Kleine und große Baustellen
Biathleten setzen einzelne Glanzlichter und sind am Ende doch ernüchtert
(SID/dpa) - Zwischenzeitliche Führungen, Teilleistungen auf Weltklasseniveau – aber am Ende fehlt das letzte Quäntchen: Den deutschen Biathletinnen und Biathleten ist im Winterwunderland Oberhof der Sprung aufs Podest verwehrt geblieben. Und doch nährt der Heimweltcup vier Wochen vor dem Start der Olympischen Spiele von Peking die Medaillenträume. Die Hoffnungsschimmer mehren sich, der Rückstand zur Weltspitze schmilzt. „Es geht am Ende um Kleinigkeiten“, bilanzierte Routinier Erik Lesser.
Schon beim geringsten Fehler, führte er aus, „kämpfst du gleich nicht mehr um Platz drei, sondern um die Plätze fünf, sechs oder sieben“. Die belegten die Skijäger des Deutschen Skiverbandes (DSV) am in massig Neuschnee gehüllten Rennsteig gleich reihenweise. Am Samstag die Mixed-Staffel auf Platz sechs und das Single Mixed auf sieben, dann im Verfolger am Sonntag Rees als Sechster und Lesser als Achter – viel fehlte nie zum großen Wurf.
Der als 15. gestartete Lesser hatte im Jagdrennen über 12,5 km beim letzten Schießen gar den Sieg vor Augen, fiel aber mit seiner Schnellfeuereinlage und zwei Strafrunden im dichten Schneetreiben doch noch weit zurück. „Ich wollte mich hinstellen und frech die Dinger runterzaubern. Ich habe eigentlich gute Schüsse abgegeben, aber sie waren doch knapp daneben“, sagte Lesser, der erst am Freitag recht spät die Olympia-Norm erfüllt hatte. Die zwei Fehler seien „ärgerlich, aber trotzdem bin ich mit dem Rennen sehr zufrieden. Ich hab's probiert. Irgendwann kommt das Rennen, in dem ich alles zusammenkriege.“
Auch bei Rees zeigte die Tendenz nach oben. Nach Rang fünf im Sprint fing er Lesser im Verfolger auf der Schlussrunde noch ab und wurde nach drei Strafrunden als Sechster bester DSV-Athlet. Der einzige deutsche Saisonsieger Johannes Kühn erwischte mit sechs Fehlern einen schwarzen Tag am Schießstand und rutschte beim Triumph des Franzosen Quentin Fillon Maillet nach Platz vier im Sprint auf Rang 22 ab.
Tags zuvor hatten Rees, Benedikt Doll, Vanessa Voigt und Vanessa Hinz bei der Olympia-Generalprobe in der Mixed-Staffel beim Sieg der Norweger lediglich 9,4 Sekunden auf Rang drei gefehlt. „Mit sechs Nachladern hat unser Schießen gepasst. Wir sind nicht weit weg vom Podium“, sagte Hinz. Sie hatte auf der Schlussposition in einem packenden Fünfkampf um den letzten Stockerlplatz das Nachsehen, sodass es letztlich nur zu Rang sechs reichte.
Im nichtolympischen Single Mixed schnupperten Lesser und Franziska
Hildebrand lange am Sieg, lagen bis zum letzten Wechsel gemeinsam mit Russland an der Spitze. Doch Hildebrand patzte beim letzten Schießen und brach dazu im Laufen ein. So entglitt der sicher geglaubte Podiumsplatz beim russischen Erfolg noch.
Die Frauen offenbarten generell erhebliche Schwächen. Lediglich Lokalmatadorin Vanessa Voigt konnte mit zwei zwölften Plätzen einigermaßen zufrieden sein. Auch beim ersten Weltcup des Jahres klappte es zu selten, eine starke Leistung in der Loipe mit einem fehlerlosen Auftritt am Schießstand zu kombinieren. Sinnbildlich waren die Plätze 26 im Sprint und 41 im Jagdrennen von Ex-Weltmeisterin Denise Herrmann, die völlig von der Rolle ist. Einen Doppelsieg feierte die Norwegerin Marte Olsbu Röiseland.
Um an den „Kleinigkeiten“bei den Männern und den größeren Baustellen bei den Frauen zu arbeiten, bleiben bis Olympia noch zwei weitere Weltcups. Schon ab Mittwoch gilt es bei den nächsten Heimrennen in Ruhpolding, weiter an der Medaillenform zu feilen. Gute Ergebnisse sind in Bayern eigentlich Pflicht, schließlich entscheidet sich dort über eine komplexe Nationenwertung, ob Bundestrainer Mark Kirchner jeweils fünf oder sechs Athletinnen und Athleten nach Peking mitnehmen darf.