Die Bundesliga braucht Corona-Regeln für mehr Fairness
Die Absichten von Markus Söder sind mehr als offensichtlich. Nach zuletzt starken Umfrageverlusten will der bayerische Ministerpräsident vor allem eins: die Gunst von zigtausend Bayern-Fans zurückgewinnen. Und dennoch hat der Anhänger des 1. FC Nürnberg recht, wenn er im Sport1-Doppelpass sagt: „Das ist schon Wettbewerbsverzerrung. Ich finde auch, dass die Regeln nicht ganz passen.“Insbesondere wegen der sich schnell ausbreitenden OmikronVariante sollte sich die Deutschen Fußball Liga (DFL) „wirklich etwas Vernünftiges überlegen“.
Dabei haben die Regeln, die das Landesoberhaupt nach der Niederlage der Münchner gegen Borussia Mönchengladbach kritisierte, zunächst einmal gar nichts mit Corona zu tun. Vielmehr geht es in den DFL-Statuten um den Umgang mit verletzten und gesperrten Spielern. Laut aktuell gültiger Spielordnung muss eine Mannschaft zum Spiel antreten, wenn ihr 15 Spieler zur Verfügung stehen – darunter neun Lizenzspieler. „Gesperrte Spieler oder Spieler mit ,sporttypischen‘ Verletzungen gelten demnach als ‚zur Verfügung stehend‘ im Sinne der Statuten“, heißt es im Regelwerk. Dieser Paragraf entbehrt jedweder Logik – auch ohne Corona. Ein Sportler mit Kreuzbandriss steht seinem Club ebensowenig zur Verfügung, wie ein Profi, der mit Grippe im Bett liegt. Bislang konnten die Bundesligisten aufgrund ihrer enormen Kadergrößen wohlwollend über diese irrsinnige Regelung hinwegsehen. Angesichts von aktuell mehr als 40 mit Corona infizierten Profis wird sie aber zunehmend zum Problem – nicht nur für die Bayern, sondern für alle 18 Clubs, denen ein ähnliches Schicksal droht wie dem Rekordmeister. Um den Spielbetrieb nicht nur aufrechtzuerhalten, sondern auch für einigermaßen faire Bedingungen zu sorgen, sollte die DFL sich möglichst schnell Gedanken über die Anpassung der Regularien machen. Schließlich geht es dabei auch um die Gesundheit der Spieler.
Dass der Profifußball in der Lage ist, auf neue Situationen zu regagieren, hat er in der vergangenen Saison schon bewiesen. Aufgrund der coronabedingten Mehrbelastung wurde die Zahl der erlaubten Auswechslungen von drei auf fünf erhöht – mit der Folge, dass sich ein Großteil der Verantwortlichen das nun sogar als Dauerlösung wünscht. Eine Anpassung der Verletzten-Regeln könnte einen ähnlichen Weg einschlagen.
Martin Deck
Die Show muss weitergehen ... So lautet nicht nur das Motto der traditionellen Unterhaltungsindustrie, sondern auch der modernen Massenbespaßung mit Namen Fußball-Bundesliga. Und diese hat klare Regeln. So reichen aktuell 15 spielberechtigte Lizenzspieler/ spielberechtigte Amateure (mindestens aber neun Lizenzspieler) aus, um eine Partie stattfinden zu lassen. Diese Grundbedingungen sind sogar schon an die CoronaZeit mit ihren fünf Auswechslungen angepasst. In „normalen“Zeiten sind die Mindestansprüche noch niedriger und störten bislang auch niemanden. Also warum soll nun alles anders sein? Wiegen zehn Corona-Fälle sportlich gesehen schwerer als zehn Muskelverletzungen? Mitnichten.
Dass sich ausgerechnet Entscheider und Aktive des FC Bayern München – des ausvermarkteten Branchenprimus mit seinen teilweise im Tropenurlaub infizierten Profis – hinstellen und etablierte und akzeptierte Regelungen kritisieren, hat beinahe etwas von Komik. Noch mehr, wenn man die prominenten Namen dieser Rumpftruppe liest. So sollten die ausgesprochenen Forderungen lediglich als das betrachtet werden, was sie sind: Äußerungen im Affekt und unter dem Druck der Niederlage. Dass Bayerns Ministerpräsident
Markus Söder (CSU) die Partie auch noch als „ziemliche Wettbewerbsverzerrung“tituliert und direkt Regeln ändern möchte, verdeutlicht umso mehr, warum man nicht jedem dahergeredeten Wunsch ohne fundierte Argumente Gewicht beimessen sollte. Dass der Rest der Liga hinsichtlich der Thematik schweigt, beweist ohnehin: Die aktuellen Regelungen sind durchdacht und pandemietauglich. Zudem schützen sie mit ihren hohen Hürden und Zählweisen vor bewusster Manipulation (Spielverlegung) durch vorgeschobenen Verletzungen. Im Sinne der Fairness sollte also weiter auf die alte Regel vertraut werden, dass sich alles mit der Zeit ausgleichen wird. Der Fußball hat sich zudem entschieden, den Betrieb fortzusetzen und muss nun mit den Umständen leben. Grassiert Covid-19 oder ein anderer herrkömmlicher Infekt innerhalb einer Mannschaft und setzt ihr über die Maßen zu, wird das Spiel verlegt. Ist dies nicht der Fall, wird gespielt. Solange noch annähernd eine Mannschaftsstärke gestellt werden kann, wird gekickt – das gilt nicht nur für die Kreisklasse, sondern auch für die Bundesliga. Und das ist auch gut so.
Felix Alex