Alle Optionen auf den Tisch
Der Ukraine droht ein russischer Angriff, da sind sich fast alle einig. Dennoch dreht sich die Debatte über mögliche Abwehrmaßnahmen hierzulande mal wieder vor allem darum, was alles nicht geht, um Russland von seinem gefährlichen Tun abzuhalten. In wechselnder Besetzung wird mal das Pipelineprojekt Nord Stream 2 für sakrosankt erklärt, weil es – klar doch – eine rein privatwirtschaftliche Angelegenheit sei und mit Geound Energiepolitik rein gar nichts zu tun habe. Oder es wird auf der anderen Seite des politischen Spektrums davor gewarnt, Russland aus dem Bankensystem Swift zu werfen, weil – ebenfalls klar – wir damit auch unserer eigenen Wirtschaft schaden.
Besonders ungern wird über Waffenlieferungen nachgedacht, um die die Ukraine seit Jahren bittet. Sicher, der deutsche Grundsatz, kein Kriegsgerät in Konfliktgebiete zu schicken, ist grundsätzlich richtig. Unantastbar ist er aber nicht, wie die Lieferung von Gewehren und Raketen an die kurdischen Peschmerga zeigte, um diese für den Kampf gegen den IS-Terror zu rüsten. Und auch das Argument, deutsche Waffen dürften sich aufgrund der historischen Schuld nie wieder gegen Russland richten, hält nur bedingt stand. Denn auch gegenüber den nun von Russland bedrohten Ländern wie eben der Ukraine steht Deutschland in historischer Schuld.
Eines ist dabei auch klar: Ein Rückzug auf die Lieferung sogenannter Defensivwaffen wird Deutschland nicht aus dem Dilemma befreien. Warnwesten allein helfen der Ukraine im Ernstfall nicht weiter und Panzerabwehrraketen sind eben auch Raketen. Wenn es der Bundesregierung ernst ist mit dem Schutz der Ukraine, dann kann keine Option vorzeitig vom Tisch genommen werden. Dabei sollte durchaus eine Eskalationsreihenfolge eingehalten werden: Wer vor dem Verzicht auf einen zusätzlichen Gashahn zurückschreckt oder sich Sorgen um die Abwicklung deutscher Geschäfte macht, der sollte vielleicht nicht am lautesten nach Rüstungshilfe rufen. Wirklich gute Alternativen gibt es im Ukraine-Konflikt jedoch nicht mehr.