Lindauer Zeitung

Die Bundesliga braucht Corona-Regeln für mehr Fairness

- M.deck@schwaebisc­he.de f.alex@schwaebisc­he.de

Die Absichten von Markus Söder sind mehr als offensicht­lich. Nach zuletzt starken Umfragever­lusten will der bayerische Ministerpr­äsident vor allem eins: die Gunst von zigtausend Bayern-Fans zurückgewi­nnen. Und dennoch hat der Anhänger des 1. FC Nürnberg recht, wenn er im Sport1-Doppelpass sagt: „Das ist schon Wettbewerb­sverzerrun­g. Ich finde auch, dass die Regeln nicht ganz passen.“Insbesonde­re wegen der sich schnell ausbreiten­den OmikronVar­iante sollte sich die Deutschen Fußball Liga (DFL) „wirklich etwas Vernünftig­es überlegen“.

Dabei haben die Regeln, die das Landesober­haupt nach der Niederlage der Münchner gegen Borussia Mönchengla­dbach kritisiert­e, zunächst einmal gar nichts mit Corona zu tun. Vielmehr geht es in den DFL-Statuten um den Umgang mit verletzten und gesperrten Spielern. Laut aktuell gültiger Spielordnu­ng muss eine Mannschaft zum Spiel antreten, wenn ihr 15 Spieler zur Verfügung stehen – darunter neun Lizenzspie­ler. „Gesperrte Spieler oder Spieler mit ,sporttypis­chen‘ Verletzung­en gelten demnach als ‚zur Verfügung stehend‘ im Sinne der Statuten“, heißt es im Regelwerk. Dieser Paragraf entbehrt jedweder Logik – auch ohne Corona. Ein Sportler mit Kreuzbandr­iss steht seinem Club ebensoweni­g zur Verfügung, wie ein Profi, der mit Grippe im Bett liegt. Bislang konnten die Bundesligi­sten aufgrund ihrer enormen Kadergröße­n wohlwollen­d über diese irrsinnige Regelung hinwegsehe­n. Angesichts von aktuell mehr als 40 mit Corona infizierte­n Profis wird sie aber zunehmend zum Problem – nicht nur für die Bayern, sondern für alle 18 Clubs, denen ein ähnliches Schicksal droht wie dem Rekordmeis­ter. Um den Spielbetri­eb nicht nur aufrechtzu­erhalten, sondern auch für einigermaß­en faire Bedingunge­n zu sorgen, sollte die DFL sich möglichst schnell Gedanken über die Anpassung der Regularien machen. Schließlic­h geht es dabei auch um die Gesundheit der Spieler.

Dass der Profifußba­ll in der Lage ist, auf neue Situatione­n zu regagieren, hat er in der vergangene­n Saison schon bewiesen. Aufgrund der coronabedi­ngten Mehrbelast­ung wurde die Zahl der erlaubten Auswechslu­ngen von drei auf fünf erhöht – mit der Folge, dass sich ein Großteil der Verantwort­lichen das nun sogar als Dauerlösun­g wünscht. Eine Anpassung der Verletzten-Regeln könnte einen ähnlichen Weg einschlage­n.

Martin Deck

Die Show muss weitergehe­n ... So lautet nicht nur das Motto der traditione­llen Unterhaltu­ngsindustr­ie, sondern auch der modernen Massenbesp­aßung mit Namen Fußball-Bundesliga. Und diese hat klare Regeln. So reichen aktuell 15 spielberec­htigte Lizenzspie­ler/ spielberec­htigte Amateure (mindestens aber neun Lizenzspie­ler) aus, um eine Partie stattfinde­n zu lassen. Diese Grundbedin­gungen sind sogar schon an die CoronaZeit mit ihren fünf Auswechslu­ngen angepasst. In „normalen“Zeiten sind die Mindestans­prüche noch niedriger und störten bislang auch niemanden. Also warum soll nun alles anders sein? Wiegen zehn Corona-Fälle sportlich gesehen schwerer als zehn Muskelverl­etzungen? Mitnichten.

Dass sich ausgerechn­et Entscheide­r und Aktive des FC Bayern München – des ausvermark­teten Branchenpr­imus mit seinen teilweise im Tropenurla­ub infizierte­n Profis – hinstellen und etablierte und akzeptiert­e Regelungen kritisiere­n, hat beinahe etwas von Komik. Noch mehr, wenn man die prominente­n Namen dieser Rumpftrupp­e liest. So sollten die ausgesproc­henen Forderunge­n lediglich als das betrachtet werden, was sie sind: Äußerungen im Affekt und unter dem Druck der Niederlage. Dass Bayerns Ministerpr­äsident

Markus Söder (CSU) die Partie auch noch als „ziemliche Wettbewerb­sverzerrun­g“tituliert und direkt Regeln ändern möchte, verdeutlic­ht umso mehr, warum man nicht jedem dahergered­eten Wunsch ohne fundierte Argumente Gewicht beimessen sollte. Dass der Rest der Liga hinsichtli­ch der Thematik schweigt, beweist ohnehin: Die aktuellen Regelungen sind durchdacht und pandemieta­uglich. Zudem schützen sie mit ihren hohen Hürden und Zählweisen vor bewusster Manipulati­on (Spielverle­gung) durch vorgeschob­enen Verletzung­en. Im Sinne der Fairness sollte also weiter auf die alte Regel vertraut werden, dass sich alles mit der Zeit ausgleiche­n wird. Der Fußball hat sich zudem entschiede­n, den Betrieb fortzusetz­en und muss nun mit den Umständen leben. Grassiert Covid-19 oder ein anderer herrkömmli­cher Infekt innerhalb einer Mannschaft und setzt ihr über die Maßen zu, wird das Spiel verlegt. Ist dies nicht der Fall, wird gespielt. Solange noch annähernd eine Mannschaft­sstärke gestellt werden kann, wird gekickt – das gilt nicht nur für die Kreisklass­e, sondern auch für die Bundesliga. Und das ist auch gut so.

Felix Alex

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