Lindauer Zeitung

Spekulatio­nen um die vierte Spritze

Spezielle Omikron-Impfstoffe könnten den vierten Piks sinnvoll werden lassen

- Von Hajo Zenker

- Kommt die vierte Spritze – und wenn ja, wann? Während in Israel bereits seit Dezember über 60-Jährige, Immungesch­wächte und auch Mitarbeite­r des Gesundheit­swesens eine vierte Corona-Impfung erhalten, wird in Deutschlan­d das Thema noch diskutiert. Auch anhand erster Daten aus Israel. Und die seien bisher noch nicht sehr überzeugen­d, so die Vorsitzend­e der Gesundheit­sministerk­onferenz, die sachsen-anhaltisch­e Ressortche­fin Petra GrimmBenne (SPD).

Auch Bundesgesu­ndheitsmin­ister Karl Lauterbach (SPD) findet die Ergebnisse „nicht so zuversicht­lich wie erhofft“. Die Leiterin einer israelisch­en Studie hatte einen fünffachen Anstieg der Antikörper konstatier­t. Das, so Gili Regev, sei „nicht sehr beeindruck­end“. Man sei kurz nach der vierten Impfung wieder auf demselben Antikörper­stand wie kurz nach der dritten. Sie habe sich mehr erhofft. Nun setzen die Israelis, die bisher vor allem Biontech/Pfizer verwendete­n, auf eine Vakzin-Kombinatio­n. Dazu startete in einem Krankenhau­s ein Versuch mit 150 Teilnehmer­n, die nach drei Dosen Biontech eine vierte Impfung mit Moderna erhalten.

Für Petra Grimm-Benne gibt es deshalb noch keine belastbare wissenscha­ftliche Grundlage, auf der man eine vierte Impfung empfehlen könne. Allerdings geht etwa Jörg Timm, Leiter des Instituts für Virologie am Unikliniku­m Düsseldorf, davon aus, dass eine vierte Impfung zumindest für Risikogrup­pen erfolgen müsste. Denn auch die dritte Impfung werde in ihrer Wirkung nachlassen. Er halte bisher „sechs Monate Abstand zur dritten Impfung für vernünftig“– in Israel sind es vier Monate. Auch Karl Lauterbach sieht den „optimalen Impfabstan­d“bei sechs Monaten.

In Österreich hat das Nationale Impfgremiu­m bereits die vierte Dosis sechs Monate nach der dritten Impfung ermöglicht – wenn auch vorerst nur in Ausnahmefä­llen, etwa für besonders gefährdete­s Gesundheit­spersonal. Zudem könne die

Viertimpfu­ng auf Wunsch der zu impfenden Person, gerade aus Risikogrup­pen, nach ärztlicher Beratung erfolgen.

Ähnliches kann sich auch die grüne Gesundheit­spolitiker­in Paula Piechotta, selbst Ärztin, für Deutschlan­d vorstellen – nämlich „für Hochrisiko­gruppen eine vierte Impfung als Option anzubieten“. Und das auch mit dem bisher verfügbare­n,

In den baden-württember­gischen Alten- und Pflegeheim­en haben bislang deutlich weniger Menschen eine Auffrischu­ngsimpfung erhalten als gehofft. Nach einer Auswertung des Landesgesu­ndheitsamt­es hatte zum Jahresende jeder dritte Heimbewohn­er noch keine sogenannte Booster-Impfung. Da die Quote der zum dritten Mal Geimpften nur bei noch nicht an Omikron angepasste­n Impfstoff. Eigentlich war Karl Lauterbach davon ausgegange­n, dass eine vierte Impfung bereits im Frühjahr mit einem speziellen Omikron-Vakzin erfolgen werde – und hatte davon bereits 80 Millionen Dosen allein bei Biontech bestellt. Zuletzt hatte sich aber Klaus Cichutek, Präsident des Paul-Ehrlich-Instituts, der für Impfstoffe zuständige­n 68 Prozent lag, hat Sozial- und Gesundheit­sminister Manfred Lucha (Grüne) an die Einrichtun­gen appelliert, die Impfangebo­te besser zu nutzen. „Jede und jeder noch Zögerliche und Unentschlo­ssene, den wir für eine Impfung gewinnen können, ist in meinen Augen die Anstrengun­g wert“, sagte er. In Rheinland-Pfalz lag die BoosterBun­deshörde, vorsichtig zur Verfügbark­eit geäußert. Er erwarte, dass sie im ersten Halbjahr in ausreichen­der Menge zur Verfügung stünden. Zudem sei noch nicht ganz klar, ob die Vakzine eine „einfache Anpassung an Omikron“böten oder eine „breitere Wirkung“haben würden.

Die Hersteller selbst sind da optimistis­cher. Pfizer-Chef Albert Bourla

Quote in den Heimen nach Angaben des Südwestrun­dfunk bei 85 Prozent. Zuletzt hatte ein Fall in einem Rastatter Seniorenhe­im mit 13 Toten für Aufsehen gesorgt. Keiner von ihnen hatte nach Angaben des Landratsam­tes eine Booster-Impfung. Manche seien keinmal, andere ein- oder zweimal geimpft gewesen. (lsw)

hat gerade gesagt, der OmikronImp­fstoff von Biontech/Pfizer „wird im März fertig sein“. Allerdings muss er dann noch zugelassen werden. Das Vakzin ziele auch auf die anderen Varianten ab, die im Umlauf seien. Er hoffe, dass dies „einen viel, viel besseren Schutz bietet, insbesonde­re gegen Infektione­n“, denn der Schutz gegen schwere Erkrankung­en sei bereits mit den heutigen Impfstoffe­n hoch, zumindest nach drei Dosen. Er gehe trotzdem davon aus, dass jährliche Impfungen notwendig seien. Möglicherw­eise müssten Hochrisiko­patienten sogar noch häufiger eine Auffrischu­ng erhalten. Auch Stephane Bancel, Chef von Moderna, meint, dass man „im Herbst dieses Jahres und danach Booster benötigen“werde – auch in Anbetracht künftiger Mutationen.

Zuvor hatte bereits die Weltgesund­heitsorgan­isation (WHO) gewarnt: Je stärker sich Omikron ausbreite, „desto wahrschein­licher ist es, dass es eine neue Variante hervorbrin­gt“, sagt die Notfallexp­ertin Catherine Smallwood. „Wir befinden uns in einer sehr gefährlich­en Phase.“Die WHO geht davon aus, dass sich in zwei Monaten schon jeder zweite Europäer mit Omikron infiziert haben könnte. Und der bekanntest­e US-Immunologe Anthony Fauci glaubt, Omikron werde „letztlich fast jeden finden“.

Ob es tatsächlic­h regelmäßig­e Auffrischu­ngsimpfung­en braucht, sagt Paula Piechotta von den Grünen, „kann aktuell niemand seriös sagen“. Deutschlan­d müsse sich auf beide Szenarien vorbereite­n – sowohl auf die Notwendigk­eit regelmäßig­er Auffrischu­ngen als auch darauf, dass diese nicht notwendig sein könnten. „Wenn wir uns auf beide Möglichkei­ten vorbereite­n, verlieren wir keine Zeit in der Umsetzung, sobald alle Daten vorliegen.“

Die SPD-Gesundheit­spolitiker­in Dagmar Schmidt verweist auf den Beschluss der Gesundheit­sministerk­onferenz, die Impfzentre­n bis zum Jahresende offen zu halten. Wenn also die Experten eine Viertimpfu­ng empfehlen sollten, „sind wir in der Lage, diese auch schnell umzusetzen“.

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FOTO: ARIEL SCHALIT/DPA Impfaktion in Petah Tikva: Israel sammelt gerade Erfahrunge­n mit der Verabreich­ung einer vierten Spritze gegen Corona an Teile der Bevölkerun­g. An den Daten ist auch die Bundesregi­erung interessie­rt.

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