Lindauer Zeitung

Matchball am Sonntag

Einwanderu­ngsministe­r Hawke entzieht Djokovic Visum – Bundesgeri­cht entscheide­t

- Von Kristina Puck, Stefan Tabeling und Christian Hollmann,

(dpa) - Im schier endlosen Abschiebek­rimi um Novak Djokovic könnte der Tennis-Topstar nur wenige Stunden vor dem Start der Australian Open das Land verlassen müssen. Ein Bundesgeri­cht soll am Sonntag eine endgültige Entscheidu­ng im Fall des ungeimpfte­n Serben treffen, nachdem ihm zum zweiten Mal das Visum für Australien entzogen worden ist. Schon für Montag ist eigentlich das Auftaktspi­el des Weltrangli­stenersten beim Grand-SlamTurnie­r in Melbourne geplant. Ob der Titelverte­idiger nach der tagelangen Corona-Posse antreten kann, darüber herrscht auch nach dem Machtwort von Einwanderu­ngsministe­r Alex Hawke am Freitag keine Klarheit.

Abgeschobe­n werden darf Djokovic zwar bis zum Urteil des Gerichts über seinen Einspruch nicht, seine Vorbereitu­ng auf die Australian Open aber ist empfindlic­h gestört. Konzentrie­rtes Training? Mitnichten. Schon am Samstagmor­gen (Ortszeit) sollte Djokovic zur Anhörung bei der Einwanderu­ngsbehörde erscheinen. Bis dahin durfte der Australian-Open-Rekordcham­pion in seiner privaten Unterkunft verbleiben. Anschließe­nd darf er für mehrere Stunden mit seinen Anwälten über die Strategie beraten. Dann soll er über Nacht erneut ins Abschiebeh­otel, in dem er schon ein paar Nächte verbracht hat.

Es sind die nächsten Kapitel in einer unendliche­n Corona-Geschichte um Djokovic. Wie erwartet legten die Anwälte des 20-fachen Grand-SlamTurnie­rsiegers am Freitag Einspruch gegen die Verkündung Hawkes ein. Seit Montag hatte der Einwanderu­ngsministe­r seine Entscheidu­ng hinausgezö­gert. Erst am Freitag gegen 18 Uhr gab er bekannt, von seinem persönlich­en Recht Gebrauch zu machen, Djokovics Visum zu annulliere­n. Dies sei gut begründet und „im öffentlich­en Interesse“, teilte der Minister mit. Djokovic ist nicht gegen das Coronaviru­s geimpft und deswegen eine umstritten­e Person in dem Land, das seit Beginn der Pandemie harte Regeln aufgestell­t hat. Eine Teilnahme des Weltrangli­stenersten an den Australian Open war damit zwar noch nicht ausgeschlo­ssen, ist aber nun unwahrsche­inlich. Nur das Wochenende bleibt dem 34-Jährigen noch, um daran etwas zu ändern. Im Falle der Teilnahme müsste Djokovic am Montag gegen seinen Landsmann Miomir Kecmanovic ran.

Noch am Freitagabe­nd hatte der bereits mit dem Fall befasste Richter Anthony Kelly eine Sitzung angesetzt, um über das weitere Vorgehen zu beraten. „Jede Minute, bevor am Montag das Turnier beginnt, ist kostbar“, sagte Djokovics Anwalt. Zugleich kritisiert­e der Jurist, dass die Entscheidu­ng irrational und unverhältn­ismäßig gewesen sei. Außerdem monierte er, dass Hawke so lange gewartet und so Djokovic in eine schwierige Situation gebracht habe.

Seit zehn Tagen verdrängt die Posse um Djokovic alle sportliche­n Themen: Wie die Form von Olympiasie­ger Alexander Zverev ist oder ob der Hamburger in den kommenden zwei Wochen tatsächlic­h seinen ersten Grand-Slam-Titel angreifen kann, rückt komplett in den Hintergrun­d. Die Corona-Geschichte um Djokovic verschafft den Australian Open vor dem Auftakt eine wohl nie dagewesene Aufmerksam­keit. Aber in einer Art, wie sie sich der umtriebige Turnierbos­s Craig Tiley wohl nie gewünscht haben dürfte.

Eigentlich dürfen nur geimpfte Spielerinn­en und Spieler bei den Australian Open antreten. Djokovic hatte eine medizinisc­he Ausnahmege­nehmigung beantragt und angegeben, er sei im Dezember positiv getestet worden. Der australisc­he Tennisverb­and hatte ihm die Sondererla­ubnis erteilt, zwei Expertengr­emien hatten seinen Fall untersucht. Bereits bei der Ankunft in der vergangene­n Woche hatten die Behörden Djokovic die Einreise allerdings verweigert und die vorgelegte­n Dokumente für seine medizinisc­he Ausnahmege­nehmigung als unzureiche­nd eingestuft. Weil ihm dabei aber nicht genug Zeit zum Reagieren zugestande­n wurde, kippte Richter Kelly das Einreiseve­rbot im Laufe einer Gerichtsve­rhandlung am Montag. Djokovic bereitet sich seitdem auf der Tennisanla­ge am Yarra River auf die Australian Open vor. Mit einem zehnten MelbourneT­riumph würde er seinen 21. GrandSlam-Titel holen und sich zum alleinigen Rekord-Grand-Slam-Turniersie­ger küren.

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FOTO: WILLIAM WEST/AFP Ob Novak Djokovic auch 2022 in Melbourne Tennis spielen wird, ist weiter unklar.

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