Lindauer Zeitung

Die verhängnis­volle Lust auf Süßes

Bei Groß und Klein ist der Zuckerkons­um häufig zu hoch – Eine Expertin gibt Tipps, wie man mit weniger auskommt

- Von Tom Nebe

Jeder weiß, dass Zucker nur in Maßen gegessen werden sollte. Doch im Alltag vergessen wir das allzu oft. Ein Grund dafür ist, dass sich unsere Geschmacks­nerven häufig an das Süße gewöhnt haben und hartnäckig nach dem verführeri­schen Geschmack verlangen. Das führt dazu, dass wir noch mehr davon essen. Warum das so ist und wie wir gegensteue­rn können, erklärt die Ernährungs­expertin Carola Clausnitze­r von der Verbrauche­rzentrale Brandenbur­g.

Gewöhnen sich unsere Geschmacks­nerven an Süßes und wenn ja, was bedeutet das für unser Essverhalt­en?

Ja, leider gibt es diesen Gewöhnungs­effekt. Wir Deutschen haben einen sehr hohen Zuckerkons­um, im Schnitt 100 Gramm pro Tag. Nur für den Vergleich: Die Weltgesund­heitsorgan­isation WHO sieht 25 Gramm pro Tag als Obergrenze. Die Reizschwel­le für Süßes erhöht sich, je mehr Süßes wir essen – wodurch wir immer mehr Zucker zu uns nehmen. Ein Beispiel ist fertiger Fruchtjogh­urt: Der ist oft so süß, dass uns normaler Naturjoghu­rt mit echten Früchten gar nicht mehr schmeckt, weil uns der industriel­l gefertigte Joghurt so sehr geprägt hat. Zucker liefert keine Vitamine und keine Ballaststo­ffe. Er ist ein leerer Kalorientr­äger. Wenn wir dauerhaft zu viel davon zu uns nehmen, steigt etwa das Risiko für Übergewich­t oder Diabetes

Typ 2. Zudem ist übermäßige­r Konsum schädlich für die Zähne.

Sorgt nur Zucker für diesen Gewöhnungs­effekt – oder auch Süßstoffe?

Süßungsmit­tel wie Xylit oder Erythrit fördern ebenfalls die Vorliebe für süßes Essen. Deshalb sind wir auch ihnen gegenüber kritisch. Wobei sie gegenüber Zucker Vorteile haben: Sie liefern weniger Kalorien und machen die Zähne nicht kaputt. Dafür reagieren viele Menschen empfindlic­h auf sie und bekommen zum Beispiel Blähungen.

Wie trainiert man sich die Lust auf Süßes ab?

Man muss eine große Willensstä­rke haben. Es ist jedoch nicht empfehlens­wert, von heute auf morgen komplett auf Zucker zu verzichten. Lieber langsam starten. So kann man sich zum Beispiel gesüßte Getränke mit etwas Wasser verdünnen und den Wasserante­il nach und nach erhöhen. Fertiggeri­chte enthalten oft vergleichs­weise viel Zucker oder Süßstoffe – deshalb ist ratsam, so oft es geht selbst zu kochen. Oder einfach mal austesten: Wie süß schmecken mir bestimmte Sachen? Vielleicht komme ich hier auch mit weniger Zucker aus.

Es lohnt sich, Lebensmitt­el untereinan­der zu vergleiche­n: Apfelmus und Apfelmark zum Beispiel. Apfelmus ist Apfel mit Zucker gemischt. Apfelmark ist purer Apfel und enthält nur den Fruchtzuck­er des Apfels.

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FOTO: CHRISTIN KLOSE/DPA So schön süß: Sind unsere Geschmacks­nerven daran gewöhnt, wollen sie immer mehr davon.

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