüber aus, welche Fälschungsmerkmale aktuell entdeckt worden sind, um dieses Wissen möglichst unter allen Kollegen zu verbreiten, wie Claudia Neuer, pharmazeutisch-technische Assistentin von der Apotheke im Spital sagt. Bei einer Fälschung rufe die Apotheke die Polizei. „Wir sehen das als wichtigen Beitrag zur Pandemiebekämpfung“,
so Neuer. Die Kunden bleiben den Schilderungen mehrerer Apotheken zufolge meist ruhig, obwohl sie aufgeflogen sind.
Das berichtet auch Markus Heinzelmann. Nach anfänglichen Bedenken in der Branche sei inzwischen auch klar kommuniziert worden, dass Apotheken bei gefälschten Impfpässen keiner Schweigepflicht unterliegen, sondern die Fälschung melden dürfen – und aus Sicht von Heinzelmann auch melden müssen. „Das kann man so nicht durchgehen lassen. Man stelle sich mal vor, in einer 2G-Veranstaltung sitzen Ungeimpfte und Ungetestete – dann sind die Maßnahmen zur Pandemiebekämpfung Makulatur“, sagt er. Er hat inzwischen den Eindruck, dass nicht mehr viele gefälschte Impfpässe vorgelegt werden und mutmaßt, dass auch Fälscher inzwischen gemerkt haben, dass es nicht gerade einfach ist, damit durchzukommen.
Die Polizei bittet die Apotheker auch um konsequentes Handeln: „Sobald der Verdacht besteht, dass Eintragungen oder gar der ganze Nachweis gefälscht sein könnten, sollte unmittelbar die Polizei informiert werden“, teilte der Pressesprecher des Polizeipräsidiums Ravensburg, Oliver Weißflog, auf Anfrage mit.
Wie viele Verfahren bei der Staatsanwaltschaft wegen gefälschter Impfpässe laufen, ist nicht genau zu sagen, weil sie als Urkundenfälschungen
nicht noch einmal gesondert ausgewiesen sind, wie Tanja Vobiller mitteilte. Zunächst hatte es Berichte über eine sogenannte Strafbarkeitslücke gegeben: Im Gesetz hieß es, dass die Vorlage eines gefälschten Impfpasses bei Behörden strafbar ist – nicht aber die Vorlage in Apotheken. Dabei wird die überwiegende Zahl der Fälschungen in Apotheken festgestellt, wie Vobiller auch für Ravensburg bestätigt.
Das hat der Gesetzgeber schleunigst geändert, wie Vobiller erklärt. Seit 24. November gelte die Vorlage eines gefälschten Impfausweises generell als Straftat, egal, wo das versucht wird. Wer allerdings vor diesem Datum mit einem unechten Impfbuch erwischt wurde, kann daher nicht bestraft werden. „Ein Großteil der Fälle spielt aber auch nach diesem Datum“, so Vobiller.
Urkundenfälschung wird laut Gesetz mit einer Geldstrafe oder mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahre bestraft. Die Staatsanwaltschaft Konstanz hatte dem SWR mitgeteilt, dass für einen Ersttäter, der geständig sei, in der Regel eine Strafe von drei bis fünf Monatsnettogehältern verhängt werde. Laut Tanja Vobiller von der Staatsanwaltschaft Ravensburg kommt es auf den Einzelfall an: „Die Geldstrafe dürfte sich in etwa in dem von der Staatsanwaltschaft Konstanz mitgeteilten Rahmen bewegen, im Einzelfall gegebenenfalls auch niedriger.“
Markus Heinzelmann