Pippo Pollina feiert das Leben
Mit seinen 58 Jahren hat Pippo Pollina schon viel erlebt. Kindheit und Jugend in Palermo, erste Anfänge als Sänger und Gitarrist mit Bands. Dann ein klassisches Gitarrenstudium, anschließend Jura, danach kritischer Journalismus. Das hat einigen Mitgliedern der „ehrenwerten Gesellschaft“nicht behagt, es wurde gefährlich. So zog Pippo gen Norden, verdiente sein Geld als Straßenmusiker – und wurde in Luzern vom Liedermacher Linard Bardill entdeckt, der ihn mit ins Studio nahm.
Aus dem Straßensänger wurde ein hoch geachteter Cantautore. Es folgte eine Zusammenarbeit mit Konstantin Wecker, und immer wieder mit Werner Schmidbauer sowie Martin Kälberer. Dazu Solotourneen, bei denen sich der bescheiden gebliebene Pippo ins Herz der Fans sang. Mit mediterranen Sounds und einem genauen Blick auf die Fehlbarkeit der Menschen. Andere Italiener besingen die Magie des Meeres, den azurblauen Himmel, die ganz große amore. Pippo Pollina findet seine Themen nebenan, auch im Kleinen. Ein feinsinniger Beobachter mit weitem Herzen.
So zieht Pippo jetzt, in CoronaZeiten, eine Art Bilanz. Über Träume, Hoffnungen, Enttäuschungen. Über Verluste, Veränderungen. Die Eltern verabschieden sich, die Töchter, beide ebenfalls Musikerinnen, sind ausgezogen. Die Haare werden grau. er fühlt sich nicht mehr ganz jung, aber auch noch nicht alt. „Ich bin mitten in der Suche und mir bewusst, dass ich neue Dinge, neue Herausforderungen entdecken muss“, sagt der in Zürich lebende Sizilianer. Einen Roman hat er geschrieben und dieses Soloalbum eingespielt, produziert von Martin Kälberer.
Ein vielschichtiger Rück- und Vorausblick: Da hört man Streicher, Bläser, Mundharmonika und Akkordeon, akustische Gitarre, E-Gitarre und – besonders schön – einen opernhaften Männerchor. Titel lauten etwa „Una musica anche domani“, „Guarda scende la neve“oder „Tutto chiuso“. Pippo erzählt, reflektiert, manchmal leise, manchmal mit rauem Timbre. Musik in in solcher Form ist ein Geschenk. (bgw)
Pippo Pollina: Canzione segrete. Jazzhaus Records Freiburg, Vertrieb inakustik.
Pippo Pollina ist, so Corona es nicht verhindert, unter anderem am 19. Januar in der Inselhalle Lindau zu hören, am 7. Februar im Theaterhaus Stuttgart sowie am 25. Februar in der Stadthalle Biberach.