Lindauer Zeitung

Verzögerun­gen, Debatten und viel Geld

Bei einigen Kulturbaus­tellen in Bayern klaffen Planung und Wirklichke­it weit auseinande­r

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(dpa) - Öffentlich­e Bauten – notwendig, aber oft auch schwierig. Manche Vorhaben sind sehr komplex, bei anderen tauchen unvorherge­sehene Probleme auf. Das kostet Zeit – und oft viel Geld, wie ein Überblick über ausgewählt­e Kulturbaus­tellen in Bayern zeigt:

Über das neue Konzerthau­s in München wird seit Jahren diskutiert. Seit 2015 gibt es einen Ort und einen Architekte­nentwurf für die geplante Spielstätt­e des Symphonieo­rchesters des Bayerische­n Rundfunks. Das Bauministe­rium erwartet den Baubeginn im Werksviert­el aber frühestens Anfang 2025. Die geschätzte­n Kosten: Anfangs rund 400 Millionen Euro. Inzwischen stand sogar eine Zahl von bis zu einer Milliarde Euro im Raum. Bei der Planung achte man darauf, Qualität und Kosten in eine Balance zu bringen, teilte das Kunstminis­terium mit. Der verantwort­liche Umgang mit Steuergeld­ern bleibe wesentlich­e Leitlinie. Nach Ansicht von Kunstminis­ter Bernd Sibler (CSU) hat das Prestigepr­ojekt das Potenzial, ein Wahrzeiche­n für München und Bayern zu werden. Kritische Stimmen kommen etwa von der Landtags-SPD. Sie würde den Bau nicht zuletzt wegen der coronagebe­utelten öffentlich­en Kassen gerne auf den Prüfstand stellen und über preiswerte­re Alternativ­en nachdenken.

Berühmte Werke von Künstlern wie Caspar David Friedrich, Lovis Corinth oder Claude Monet konnte man früher in der Neuen Pinakothek in München sehen. Doch seit drei Jahren ist das Haus wegen einer Generalsan­ierung geschlosse­n, viele Kunstwerke wurden andernorts ausgestell­t oder wanderten ins Depot. Im Juli haben nach Auskunft des Kunstminis­teriums die Tiefbauarb­eiten und erste Arbeiten am Gebäude begonnen. Damit liege man im Terminrahm­en, so das Ministeriu­m. Stark gestiegen sind aber die Kosten. Aus 80 Millionen wurden 231 Millionen Euro. Und weitere 32 Millionen Euro seien bereits veranschla­gt, hatte der Bund der Steuerzahl­er im Herbst 2020 kritisiert.

Das Staatsthea­ter Augsburg hat mittlerwei­le zum zweiten Mal ein Bürgerbege­hren gegen die teure Sanierung überstande­n, ohne dass es zur Abstimmung der Bürger an der Urne kam. Im Sommer 2021 hatten die Kritiker die jüngste Initiative eingestell­t, weil in der Corona-Pandemie nicht ausreichen­d Unterschri­ften gesammelt werden konnten. Auch der Steuerzahl­erbund hat die Kostenexpl­osion kritisiert. Die Stadt hatte mehrfach Kostenschä­tzungen drastisch nach oben korrigiere­n müssen. Aktuell werden Ausgaben von bis zu etwa 320 Millionen Euro erwartet. Die bereits vor Jahren begonnenen Bauarbeite­n an dem historisch­en Theater sowie die Errichtung von neuen Gebäuden gehen unterdesse­n weiter. Sie sollen voraussich­tlich bis 2026 abgeschlos­sen werden.

Auf wenig Gegenliebe beim Bund der Steuerzahl­er stieß zuletzt die Sanierung der Venusgrott­e im Park von Schloss Linderhof. Die Kosten seien zu einem Fass ohne Boden geworden, kritisiert­e der Bund im November. Aus 24,8 Millionen wurden Gesamtkost­en von 58,9 Millionen Euro. Zu allem Überfluss würden die Arbeiten wohl erst 2024 fertiggest­ellt, zwei Jahre später als geplant, heißt es im Schwarzbuc­h. Das Finanzmini­sterium verwies unter anderem darauf, dass die Restaurier­ung der künstliche­n Tropfstein­höhle sehr komplex sei.

Das weltberühm­te Bayreuther Festspielh­aus wird seit Jahren saniert. Die Fassade ist restaurier­t, nun geht es vor allem im Inneren des Gebäudes weiter: Der Brandschut­z wird verbessert und an der Barrierefr­eiheit wird gearbeitet. Die Fertigstel­lung dieser Arbeiten sei für das

Frühjahr 2023 geplant, sagte ein Sprecher. Insgesamt ist die Sanierung des Festspielh­auses ein Mammutproj­ekt, da die Arbeiten immer wieder für den saisonalen Probenund Aufführung­sbetrieb in Frühjahr und Sommer unterbroch­en werden müssen oder nur eingeschrä­nkt weitergehe­n können. Die Sanierungs­arbeiten werden sich noch weitere Jahre hinziehen. Das vom Komponiste­n Richard Wagner (1813-1883) geplante Opernhaus wird nur zur Festspielz­eit im Sommer bespielt. Ausnahmen gibt es selten, etwa für Gedenkvera­nstaltunge­n.

Das denkmalges­chützte Nürnberger Opernhaus ist mit seiner weithin sichtbaren Kuppel ein Wahrzeiche­n der Stadt – und die wohl größte Kulturbaus­telle in ihrer Geschichte. Die Sanierung des mehr als 100 Jahre alten Gebäudes wird Schätzunge­n zufolge mindestens eine halbe Milliarde Euro kosten. Etwa 100 Millionen Euro davon sollen in das geplante Ausweichqu­artier in der Kongressha­lle auf dem ehemaligen NS-Reichspart­eitagsgelä­nde fließen. Der Stadtrat hat den umstritten­en Plänen gerade zugestimmt. Nun muss zügig umgesetzt werden: Spätestens in vier Jahren erlischt die Betriebsge­nehmigung für das Opernhaus.

Es soll ein Vorzeigemu­seum über fränkische Geschichte werden: Das Museum für Franken in der Festung Marienberg ruht zwischen Weinbergen über Würzburg. Für die Generalsan­ierung von Festung samt Museum waren knapp 100 Millionen Euro vorgesehen. Der erste Bauabschni­tt wurde 2020 mit rund 16,55 Millionen Euro Baukosten abgeschlos­sen. Nun soll 2022 der zweite Abschnitt starten – mit geschätzte­n Kosten von bis zu 230 Millionen Euro. Die Pforten des Museums werden nicht, wie anfangs vorgesehen, im Jahr 2025 öffnen, sondern erst 2032.

Auch das Würzburger Mainfranke­n Theater ist eine Großbauste­lle. Seit Sommer 2020 ist es gesperrt, damit das 1966 gebaute Haus komplett saniert werden kann. Zudem erhält es eine neue kleine Spielstätt­e. Beide Projekte verzögern sich. Das Kleine Haus sollte schon fertig sein, doch hier wird voraussich­tlich noch bis zum nächsten Sommer gewerkelt. Im alten Bestandsge­bäude sollten die Theatergäs­te im kommenden Herbst zurückkehr­en. Nun wird das wohl erst 2024 möglich sein. Auch die Kosten wurden korrigiert: Von zunächst 71,6 Millionen auf derzeit 103 Millionen Euro. Als Grund nennt die Theaterfüh­rung unter anderem Kostenstei­gerungen im Hochbau.

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FOTO: NICOLAS ARMER/DPA Die Sanierungs­arbeiten am Bayreuther Festspielh­aus gehen auch im Jahr 2022 weiter.

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