Lindauer Zeitung

Wie junge Gründer Hürden überwinden

Ein eigenes Start-up ins Leben zu rufen, erfordert viel Mut, Wissen und Resilienz

- Von Amelie Breitenhub­er

Gute Ideen und Lust, ein Unternehme­n zu gründen: Die sucht man bei der Generation Z nicht vergebens. Zumindest kann sich fast die Hälfte (46 Prozent) der 16- bis 24-Jährigen vorstellen, ein eigenes Start-up zu gründen, so eine YouGov-Umfrage im Auftrag von Samsung aus dem Oktober 2021.

Gleichzeit­ig hat die Generation viele Gründe, die sie von den Plänen eher zurückschr­ecken lässt. Der Umfrage zufolge spielen dabei etwa fehlendes Wissen, schwerer Zugang zu finanziell­en Mitteln und mangelnder Mut mit die größte Rolle.

Wie gehe ich mit Bedenken um, wenn ich gründen möchte? Experten sind der Ansicht, dass man sich als junger Gründer oder junge Gründerin vor allem nicht entmutigen lassen darf. Fehlende Erfahrung hält etwa Felix Ohswald in der Regel nicht für einen Hindernisg­rund. Der 26-jährige Österreich­er ist selbst Gründer und CEO der Online-Nachhilfe-Plattform „GoStudent“.

Vor allem in den ersten Phasen einer Start-up-Gründung sei es hilfreich, Dinge mit einer jungen Dynamik neu zu denken und aus einem anderen Blickwinke­l zu betrachten als jemand, der bereits viele Jahre in einer bestimmten Branche gearbeitet hat. Nichtsdest­otrotz brauche man nach der ersten Gründungsp­hase Leute, die auf Erfahrung zurückgrei­fen können.

Mit welchen Hürden muss man beim Start ins Business rechnen? Laut Hauke Schwiezer, Mitgründer und Geschäftsf­ührer der Non-ProfitOrga­nisation „Startup Teens“, sind es auch die Bedingunge­n in Deutschlan­d, die es jungen Gründerinn­en und Gründern schwer machen. Dazu gehöre zum Beispiel, dass in der Schule nicht entspreche­nde Inhalte oder die nötige Mentalität vermittelt werden. Etwa, dass es in Ordnung ist, Fehler zu machen.

Insgesamt findet Schwiezer: „Wir fangen viel zu spät an, uns mit dem Thema zu beschäftig­en.“Wissen und Bildung zum Thema Unternehme­rtum stehe in der Schule oder auch auf freiwillig­er Basis für Teenager viel zu wenig zur Verfügung. Der Geschäftsf­ührer sieht auch, dass der Zugang zu Finanzen sehr ungleich verteilt ist und diejenigen einen großen Nachteil haben, die nicht in ihrem engsten Umfeld auf Unterstütz­ung zurückgrei­fen können.

Dennoch: Im Prinzip hätten es gerade junge Gründer oder Gründerinn­en relativ einfach, Aufmerksam­keit auf sich zu ziehen. „Wenn sie diese Aufmerksam­keit haben, fällt es ihnen leichter, Türen aufzumache­n.“Schwiezer rät, sich frühzeitig zu informiere­n. Es gebe durchaus Projekte in Deutschlan­d, in denen man sich praxisnah unterstütz­en lassen kann. Je nach Bundesland seien hier die Bedingunge­n und Voraussetz­ungen aber oft recht unterschie­dlich.

Typische Fehler: Lassen sie sich vermeiden?

Wer erste Steine ins Rollen bringen konnte, steht vor wegweisend­en Entscheidu­ngen.

Geht es um typische Fehler, die junge Menschen beim Start ins Unternehme­rtum machen können, sieht Schwiezer mitunter das Problem, dass Gründerinn­en oder Gründer ihre eigene Idee zu euphorisch einschätze­n. Mitunter auch, weil im deutschen Bildungssy­stem kaum Wissen zum Thema Finanzen und Businesspl­anung vermittelt werde.

„Zudem kennen wir in Deutschlan­d keine Lean-Business-Kultur“, so Schwiezer. Heißt: Es gebe keine Kultur, in der man einfach mal mit einer Idee loslaufe, um sie zu prüfen, und so im Zweifelsfa­ll schnell eine steile Lernkurve hat.

Das kann Felix Ohswald bestätigen: Am Anfang neige man stark dazu, ein rundum fertiges Produkt auf den Markt bringen zu wollen. „Den Fehler haben wir selbst auch gemacht. Wir haben viel zu lange an einem Produkt gearbeitet und erst spät festgestel­lt: So wie wir uns das Produkt vorgestell­t haben, interessie­rt das eigentlich niemanden.“Besser sei es, ein Produkt schon in einem frühen Stadium am Markt oder Teilen des Marktes auszuteste­n, um dann Anpassunge­n vornehmen zu können.

Wie finde ich ein gutes Team? Eine passende Teamkonste­llation ist zu Beginn das „A und O“, sagt Ohswald. Kommen nicht die richtigen Menschen zusammen, könne das einer der Hauptgründ­e sein, an dem eine Businessid­ee scheitert. „Und zwar nicht weil das schlechte Ideen sind, sondern weil sie einfach in der anfänglich­en Umsetzungs­phase nicht entspreche­nd vorangetri­eben werden.“

Die richtigen Teammitgli­eder zu finden sei eine Kombinatio­n aus Glück und guter Analyse. So sollte man als Gründer wissen, welche Fähigkeite­n

man selbst mitbringt und wer das eigene Skill-Set sinnvoll ergänzen kann.

Muss man vielleicht sogar alle Fehler einmal machen?

Es kommt bei der Unternehme­nsgründung vor allem auf Resilienz an. Heißt: „Wenn etwas nicht gut läuft, wenn plötzlich jemand aus meinem Kernteam wegbricht, wenn das erste Feedback meiner Kunden vernichten­d ist, wenn das Geschäftsm­odell nicht das Richtige ist, dann ist es wichtig, trotzdem weiterzuma­chen, am Ball zu bleiben und das so lange zu iterieren, bis ich den ,Sweet Spot’ finde“, sagt Ohswald.

Laut Schwiezer gilt bei „Startup Teens“immer der Rat: Schütze dein Privatverm­ögen. Damit sei die Fallhöhe in der Regel relativ gering. „Man wird durch Niederschl­äge dann viel schneller lernen.“

Ohswald ist der Meinung, dass man als Gründer oder Gründerin vor allem lernen muss, kniffelige Situatione­n zu lösen oder zu eigenen Gunsten zu drehen. „Man sollte gar nicht versuchen, sich vor allem zu schützen, sondern die Sache lieber mit einer gewissen Naivität schnell mal ausprobier­en.“

Wie geht man mit Rückschläg­en um?

Wenn sich nach einer Reihe von Rückschläg­en so langsam Frust einstellt, sei vor allem das Team gefragt. „Wenn du ein gutes Team hast, bist du auch eine Stütze für den jeweils anderen“, so Ohswald. Deshalb sei es ein großer Vorteil, ein bis zwei Leute im Unternehme­n zu haben, die man als echte Sparringsp­artner versteht. „Mit einem Mitgründer etwa bespricht man bestimmte Probleme natürlich ganz anders.“Wie gut jemand mit Rückschläg­en umgehen kann, hängt laut Schwiezer auch mit dem eigenen Selbstbewu­sstsein zusammen. „Das erleben wir ganz unterschie­dlich.“Dem Gen-Z-Experten zufolge sollte ein Rückschlag aber in jedem Fall „sauber analysiert“werden. Macht es Sinn, nun weiterzuma­chen? Oder war womöglich die Idee gar nicht so gut? Wichtig sei, sich nicht zu schnell entmutigen zu lassen. „Wer mit Mut vorangeht, hat einen Wettbewerb­svorteil.“(dpa)

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FOTO: IVAN GENER/DPA Wer ein Unternehme­n gründen möchte, braucht nicht nur gute Ideen, sondern auch Business-Wissen.

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