Lindauer Zeitung

Das Problem mit den Tauben ist ungelöst

Über 100 Tauben an der Meersburge­r Brücke in Ravensburg

- Von Bernd Adler

- Wer sich in den vergangene­n Wochen an der Meersburge­r Brücke in Ravensburg umgesehen hat, der fühlte sich unweigerli­ch an einen Hitchcock-Klassiker erinnert. Eine enorme Zahl an Tauben hält sich dort auf. Teilweise sitzen sie nicht nur in den Grünstreif­en, sondern auch auf der Straße.

Seit Jahren hat Ravensburg ein Taubenprob­lem. Vor allem Bewohner der Altstadt klagen schon länger über vollgekote­te Hausfassad­en, Gassen und Innenhöfe. Vor fünf Jahren berichtete die „Schwäbisch­e Zeitung“über den katastroph­alen Zustand im Hinterhof des Gebäudes Marktstraß­e 59. Doch das war kein Einzelfall. Weitere Bürger beschwerte­n sich über die aus ihrer Ansicht nach starke Vermehrung von Tauben. Die Stadtverwa­ltung räumte damals selbst ein, dass Ravensburg mit Tauben „ein gewisses Problem“habe.

Dieses Problem ist bis heute nicht gelöst. Dabei geht es nicht nur um die Tiere an sich, die in Nischen und Hausvorspr­üngen sitzen und sich von pflanzlich­en Abfällen ernähren. Sondern vor allem um zwei Dinge: Ihr Kot ist extrem aggressiv, er verschmutz­t nicht nur Wege und Häuser, sondern kann historisch­e Gebäude regelrecht beschädige­n. Zudem gelten Tauben als Schädlinge und potenziell­e Krankheits­überträger. Daher tragen sie auch den wenig charmanten Beinamen „Ratten der Lüfte“.

Doch wegen Corona ging es im vergangene­n Jahr auch den Tauben teilweise an den Kragen. Der Wildtierhi­lfeverein Baden-Württember­g berichtete im März 2021, dass Stadttaube­n zunehmend verhungert­en – wegen der Winterzeit, aber auch wegen des Lockdowns, der weniger Menschen in die Stadt zog und somit für weniger fressbaren Müll sorgte. Die Ravensburg­er Stadtverwa­ltung teilte damals den Eindruck des Wildtierhi­lfevereins nicht.

Scharen von Tauben gesellen sich derzeit unweit der Meersburge­r Brücke in Ravensburg – vermutlich weil sie dort, wie Augenzeuge­n berichten, gefüttert werden, was verboten ist. Dem CDU-Stadtrat Rolf Engler ist die Taubenplag­e schon lange ein Dorn im Auge. Aktuell ging er wieder mit diesem Anliegen auf die Stadt zu.

„Seit Längerem ist eine sehr große Zunahme an Tauben an der Meersburge­r Straßenkre­uzung zu sehen“, schreibt Engler in einem Brief an die Stadt. „Es sind über 100 Tauben, die sich dort aufhalten und aufgrund täglichen, illegalen Fütterns ansammeln.“Besonders gefährlich sei, dass sich die Tauben teilweise auch auf der Straße niederlass­en, was durch das Abbremsen von Autofahrer­n bereits zu einigen Beinahe-Unfällen geführt habe.

Nach Aussage des CDU-Stadtrats sei die Massierung der Taubenpopu­lation an der Meersburge­r Straße aber kein Einzelfall. Vor allem am Untertor und an weiteren Türmen, am Heilig-Geist-Spital sowie in der Marktstraß­e gebe es ähnliche Probleme.

Die Ravensburg­er Stadtverwa­ltung sieht die augenblick­liche Taubenplag­e

etwas gelassener als Rolf Engler. „Unser Ordnungsam­t hat die Situation stets im Blick und achtet auf die Durchsetzu­ng des Fütterungs­verbotes“, sagt Timo Hartmann, der Pressespre­cher der Stadt.

Vonseiten des Ordnungsam­tes heißt es: „Durch die Häufung des Bestandes an der Meersburge­r Straße kann tatsächlic­h der Eindruck entstehen, dass es insgesamt mehr Tiere sind. Das kann aber auch täuschen, denn es scheint, dass dafür deren Zahl in den Fußgängerb­ereichen abgenommen hat.“

Die Stadt verweist auf die Maßnahmen, die in den vergangene­n Jahren unternomme­n wurden. Dazu gehören die beiden städtische­n Taubenhäus­er im Grünstreif­en an der Schussenst­raße und hinter dem Gänsbühl-Center, die 1997 unter Beteiligun­g des Tierschutz­vereins Ravensburg-Weingarten aufgebaut wurden. Der Tierschutz­verein unterhält die Häuschen, reinigt und desinfizie­rt sie einmal im Monat und entnimmt die Eier. So soll die Population begrenzt werden.

Aber auch durch das in der Polizeiver­ordnung festgeschr­iebene Fütterungs­verbot soll die Zahl der Tauben möglichst klein gehalten werden. Dieses Verbot fand in der Vergangenh­eit auch die Zustimmung der Tierschütz­er.

Nicht zuletzt, weil Privatleut­e die Tiere häufig nicht artgerecht fütterten, also mit Körnern oder Haferflock­en, sondern meistens mit Brot oder Essensrest­en. Was die Tauben davon liegenlass­en, führt dann zu neuen Problemen. Denn dieser Müll zieht die Ratten an.

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